Ukraine-Krieg / „Konzentrieren unsere Aktivitäten auf Europa“: CFL Multimodal wehrt sich gegen Russland-Sünder-Prädikat
Accumalux, Astron, Global Fashion Group, OCSiAl, Paul Wurth und CFL Multimodal – das sollen einer Auflistung der Yale School of Management zufolge die Luxemburger Unternehmen sein, die auch weiterhin Geschäfte in Russland betreiben. Die CFL wehrt sich gegen diese Darstellung, während sich die anderen Betriebe größtenteils in Schweigen hüllen.
Die „Yale Wall of Shame“ könnte man die Auflistung der 206 Unternehmen nennen, die die Yale School of Management auf ihrer Internetseite präsentiert. Mit dabei sind auch sechs Unternehmen aus Luxemburg, die in der Kategorie „Widerstand gegen Forderungen nach Ausstieg oder Reduzierung von Aktivitäten“ klassiert und mit der Note F belegt werden, darunter auch Luxemburgs nationale Eisenbahngesellschaft CFL mit ihrem Frachtunternehmen-Ableger CFL Multimodal. „Wir bedauern diese Behauptungen zutiefst, die ohne jegliche Überprüfung der Fakten ihrerseits aufgestellt wurden“, reagiert Barbara Chevalier, Direktorin für Strategie und Unternehmensentwicklung bei CFL Multimodal. „CFL Multimodal hat in dem Zusammenhang einen Anwalt eingeschaltet, um gegenüber der Yale School of Management unsere Präsenz auf dieser Liste formell zu bestreiten.“
Update 15.04.2022: Die Liste der Luxemburger Unternehmen, die noch in Russland Geschäfte treiben, wurde vom Donnerstag 14. April auf Freitag den 15. April aktualisiert. Sowohl Astron als auch CFL Multimodal wurden komplett aus dem Register gestrichen. Sie stehen auch nicht mehr in der Kategorie der Unternehmen, die ihre Geschäfte in Russland abgebrochen haben. Accumalux wird unterdessen in der Kategorie „Zurückhaltung bei Neuinvestitionen“ aufgeführt.
Leiter des Projekts ist den Angaben auf dem Internetauftritt zufolge Jeffrey Sonnenfeld, ein US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, der zusammen mit Studenten des von ihm gegründeten „Chief Executive Leadership Institute“ die Liste kuriert. Eine Anfrage, welche Kriterien zum Erstellen der Liste herangezogen wurden, blieb ebenso unbeantwortet, wie die Frage, wie das Yale-Team auf die Anwaltspost von CFL Multimodal zu reagieren gedenkt.
Doch mit welchem Projekt soll die CFL in Russland aktiv gewesen sein? Bei dem von der Yale School of Management aufgeführten Projekt handelt es sich um die Zugverbindung von China bis ins Multimodal-Zentrum in Bettemburg. Das Prestigeprojekt der chinesischen Regierung soll als Alternative für den Güterverkehr zwischen China und Europa dienen – und wäre schneller als der Schiffsverkehr und kostengünstiger als der Flugverkehr. Von Chengdu in China aus führt die Zugverbindung über Kasachstan, Russland, Belarus, Polen und Deutschland bis nach Bettemburg, das als neuer Umschlagplatz der neuen eisernen Seidenstraße fungieren soll.
CFL stellt Aktivitäten ein
Verkehrsminister François Bausch war zum Start eines Testzuges von Chengdu nach Luxemburg ins Reich der Mitte geflogen. Damals verkehrten bereits über 8.000 Züge zwischen China und Europa, erste Testfahrten sollten die 10.000 Kilometer lange zusammenhängende Bahnstrecke auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüfen. Das Mammutprojekt wurde aufgrund der Ukraine-Krise nun aber vorerst gestoppt. „CFL Multimodal und seine Tochterunternehmen operieren nicht in Russland und haben alle Vorkehrungen getroffen, um das Geschäft an die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland und Belarus anzupassen“, sagt Barbara Chevalier auf Tageblatt-Anfrage. „Unsere Aktivitäten konzentrieren sich heute auf den europäischen Markt und den Ausbau des intermodalen Netzwerkes nach Nord- und Osteuropa.“ Alle weiteren Entscheidungen werde man zu einem späteren Zeitpunkt und unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen treffen.
Tatsächlich sind auf der genannten Strecke bisher nur zwei Züge zu Testzwecken verkehrt. Diese Testzüge waren 2019 noch vor Beginn der Corona-Pandemie unterwegs – seitdem herrscht Stillstand auf der Strecke. Aussichten auf eine Wiederaufnahme kommentiert die Direktorin Chevalier wie folgt: „Aufgrund der internationalen Lage hat CFL Multimodal das Projekt eines Bahnangebots zwischen Luxemburg und China über Deutschland oder Polen ausgesetzt.“ Da ein beachtlicher Teil der Bahnstrecke durch Russland führe, seien mehrere russische Eisenbahnakteure und Unternehmen an dem Projekt beteiligt gewesen.
Von den anderen Unternehmen, die das Tageblatt am Mittwoch kontaktierte, äußerte sich lediglich OCSiAl, ein Nanotechnologieunternehmen mit Sitz in Luxemburg. „Es stimmt, dass das Herz der Produktionsaktivitäten von OCSiAl in Russland liegt“, heißt es in einer Antwort des Industrieunternehmens. Anfang 2022 hätten die Luxemburger Behörden jedoch grünes Licht für das Projekt einer Anlage in Differdingen gegeben. „Diese Anlage soll unser wichtigstes Produktions-, Forschungs- und Entwicklungszentrum werden.“ Ob oder inwiefern die Eröffnung einer neuen Produktionsstätte die Aktivitäten in Russland beeinflussen würde und ob diese zeitnah eingestellt werden sollen, dazu schweigt das Unternehmen. Insgesamt listet die Yale School of Management 206* Unternehmen auf, die ihre geschäftlichen Aktivitäten in Russland nicht beenden wollen.
Neben den Unternehmen, die Russland (noch) nicht verlassen haben, werden jedoch auch die aufgeführt, die bereits all ihre Zelte in Moskau abgebrochen haben. Ihnen wird das Prädikat „Sauberer Bruch“ mit Russland und die Note A verliehen. Darunter befinden sich neben dem Luxemburger Stahlriesen ArcelorMittal und dem Luftfrachtunternehmen Cargolux auch die Wirtschaftskanzlei Arendt & Medernach sowie das Seebaggerunternehmen Jan de Nul und der Industriebetrieb Ceratizit. Als einziges mit der Note B befindet sich Samsonite International auf der Liste, das sich den Angaben der Management-Hochschule zufolge Optionen auf eine eventuelle Rückkehr noch offen lässt.
Neue Seidenstraße
Unter der Bezeichnung Neue Seidenstraße werden seit 2013 Projekte zum Auf- und Ausbau interkontinentaler Handels- und Infrastruktur-Netze zwischen der Volksrepublik China und über 60 weiteren Ländern Afrikas, Asiens und Europas zusammengefasst. Der Name ist in Anlehnung an die historische Seidenstraße gewählt. Die offizielle chinesische Bezeichnung für die Projekte lautet „Ein Gürtel, eine Straße“.
Es gilt als Prestigeprojekt des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping und steht sinnbildlich für den wachsenden wirtschaftlichen Einfluss Chinas.
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Läuft denn nun in der Gesellschaft alles auf’s denunzieren hinaus? Wie im Kindergarten…. „ich weiß was, der hat…. Du aber auch…immer 3 mal mehr als du“! Fuerchtbar das alles!