Editorial / Kritische Kultur in Dubai: eine contradictio in adiecto?
Es zeigt sich bereits wunderbar indiskret mit diesen aufgemotzten Sponsorenwagen von Luxemburger Werkstätten, die vor jedem halbwegs großen Kulturevent blitzsauber, schillernd und prollig wie Ausstellungsstücke stehen: In Luxemburg stehen Kultur, Identität, Sponsoring und Tourismus in engstem Bunde. Die Weltausstellung in Dubai, die vorige Woche von Tourismusminister Lex Delles und Erbgroßherzog Guillaume besucht wurde, ist ein weiterer Schritt in ein solch ethikloses, wirtschaftsorientiertes Amalgam, in dem Luxemburger Kulturschaffende bloß Mittel zum fragwürdigen Zweck werden könnten.
Vor Jahren wurde Wohnungsbau- und Kulturministerin Maggy Nagel wegen teils kulinarischen Fauxpas durch Xavier Bettel ersetzt, der trotz weitaus größerem Fauxpas (Stichwort „Copytani“) nirgendwo hin verbannt wird. Wie sehr sich Bettel in der Folge für den Kultursektor engagierte, zeigte nicht nur die Lunghi-Affäre, sondern auch, dass er sich für gefühlt 98 Prozent der ministeriellen Kulturauftritte von Staatssekretär Guy Arendt ersetzen ließ. Nagel hingegen wurde ins Exil versetzt – um genauer zu sein: ins Menschenrechtsverletzungsparadies der Vereinigten Arabischen Emirate, wo sie als Kommissarin die Weltausstellung organisieren sollte.
Eine (weitere) kulinarische Affäre – Luxemburger Rezepte mussten auf Schweinefleisch verzichten, was in sozialen Netzwerken ausgiebig kommentiert wurde –, eine Pandemie und eine EU-Parlament-Aufforderung an die europäischen Mitgliedstaaten, die Beteiligung an der Weltausstellung zu unterlassen, später, ist es so weit: Luxemburgs Pavillon bietet neben halal-kompatiblen Varianten von hiesigen Spezialitäten eine Mëllerdall-Rutsche, Péckvillercher und Viz. Dass diese Weltausstellung mit ihren zahlreichen, von Kollege Sidney Wiltgen im letzten Leitartikel aufgelisteten Menschenrechtsverletzungen in fine eher an die kolonialistischen Weltausstellungen im 19. Jahrhundert erinnert, scheint den hiesigen Politikern herzlich wenig auszumachen.
Wie die Künstler, deren Ausstellungen für Januar eingeplant sind, sich der Herausforderung stellen werden, in einem solchen Kontext genau das zu tun, was man von ernst zu nehmender Kultur erwartet – nämlich nicht etwa ein ästhetisches Aushängeschild zu sein, das Wirtschaftsbeziehungen und den Tourismussektor ankurbeln soll, sondern kritisch die Praktiken der Vereinigten Arabischen Emirate zu hinterfragen – dürfte wohl einer Quadratur des Kreises entsprechen oder, um die Metapher zeitgemäßer zu formulieren, genauso leicht sein, wie es lebendig aus einem der Spiele aus „Squid Game“ zu schaffen.
Das Vorhaben, Kritik von innen zu üben, also den Pavillon kritisch zu investieren, klingt vielleicht nobel, ist aber in Wahrheit wohl bestenfalls naiv, im schlimmsten Falle heuchlerisch: Niemand glaubt ernsthaft, dass eines der Kulturexponate irgendwas an den Zuständen in Dubai ändern wird. Man kann allenfalls hoffen, dass das kulturelle Schaffen nicht zu irgendwelchen dubiosen Pakten zwischen Luxemburg und den Emiraten zweckentfremdet oder instrumentalisiert wird. Denn wie es eine politisch engagierte Figur in Mohamed Mbougar Saars preisgekröntem „La plus secrète mémoire des hommes“ zum Ausdruck bringt: „Transformer les choses de l’intérieur est une illusion. A l’intérieur, c’est nous qui nous transformons. Pas les pratiques politiques. Pas les choses. Les choses ne changent jamais. Pas de cette manière, en tout cas.“
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Eine welt expo ist nun mal da um sein eigenes land unter moeglichst gutem licht zur schau zu stellen und nicht um das land des organisators in ein schlechtes licht zu ruecken oder zu kritisieren.
Die Haelfte der klassischen Kunst die wir heute in den Museen bewundern war anfaenglich Propaganda Material fuer die Kirche oder Tauschware fuer Rohstoffe. Was ist heute falsch mit werbewirksamer Kunst? Warum muss der Kuenstler heute die „Welt verbessern wollen“ um Respekt von Kulturschreiberlingen zu bekommen? Welcher Rang hat das Schöne, wo bleibt das neutrale Unterhaltsame in Ihrer Weltanschauung?
In ein ewig sonniges Luxusparadies „ins Exil geschickt“, dazu noch bezahlt mit einem Topgehalt? Was muss ich anstellen, um ebenso hart bestraft zu werden?
Sie machen am besten gar nichts, Herr Realist sonst hetzt der Bausch und der andere unbekannte Grüne, der nicht jeden Abend im Journal erscheint die Gesetzeshüter hinter Ihnen her.
So eine Steuergeldverschwendung
wäre überhaupt nicht notwendig
gewesen, mit diesen Geldern
hätte man andere Probleme
in Luxusburg lösen können.