Luxemburg / „Lange Tage, kurze Nächte“: Wie die Feuerwehr beim Aufbau von Flüchtlingsunterkünften hilft
Landesweit konnten Geflüchtete aus der Ukraine bereits in verschiedenen Unterkünften unterkommen, an anderen Orten laufen die Vorbereitungen für den Aufbau sowie die Organisation von Flüchtlingseinrichtungen noch auf Hochtouren. Oft an diesen Arbeiten beteiligt: die Helferinnen und Helfer des „Corps grand-ducal d’incendie et de secours“ (CGDIS). Denn seit Kriegsbeginn war die Feuerwehr landesweit an zwölf verschiedenen Orten im Einsatz, um anzupacken.
„Das ist jetzt schneller gegangen, als ich gedacht hatte“, stellt Ben Baus lachend fest und blickt zu einem feuerroten, leeren Kleinlastwagen, der vor dem ehemaligen Grand Hotel in Echternach steht. Baus ist bei der Feuerwehr und kümmert sich als Chef vom „Centre de soutien logistique“ um alles, was mit Logistik und Organisation von Material, aber auch mit der Feuerwehrleute zu tun hat. Seit Kriegsbeginn haben er und seine Kolleginnen und Kollegen alle Hände voll zu tun. Denn an zwölf Orten ist die Feuerwehr landesweit am Aufbau von Unterkünften für ukrainische Flüchtlinge beteiligt – unter anderem im Grand Hotel, dem einstigen Vier-Sterne-Hotel in Echternach. Mehr als 100 Menschen können dort laut „Office national de l’accueil“ (ONA) ab Montag in 37 Zimmern unterkommen.
Der 38-jährige Ben Baus begann vor 20 Jahren als Freiwilliger bei den Rettungskräften. 2019 hängte er seinen Job als Lehrer für eine Festanstellung bei der Feuerwehr an den Nagel. „Während der Pandemie habe ich dann die Logistik der Impfzentren übernommen – da war es jetzt ruhiger geworden. Und dann haben wir hiermit angefangen. Es ging von einer Krise in die nächste“, beschreibt Baus und sagt über die vergangenen Wochen: „Die Tage waren lang und die Nächte kurz.“ Wenn er allerdings Nachrichten schaut, weiß er, warum er die Arbeit gerne macht. Denn dann denkt er sich: „,Du musst diesen Menschen helfen.‘ Letztens habe ich bei der Luxexpo auf Kirchberg ein Auto aus der Ukraine mit Einschusslöschern gesehen. Darin saßen zwei Frauen mit Kindern.“
Hilfreich sei in der aktuellen Situation, dass viele Helferinnen und Helfer bereits die Erfahrung von der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hätten. Und dass auf das Team stets Verlass sei. Und so sind an diesem Wochentag im April dann auch etwa 25 Feuerwehrleute zu dem Hotel in Echternach gekommen, um in Windeseile 66 weiße Hochbetten abzuladen und in den Zimmern wieder zusammenzuschrauben. Die meisten tun das in ihrer Freizeit, so wie der 61-jährige Const Schwartz. Seit mehr als 40 Jahren ist er bei der Feuerwehr und freut sich, dass da Jung und Alt zusammenarbeiten: „Ich bin heute Morgen mit einem 16-Jährigen hergefahren, das ist ja schon ein Altersunterschied.“ Der Arbeit mache das keinen Abbruch, im Gegenteil.
Helfende Hände in Echternach
Dass der 61-Jährige bei der anstehenden Arbeit hilft, ist für ihn selbstverständlich. Ebenso wie für den Rentner aus Osweiler immer klar war, dass er Feuerwehrmann wird. „Mein Vater war schon bei der Feuerwehr, mein Großvater auch. Es war selbstverständlich, dass ich das auch mache“, sagt Schwartz, während er sich auf den Weg in den dritten Stock des Hotels macht. Draußen haben sich eben Kollegen auf den Weg zu einem Einsatz gemacht und auch drinnen geht es geschäftig zu. Gelbe Post-its an den Zimmertüren informieren mit Aufschriften wie „1x Etagenbett“ darüber, wie viele Betten reingestellt werden sollen. „Ist da fertig?“, hallt es aus einem Zimmer über den Flur, „hier fehlt noch die Matratze“ aus einem anderen.
