/ Kopf des Tages: Joëlle Elvinger kandidiert für den Europäischen Rechnungshof
Ist Walferdingen ein politisches Sprungbrett? Vor allem für Frauen? Fast könnte man es meinen, angesichts des Werdegangs der Bürgermeisterinnen der hauptstädtischen Randgemeinde. Erna Hennicot-Schoepges wurde 1989 die erste Frau im Amt des Parlamentspräsidenten, kurz nachdem sie zur Bürgermeisterin gewählt worden war.
Eine ihrer Nachfolgerinnen, Joëlle Elvinger, die von Januar 2016 bis Oktober 2018 auf dem gleichen Sessel saß, schreibt voraussichtlich ebenfalls frauenpolitische Geschichte.
Sie wurde von der Regierung für die Nachfolge von Henri Grethen beim Europäischen Rechnungshof bestimmt und wird, falls ihre Kandidatur vom Europaparlament angenommen wird, die erste luxemburgische Frau auf diesem Posten sein. Eine weitere Premiere ist die Tatsache, dass erneut ein DP-naher Amtsträger nominiert wurde. Bisher hatten die drei großen Parteien abwechselnd einen der ihren für dieses europäische Amt bestimmt.
Der Europäische Rechnungshof bedeutet allerdings das Ende von Elvingers politischer Karriere. Beim Wechsel muss sie alle politischen Ämter niederlegen. Dafür kann sie mit einer gewissen Langlebigkeit rechnen: Ihr Vorgänger, Henri Grethen, sitzt seit 2008 auf dem luxemburgischen Stuhl des Europäischen Rechnungshofes, genauso lange wie sein Vorgänger, François Colling.
Dabei war die politische Karriere der jungen Anwältin eigentlich ganz vielversprechend: Gleich nach ihrem Studium der Rechtswissenschaften in Aix-Marseille und an der Londoner Queen Mary University, zeitgleich mit ihrer Zulassung am hiesigen Gericht, wurde die 1980 geborene Joëlle Elvinger in den Walferdinger Gemeinderat gewählt. 2011 wurde sie Schöffin des gleichen Gemeinderats und 2016, nach dem Wechsel des damaligen Bürgermeisters Guy Arendt in die Regierung, übernahm sie die Verantwortung für ihre Heimatgemeinde und wurde damit schlagartig „député-maire“ und einer der jungen politischen Senkrechtstarter.
Als Bürgermeisterin hatte sie es allerdings nicht immer einfach. Besonders die Grünen setzten sie in Sachen Landesplanung und Mobilität stark unter Druck.
Im Oktober 2018 kam dann auch der Rückschlag. Elvinger wurde nicht wiedergewählt. Mehr Erfolg hatte sie ein Jahr später bei den Parlamentswahlen, als sie auf der Zentrumsliste nachrückte.
Mit Elvingers Rücktritt verliert die Abgeordnetenkammer ein engagiertes, fleißiges Mitglied: Sie ist Präsidentin der Kommission für Mittelstand und Tourismus, Vizepräsidentin der Kommission für Wirtschaft und Verbraucherschutz und Mitglied in den Kommissionen für Umwelt, Arbeit sowie Finanzen und Budget.
Besonders auf diesem letzten Gebiet hatte sich die auf Finanzfragen spezialisierte Anwältin bislang stark engagiert. Sie war 2016 Berichterstatterin zum Gesetz über die Steuerreform, einem der großen Projekte der blau-rot-grünen Koalition. Zwei Jahre später war sie – zehn Jahre nach Lydia Mutsch – eine der wenigen Frauen, denen das anspruchsvolle Amt der Budget- Berichterstatterin anvertraut wurde.
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