Monnerich / Kulturhauptstadt „Esch 2022“: Die große Leitlinie steht fest
Wenn in Monnerich das Thema Kulturhauptstadt 2022 auf den Tisch kommt, dauert es nicht lange, bis ein anderes Thema genauso schnell auftaucht: Nachhaltigkeit. Die Gemeinde ist stolz auf ihren ländlichen Charakter, den sie sich – eingebettet zwischen den großen Zentren Esch und Luxemburg – erhalten konnte. „Agri’Culture“ ist der Oberbegriff für das, was sich Monnerich zwischen dem 22. August und dem 22. September 2022 vorgenommen hat.
Der Verantwortliche für Kultur in der Gemeinde Monnerich zögert. „Es ist noch ein bisschen früh“, sagt Vincent Peffer (33). „Unser Programm ist noch im Fluss.“ Vor dem Hintergrund, dass sein Start in diesem Ressort noch nicht lange zurückliegt, ist das verständlich. Als er das Amt übernimmt, ist die gedankliche Vorarbeit quasi gemacht. Nach einer knapp ein Jahr dauernden Einarbeitungszeit übernimmt er die Leitung des Kulturressorts der knapp 7.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Februar 2021 in alleiniger Verantwortung.
Er muss sich schnell in fremde Materie einarbeiten, in neun Monaten geht das Kulturhauptstadtjahr los. Außerdem standen und stehen Pandemie-bedingt andere Sachen ganz oben auf der Agenda der Gemeinde. Nicht nur in Monnerich. Dennoch gibt es ein grobes Bild, ein Leitmotiv. Während viele beteiligte Gemeinden – bei dem Megaprojekt machen elf Südgemeinden und acht französische Nachbargemeinden mit – auf ihre industrielle Montanvergangenheit setzen, hebt Monnerich seine bäuerliche Vergangenheit hervor.
„Agri’Culture“ steht über dem Mix aus Umweltschutz, ländlich-bäuerlichen und kulturellen Elementen, die das Monnericher Programm bündelt. Der Begriff weckt Assoziationen. Bei Gedanken an Traktoren, Heuballen oder einer Art landwirtschaftlicher Schau winkt Peffer jedoch sofort ab. Das ist nicht das, was die Gemeinde will, in der immerhin noch zwölf Bauern Landwirtschaft betreiben.
Bergem ist der zentrale Ort
Als zentraler Ort ist Bergem auserkoren, das zu Monnerich gehört und das den ländlichen Charakter verkörpert. Mit dem „Centre culturel Beim Nëssert“ hat die Ortschaft eine geeignete Örtlichkeit zu bieten. Auf dem Parkplatz des „Centre“ ist ein Pop-up Village im „Eco-Design“ für 2022 geplant. Peffer spricht von einem Containerbau, für den nichts verwendet wird, was es nicht schon gibt.
Er ist nicht fest installiert, kann zurückgebaut werden und bleibt damit in der Logik von Nachhaltigkeit und Repair-Cafés, die Teil des Programms sind. „Wir sind auf der Suche nach Schiffscontainern, die ihr Leben schon hinter sich haben und dafür um- und ausgebaut werden“, sagt Luka Heinrichs (33), Mitgründer der Agentur „Twist and Tweak“, die sich auf Projektmanagement im Kulturbereich spezialisiert hat.
Er arbeitet im Auftrag der Gemeinde an den konkreten Projekten und künstlerischen Beiträgen. Dahinter stecken die früheren Veranstalter des Festivals „Food for your Senses“. Sie haben den Begriff „Permakultur“ in das Projekt eingebracht. Der philosophisch-ethische Ursprung des Begriffs ist im weitesten Sinn ein respektvoller Umgang mit der Natur – vom eigenen Vorgarten über das Hochbeet bis zur öffentlichen Parkanlage. Dazu wird es Workshops, Vorträge und Ateliers für Kinder wie Erwachsene geben.
Einwohner sollen sich wieder begegnen
Peffer spricht von Experten, die in Monnerich während dieser Zeit Vorträge halten und den Besuchern das Thema näherbringen. Konkretes oder gar Namen stehen erwartungsgemäß für das Programm noch nicht fest, außer dass es Konzerte, Filme, Fahrradtouren und gutes Essen im Teil „Culture“ gibt. Basis dafür ist der seit 2017 stattfindende Kunsthandwerkermarkt unter dem Titel „Augenschmaus“.
Der Markt, auf dem Künstler aus der Region ihre Objekte zeigen, ist beliebt. Rund 250 Besucher aus allen Teilen des Landes erreicht er alljährlich. Der „Augenschmaus“ ist neben der Kunst ein Treff für die Einwohner. Darauf, dass sie das zwischen Kunst, Musik und Filmvorführungen im Kulturhauptstadtjahr drinnen und draußen wieder können, legt Peffer nach der Zeit der Pandemie und der Lockdowns wert.
Sei es bei Fachvorträgen und Mitmachaktionen, sei es bei zwanglosem Plausch mit Essen und Trinken. Das vermissen alle. „Twist and Tweak“ ist derzeit mit dem Feinschliff beschäftigt. „Tweak“ ist ein Fachbegriff aus der Tontechnik, der die allerletzten Korrekturen beim Ton bedeutet. Das „Twisten“ ist gelungen und man darf gespannt sein, was nun beim „Tweak“ herauskommt. Im Herbst will die Gemeinde Details zum Programm verkünden.
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Alle Achtung. Da wurde wirklich kein Klischee des denglischen Hipster-Idioms ausgelassen. Mal ernsthaft: Noch vor gar nicht so langer Zeit war fast jeder, egal ob Arbeiter, Angestellter oder sonst was, nebenher immer auch ein bisschen Bauer, und sei es auch nur weil er einen möglichst grossen Gemüsegarten bewirtschaftete und hinten im Haushof ein paar Kaninchen oder Hühner hielt. Sind wir von dieser Welt heute wirklich so weit entfernt, dass es lächerlichem Zeitgeist-Krimskrams wie Pop-Up-Village im Eco-Stil, Twist and Tweak, Repair-Cafés, Workshops und Ateliers bedarf, um sich geistig in diese Zeit zurück zu versetzen?
Ich hätte da einen Alternativ-Vorschlag, der um Welten billiger wäre und sogar ohne gebrauchte Schiffscontainer auskäme: Die ganze verwöhnte Bande einfach mal einen Tag draussen auf dem Acker Kartoffeln klauben oder Korngarben bündeln lassen und abends keinen Sushi-Lieferdienst bestellt, sondern einen Teller mit dampfenden Kniddeln oder Gequellter serviert. Agri’Culture und Augenschmaus vom Feinsten!