Mitten drin trifft man auf Joelle Lang. Die 41-jährige Hausfrau aus Echternach ist seit anderthalb Jahren eine freiwillige Feuerwehrfrau. Sie half im vergangenen Jahr nach der Flutkatastrophe im deutschen Ahrtal und ist nun zum ersten Mal bei den Vorbereitungen einer Flüchtlingseinrichtung dabei. „Ich würde das hier für jeden tun. Wenn man Zeit hat und etwas für den guten Zweck machen kann, soll man das auch tun“, erklärt die hilfsbereite Frau. Der Ehemann, aber auch ihr 13- sowie 15-jähriges Kind sind ebenfalls bei der Feuerwehr. Schnell hilft sie noch dabei, Matratzen auf die wieder zusammengeschraubten Betten zu legen, bevor gegen 10.15 Uhr im schicken Esszimmer des Hotels auf gepolsterten Stühlen eine Kaffeepause eingelegt wird.
Ortswechsel. Gestärkt geht es für den Chef vom „Centre de soutien logistique“, Ben Baus, von Echternach nach Kirchberg zum Standort „Tony Rollman“. In der Nähe des Schwimmbades arbeitet das CGDIS nämlich seit einer Woche an einer großen Zeltunterkunft für Flüchtlinge. „Es gibt ein großes Zelt von 90 Metern Länge und ein kleineres von 60 Metern. Darin werden dann kleinere Zelte aufgestellt, um alles etwas abzutrennen. Sodass man hier in menschenwürdigen Bedingungen leben kann“, erzählt Baus, während er den Blick über das Gelände schweifen lässt, auf dem lange Zeit Baucontainer standen. Außerdem gibt es noch ein 30 Meter langes Zelt für die Essensversorgung sowie ein zweistöckiges Sanitärzelt von 30 Metern. Zwischen 400 und 500 Menschen sollen laut ONA während einem Jahr an diesem Standort unterkommen können.
Zeltunterkunft auf Kirchberg
Beim ONA hofft man, dass die Flüchtlinge „so schnell wie möglich“ einziehen können – das könnte voraussichtlich aber noch mehr als eine Woche dauern. Denn unter anderem für das CGDIS, das an diesem Standort hauptsächlich für Logistisches zuständig ist, gibt es noch einiges zu erledigen. So werden am heutigen Samstag rund 80 Feuerwehrleute aus dem ganzen Land nach Kirchberg kommen, um in der „Structure d’hébergement d’urgence Kirchberg“ (SHUK) in der Luxexpo Material abzubauen und dieses rund 2,5 Kilometer entfernt in der Zeltunterkunft wieder aufzubauen. Denn aus der provisorisch eingerichteten Notunterkunft SHUK sollen die Geflüchteten schon bald ausziehen.
In den beheizbaren, aber auch klimatisierten Zelten auf Kirchberg gibt es auch WLAN. „Man fragt sich vielleicht, wie wichtig das überhaupt ist. Aber ich habe das schon in anderen Einrichtungen gesehen: Wenn man nicht weiß, ob der eigene Mann noch lebt, will man wenigstens erreichbar sein“, erklärt Ben Baus. Der Boden in den Zelten wird mit Linoleum in einer hölzernen Optik ausgelegt. „Ich will hier alles so ausstatten, dass ich auch mein eigenes Kind hier leben lassen würde“, meint dazu der 35-jährige Ben Gieres, der sich gemeinsam mit Ben Baus ein provisorisches Büro in einem Baucontainer auf dem Gelände eingerichtet hat.
Als Verwalter vom Stock der „Sécurité civile“ kümmert der angestellte Feuerwehrmann sich aktuell darum, von der kleinsten Schraube bis zum größten Zelt alles an notwendigem Material zu organisieren und die Arbeiten der externen Firmen zu koordinieren. Ob in der Hauptstadt, in Echternach oder an anderen Orten, an denen Flüchtlingseinrichtungen entstehen: Viel ist bereits geschafft, aber ebenso viel bleibt noch zu tun. In der Hoffnung, dass der Krieg bald ein Ende findet, sagt Ben Baus: „Eigentlich wünscht man sich, dass die ganze Arbeit umsonst war und niemand herkommen muss.“ Arbeitskollege Ben Gieres kann dem nur zustimmen.
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