Editorial / Kotau vor Trump: Meta-Chef Zuckerberg entfesselt seine sozialen Medien
Ehemalige Minister und ranghöchste Vertreter der US-Sicherheitsbehörden der ersten Trump-Regierung hatten noch im Vorfeld der US-Wahlen gewarnt: Dieser Mann darf nie wieder Präsident der Vereinigten Staaten werden. Nun, sie fanden kein Gehör bei ihren Landsleuten. Wie es jetzt weitergeht, davon bekam die Welt in den vergangenen Tagen einen mehr als hinreichenden Vorgeschmack. Dem Irrwitz scheinen demnächst in Washington keine Grenzen mehr gesetzt zu werden. Zumal sich Donald Trump für die nächsten vier Jahre mit einer ganzen Palette an nicht immer kenntnisreichen, dafür aber umso devoteren Regierungsmitgliedern umgeben hat. Und der künftige US-Präsident hat sich mit Elon Musk einen Gespielen an seine Seite geholt, dessen Störpotenzial ebenfalls globale Dimensionen hat.
Gemeinsam mit dem Multi-Unternehmer scheint sich rund ums Weiße Haus ein oligarchisches System zu etablieren, von dem so manche, vor allem aus dem digitalen Tech-Bereich, nicht ausgeschlossen sein wollen. Bereits vor den US-Wahlen verhinderte Amazon-Chef und Raumfahrtunternehmer Jeff Bezos, dass seine Zeitung Washington Post eine Wahlempfehlung abgab – die vermutlich nicht zugunsten von Trump ausgefallen wäre. Das wäre schlecht fürs Geschäft gewesen. Jüngst noch durfte eine Karikatur der Pulitzerpreisträgerin Ann Telnaes nicht in der Washington Post erscheinen. Auf dem Bild sind neben Bezos OpenAI-Chef Sam Altman, der Unternehmer Patrick Soon-Shiong (u.a. Besitzer der Los Angeles Times) und Meta-Chef Mark Zuckerberg zu sehen, wie sie kniend und mit Geldsäcken in den Händen einem überdimensionalen Donald Trump huldigen. Offenbar war das der Wahrheit dann doch zu viel.
Doch siehe da: Am Dienstag hat sich Mark Zuckerberg endgültig dem maßgebenden disruptiven Vorgehen der künftigen US-Führung angeschlossen und die Einstellung des Faktencheck-Programms auf den Meta-Plattformen – u.a. Facebook, Instagram, WhatsApp – in den USA angekündigt. Zuckerberg bringt sich damit auf Trump-Linie. Der Kotau vor dem künftigen US-Präsidenten scheint geglückt, wurde dieser doch von Elon Musk mit einem „Das ist cool“ auf X quittiert. Der Meta-Chef, dem Trump zuvor nicht sonderlich gut gesinnt war, bleibt somit im Geschäft.
In der EU bleiben die Faktenprüfer vorerst bestehen. Hier sorgt seit einiger Zeit das Gesetz über digitale Dienste dafür, dass die Anbieter sozialer Medien Lügen und Falschinformationen, Hass und Hetze von ihren Plattformen entfernen müssen. Daran stören sich vor allem jene, die sich dieser Mittel bedienen, wie Rechtsextremisten und -populisten. Sie sehen sich zensiert und in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt, wenn sie sich an Fakten halten und einen zivilisierten Umgang im öffentlichen Diskurs einhalten müssen, was offensichtlich nicht ihrem Wesen entspricht.
Davon befreit Zuckerberg nun zumindest die Nutzer seiner Dienste in den USA. Womit ihm Trumps Gunst sicher sein dürfte. Denn der setzt auf die demokratiezersetzende Wirkung entfesselter sozialer Medien. Die Konsequenzen dieser Entwicklung, die sich unter – ebenfalls ungeregelter – Anwendung künstlicher Intelligenz noch deutlich verschärfen dürften, werden bei weitem nicht mehr nur Minderheiten und Randgruppen zu spüren bekommen, die beliebtesten Ziele von Hass und Hetze im Netz.
Was sich da in Washington zusammenbraut, wird zu noch weiteren und tieferen Spaltungen in der US-Bevölkerung und zu einer wahren Herausforderung für den Zusammenhalt im Land führen.
- 25. Treffen der Ramstein-Gruppe – doch die Ukraine bleibt militärisch unterversorgt - 10. Januar 2025.
- Kotau vor Trump: Meta-Chef Zuckerberg entfesselt seine sozialen Medien - 9. Januar 2025.
- Nach dem Geschacher um neue EU-Kommissare herrscht Unzufriedenheit - 21. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos