Budget / Kurs halten, Trendwende Steuerbord voraus: Finanzminister Roth stellt Haushaltsentwurf für 2025 vor
Der Finanzminister sieht eine Trendwende bei den Staatsschulden und der Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben – auch dank erhöhter Tabaksteuer. Die Opposition hingegen vermisst neue Akzente.
Fangen wir mit der Kurzfassung an: Die Welt steckt mitten in einem Wirbelsturm, aber Luxemburg hält Kurs. So in etwa lässt sich die Rede zusammenfassen, mit der Finanzminister und Steuermann Gilles Roth (CSV) an diesem Mittwochmorgen das Budget für das kommende Jahr vorgestellt hat. Metapherntreu hat Roth dann auch einen Kompass auf das Titelblatt seines Haushaltsentwurfs drucken lassen. Ein Kompass, der – wie Kompasse es so an sich haben – nach Norden zeigt, in die Zukunft, damit Luxemburg Kurs hält, aber auch die Trendwende schafft. So oder so ähnlich. In der, pardon, Flut der maritimen Sprachbilder, die der Finanzminister an diesem Morgen über seinen Zuhörern im Parlament, noch mal pardon, ausschüttet, kann man schon mal die Orientierung verlieren.
Also auf den Steuermann Roth geblickt. Der verschafft zum Beginn seiner Rede einen globalen Überblick. Und gibt sich dabei vorsichtig optimistisch. Zwar sei das makroökonomische Umfeld noch immer geprägt von Unsicherheiten, „aber trotz vieler Wolken am Himmel gibt es doch Tendenzen in die richtige Richtung“. Die Wirtschaft der Eurozone wächst wieder ein bisschen stärker, auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Luxemburgs steigt. „Es geht bergauf“, sagt Roth, „auch wenn wir noch viel aufholen müssen.“
Trendwende bei der Staatsschuld
Der Finanzminister gibt einen Einblick in die Kasse des großen Kahns Luxemburg: „Unsere Einnahmen laufen gut.“ Für das Jahr 2025 wird ein Zuwachs von 5,2 Prozent veranschlagt (d.h. anderthalb Milliarden Euro mehr als 2024). Die Ausgaben sollen hingegen lediglich um 4,5 Prozent steigen, so sieht es der Haushaltsentwurf für 2025 vor. Das bedeutet: Die Ausgaben wachsen weniger schnell als die Einnahmen. Ein positiver Schereneffekt. „Vielleicht schon dieses Jahr“, sagt Roth. „Sicher aber im Jahr 2025.“ Auch bei der Staatsschuld stimme der Kurs, sagt der Steuermann. „Trotz hoher Investitionen wird sich die Staatsschuld 2025 bei 27,5 Prozent des BIP stabilisieren.“ Nach 2026 weise die Kurve sogar nach unten, so Roth. „In Richtung 26 Prozent im Jahr 2028.“ Das Defizit des Zentralstaats nimmt weiter ab. Eine „klare Trendwende“ nennt Roth das. Anders als noch vor einem Jahr gedacht, betrage das Defizit des Zentralstaats im Jahr 2025 nicht 3,1 Milliarden Euro, sondern 1,29 Milliarden Euro. Man werde, verkündet Roth, Stand heute, die gesamte Legislaturperiode bei der Staatsschuld unter der 30-Prozent-Marke bleiben. Das klang auf Schloss Senningen vor ziemlich genau einem Jahr noch ganz anders.
Der positive Schereneffekt erfreut auch die Opposition. Wenn gleich unter den Abgeordneten auch bei diesem Budget Fragen auftauchen, aus welchen Quellen eigentlich die ganzen Einnahmen kommen sollen. „Die Schere, die uns vor allem interessiert, ist die zwischen Arm und Reich“, sagt LSAP-Fraktionspräsidentin Taina Bofferding nach Roths Rede. Der Regierung ist in jüngster Zeit des Öfteren ein kaltes Herz attestiert worden. Wohl auch deshalb betont der Finanzminister die sozialen Aspekte seines Budgets an diesem Tag besonders stark: Für Luxemburg zähle nicht nur „Triple A“, sondern auch „Triple S“, eine starke Wirtschaft und ein starker Sozialstaat. Etwa 47 Prozent des Budgets fließen in Sozialleistungen. Eine Gewichtung, die CSV-Fraktionspräsident Marc Spautz besonders gefällt. Ebenso wie die bereits angekündigte Anpassung der Steuertabelle zum 1. Januar. „Damit hat man automatisch mehr Netto vom Brutto“, sagt Spautz.
