Esch / Künstlerwerkstatt Straße: Bei „All un den Dësch“ kennt Kreativität keine Grenzen
Den kleinen und großen Hobbykünstlern hatte man regelrecht den grünen Teppich ausgerollt. Rollrasen bedeckte den langen Tisch in der Freilicht-Werkstätte am Samstagnachmittag in der Escher Clair-Chêne-Straße.
Mit „All un den Dësch/Une table pour tous“ hatte man dieses Jahr nicht nur zum Essen eingeladen, sondern vielmehr zum kreativen Schaffen. Das leibliche Wohl wurde allerdings nicht vernachlässigt – Yousef Hasan reichte Gebäck und Spezialitäten der syrischen Küche. Ein artistisches und kulturelles Projekt hatten „Art Communique“ und „Transition Minett“ in Zusammenarbeit mit der Stadt Esch, CIGL, Hariko, CCSA, Escher Kafé und Benu angekündigt. Dazu eingeladen worden waren Bewohner des Viertels und alle, die ihre Fantasie mit allerlei Gebrauchtmaterialien Gestalt geben wollten, wobei der Rohstoff von zu Hause mitgebracht oder vor Ort ausgewählt werden konnte.
Noch vor Beginn des Ereignisses hatte Carla Orazi von der Escher „Maison de la transition“ ihr Projekt schon so gut wie fertiggestellt. Sie nutze ohnehin nur Secondhand-Ware zu Hause, sagte sie. Die Idee zur ihrer Kreation ist ihr angesichts des angesammelten Haufens Blechdosen gekommen – klägliche Überreste der Festmahle ihrer neun Katzen, die sie aus dem Düdelinger Tierasyl adoptiert hat. Tragendes Element der luftigen Konstruktion ist ein ausrangierter Regenschirm oder vielmehr das, was davon übrig geblieben ist: das Gestänge. Im Laufe des Nachmittags wurden die dürren Streben mit violetten und orangen Stoffteilen verkleidet, die Dosen in den gleichen Tönen besprüht und schon war die Installation fertig.
Am frühen Abend sollte der Dosenschirm an einer der Platanen am Straßenrand baumeln, dort, wo auch die anderen Kreationen des Tages zur Schau gestellt wurden. So auch die Montgolfière von Jeanne Glesener, zusammengebaut aus Teilen einer Tischlampe, oder der Trommelschläger von Leopold. Was hingegen mit dem Unterteil einer Schaufensterpuppe und der daran befestigten Holzplatte werden sollte, an denen Arthur, Deborah und Carla werkelten, war zum Zeitpunkt unseres Berichts noch nicht bekannt. Vielleicht ein Hochtisch auf zwei Beinen?
Ein zweites Leben für Gerümpel
Der Fantasie waren an diesem Nachmittag keine Grenzen gesetzt, auch nicht bezüglich der Wahl des benutzten Materials. Teile von Grobspanplatten unterschiedlicher Form, alte Schuhe, Reisekoffer, Pfostenträger, Draht, Gips, zusammenklappbare Holzschemel, ein verrostetes, schön geschwungenes, schmiedeeisernes Fenstergitter, Plastikbottiche, ausrangierte Kochtöpfe und einzelne Gliedmaßen einer ausgedienten Mannequin-Puppe warteten auf ein zweites Leben. Die notwendigen Arbeitsgeräte zur Verwirklichung der künstlerischen Absichten hatte Norry Schneider von „Transition Minett“ vor sich auf dem Tisch angeordnet: Trennscheibe, Tauchsäge, Elektroschleifmaschine, Akkuschrauber und Bohrmaschine, Pinseln und Farbe.
Rund 30 Personen hatten sich im Vorfeld angemeldet. Damit sei man ausgebucht, sagte Nathalie Pott von „Art Communique“. Die Corona-bedingte soziale Distanzierung konnte am fast 40 Meter langen Tisch gewahrt werden.
Warum ausgerechnet diese Straße für das zwanglose Zusammensein ausgesucht worden war? In der Regel fänden derlei Ereignisse auf großen Plätzen wie jenem vor dem Rathaus statt, so Nathalie Pott. Man habe zeigen wollen, dass derlei Veranstaltungen, die dazu dienen, die Menschen einander näherzubringen, eigentlich überall ausgerichtet werden können.
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