Handwerkskammer zum Haushalt / Kritik an ungenügenden Wohnrauminitiativen
Dass jetzt Schulden gemacht werden, dass die Investitionen hoch bleiben und eine antizyklische Finanzpolitik von der Regierung betrieben wird, findet die „Chambre des métiers“ angesichts der Corona-Krise und ihrer Auswirkungen durchaus richtig. Mittel- und langfristige Perspektiven fehlen der Kammer allerdings im Haushaltsentwurf 2021.
Der Generaldirektor der Handwerkskammer, Tom Wirion, hob am Mittwoch hervor, dass das Virus die Staatsfinanzen fest im Griff habe, auch wenn Luxemburg diesbezüglich weniger hart als andere Länder getroffen sei. Die hohen Defizite 2020 und 2021 würden dies unterstreichen, so Wirion, der allerdings davor warnt, die Bekämpfung der Krise dürfe die Sicht auf andere strukturelle Defizite des Landes nicht verstellen.
Der Haushalt setze zwar eine Reihe richtiger Akzente, etwa die Mobilitätsfrage betreffend, andere Problembereiche wie der Wohnungsbau würden aber nur unzureichend bekämpft. Ohnehin könne der Staat die Bewältigung der Wohnungsnot nicht alleine schaffen, nur gemeinsam mit der Privatwirtschaft könne dies gelingen.
Klimapolitisch gab es dann wieder Lob für die Regierung; viele Maßnahmen seien hier vorgesehen, um die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Allerdings fehle nach Jahren der Diskussion hierüber immer noch ein klar definiertes Wirtschaftsmodell der Zukunft. Überhaupt fehle es haushaltstechnisch wie auch politisch an langfristigen Perspektiven. So könne das geplatzte Projekt der Joghurt-Fabrik Fage als Gelegenheit genutzt werden, um die Wirtschaftspolitik genauer zu definieren und besser zu strukturieren.
Zu einer nachhaltigen Wachstumspolitik gehöre unter anderem eine Steigerung der Produktivität, bessere Aus- und Weiterbildung sowie eine Reduzierung des Landverbrauchs durch dichtere Nutzung des Geländes.
Defizit fünfmal höher als bei Bankenkrise
Den Teufel, der meist im Detail liegt, beschrieben die beiden Mitarbeiter Wirions, Norry Dondelinger und Gilles Reding, die an die negativen Auswirkungen der sanitären Krise auf den Haushalt erinnerten. Fünf Milliarden Defizit bei der Zentralverwaltung im laufenden Jahr und weitere zweieinhalb Milliarden im Jahr 2021 seien weitaus mehr Geld, als die Finanzkrise (2008) den Haushalt kostete; das Defizit sei fünfmal höher. Die öffentlichen Investitionen – und dieser Ansatz sei richtig – liegen für die Periode 2020 bis 2024 über jenen des Mittelwertes von 2005 bis 2019, auch wenn die Jahre 2020 und 2022 durch den Kauf eines Militärflugzeuges und eines Militärsatelliten verfälscht seien. Die steigende Staatsschuld nimmt die Handwerkskammer denn auch in Kauf und begrüßt die Tatsache, dass die Steuern nicht allgemein steigen werden. Mittelfristig müsse allerdings über eine Konsolidierung des Haushalts nachgedacht werden. Als Mittel der Wahl schlägt die Kammer hier, wie bereits in den Jahren zuvor, Zurückhaltung bei den Funktionskosten des Staates vor.
Dass der beschleunigte sogenannte „Taux d’amortissement accéléré“ auf Mietwohnungen geeignet sei, die Wohnungsnot zu entschärfen, bezweifelt die Kammer, da Investoren sich vornehmlich durch günstige Kreditmöglichkeiten und zu erwartende Mehrwertsteigerungen zum Bau von Wohnungen bewegen ließen als durch solche Abschreibemöglichkeiten.
Energetische Renovierung: Steuernachlass für Eigentümer
Dass energetische Renovierungsarbeiten in Mietwohnungen nun stärker staatlich unterstützt werden, begrüßt die „Chambre des métiers“, verlangt, dass diese Maßnahme aber auch für Wohnungseigentümer gelten solle. Mehrwertsteuernachlass auf Renovierungen, Abschreibemöglichkeiten für Mietnachlässe begrüßt die Kammer ebenfalls, will aber, dass diese weiter greifen.
Die Post-Corona-Zeit betreffend begrüßt die Handwerkskammer die Verlängerung des „Chômage partiel“ und die neuen Hilfen für Betriebe, die auf den Einzelhandel ausgeweitet wurden.
Wie bereits erwähnt finden auch die Investitionen in nachhaltige Mobilität die Zustimmung der Kammer, die aber eine schnelle Reaktion gegen den Mangel an freiem Gelände in den regionalen Industriezonen und auch weiterhin ein Netz an Bauschuttdeponien verlangt. Es gehe nicht an, sei teuer und unökologisch, dass ungefährlicher Erdaushub quer durch das Land gefahren werden müsse.
Ein ganzes Kapitel, mit teils recht technischen Vorschlägen, widmet die Kammer in ihrem Gutachten zum Haushalt der Bekämpfung der Wohnungsnot. Unter anderem werden die zu langen Genehmigungsprozeduren kritisiert.
Die energetische Transition betreffend wird unter anderem bedauert, dass die Subventionierung von Ladestationen für E-Fahrzeuge in den Betrieben bislang nicht vorgesehen ist.
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