DP-Fraktionspräsident Gilles Baum freut sich, dass „die progressive Sozialpolitik der vergangenen Regierung nicht nur weitergeführt, sondern verstärkt“ werde. Die Teuerungszulage wird um zehn Prozent hochgesetzt, die Energieprämie verdreifacht. Um Alleinerziehende zu entlasten, soll die Berechnungsformel für die Steuerklasse 1A angepasst werden. Die Opposition zeigt sich von diesen größtenteils bekannten Ankündigungen weniger begeistert. Sam Tanson von „déi gréng“ habe an diesem Tag „viele Phrasen und Slogans, aber keine neuen Projekte oder Akzente“ gehört. Der Piraten-Abgeordnete Sven Clement hat das Gefühl, dass die Regierung sich mit ihrem ersten richtigen Jahresbudget „einen Spargroschen zur Seite legt“, um „in den nächsten Jahren mit positiven Ankündigungen überraschen zu können“. Seltene Einigkeit auch bei Fred Keup (ADR) und David Wagner („déi Lénk“). Der ADR-Fraktionspräsident Keup nennt Roths Rede „großes Kino“ und ein „rhetorisches Meisterwerk der Schönrederei“. Der Linken-Abgeordnete Wagner spricht – Roths Bilderwelt zitierend – von einem „Wirbelsturm von Banalitäten und falschen Lösungen“. Ein Großteil der verkündeten Investitionen seien ganz banale Investitionen, z.B. ins Schienensystem oder in Schulen, die man einfach machen müsse und die die Vorgängerregierung schon begonnen hätte, so Wagner.
Mogelpackung Mindestlohn?
Es gibt an diesem Mittwoch wenige konkrete Ausnahmen. Eine davon ist – wie schon beim ersten Budget der neuen CSV-DP-Regierung – die Tabaksteuer, die von Roth explizit als neue Einnahmequelle genannt wird. Die Tabaksteuer war im letzten Jahr bereits um 2,7 Prozent angehoben worden. Nun soll sie um weitere 5,5 Prozent steigen. Eine weitere konkrete Maßnahme, die für viel Gesprächsstoff sorgt, ist die Steuerbefreiung des nicht qualifizierten Mindestlohns. Finanzminister Roth nennt sie „einen historischen sozialen Fortschritt“ und auch LSAP-Fraktionspräsidentin Bofferding freut sich über diesen Vorschlag aus den Reihen der CSV: Er sei „ein gutes Zeichen für Geringverdiener“. David Wagner ist hingegen skeptisch. „Das klingt ganz schön“, so der Abgeordnete. Es gehe aber darum, den Mindestlohn zu erhöhen. Das müsste dann von den Arbeitgebern bezahlt werden, „die Steuerbefreiung des Mindestlohns wird aber von uns, den Steuerzahlern, finanziert. Die Arbeitgeber werden entlastet“, so Wagner. Das Ganze sei eine „Mogelpackung“, die man auch als solche anprangern sollte.
Grünen-Politikerin Sam Tanson will ein weiteres leeres Versprechen ausgemacht haben: Die Maßnahmen zum Wohnungsbau, die Roth in seiner Rede lobend erwähnt, hätten bislang wenig Wirkung gezeigt, so Tanson. „Es sind bislang keine neuen Wohnungen entstanden.“ DP-Politiker Gilles Baum verteidigt die Regierung: Man habe die Maßnahmen erst kurz vor der Sommerpause eingeführt. „Beim Logement wissen wir, dass alles seine Zeit braucht“, so der Fraktionschef der Liberalen. Der Wohnungsbau ziehe langsam, aber sicher an. „Vielleicht nicht so schnell, wie wir das gerne hätten.“
Für einen Mann der Zahlen wird der Finanzminister am Ende seiner Rede beinahe poetisch. Im „Sturm der Polykrisen“ sehe er „Licht am Horizont“. Dann biegt Roth sein Sprachbild, bis es bricht: Weil es bergauf gehe, halte dieses Budget Kurs. „Kurs in Richtung Aufschwung und Wachstum. Kurs in Richtung Wohlstand und Entlastung. Kurs in Richtung Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung. Kurs in Richtung Lebensqualität und Mobilität. Kurs in Richtung Nachhaltigkeit und Klima-Transition. Kurs in Richtung Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz. Kurs in Richtung nachhaltiger Finanzen. Kurs in Richtung Vertrauen.“ Bleibt zu hoffen, dass Steuermann Roth bei all diesen Kursen keinem weißen Wal hinterherjagt.
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