Bedenklich bis illegal / Lehrer an Europaschulen fühlen sich ausgenutzt
Viele Lehrer an Luxemburgs Europaschulen befinden sich in sehr bedenklichen Arbeitsverhältnissen. Sie haben das Gefühl, ausgenutzt zu werden, weil sie des Öfteren von den Schuldirektionen andere Arbeitsbedingungen aufgetischt bekommen als jene, für die sie sich eigentlich beworben haben. Ist dies überhaupt legal? Das Tageblatt hat sich mit Betroffenen, einer Lehrergewerkschaft und dem Bildungsministerium unterhalten.
Sie sind meist sehr gut ausgebildet und verfügen oft bereits über mehrere Jahre Berufserfahrung als Lehrer in ihrem Heimatland. Über die internationale Jobbörse tes.com bewerben sie sich für eine Stelle an einer der vielen Europaschulen in Luxemburg. In diesen öffentlichen Bildungseinrichtungen arbeiten zurzeit 265 „employés-enseignants“ mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung. An vielen luxemburgischen Schulen werden neben dem nationalen Programm auch internationale Kurse angeboten. Dafür braucht man vermehrt auch Lehrer, die als Muttersprache Englisch oder Französisch sprechen, um den Anforderungen gerecht zu werden. Deshalb rekrutiert man für diese Stellen gerne direkt im Ausland. Wenn die Lehrer sich für eine Stelle in Luxemburg bewerben, wissen sie allerdings noch nicht, was viele ihrer Kollegen und später vermutlich auch sie selber durchmachen werden.
Das Tageblatt hat sich mit einigen von ihnen unterhalten. Sie wollen anonym bleiben. Ein Lehrer unterrichtet seit vielen Jahren an internationalen Schulen in unterschiedlichen Ländern. Er beklagt sich in Luxemburg über die fehlende Unterstützung seiner Schuldirektion bei Fragen zum Praktikum, zum Gehalt oder der Anrechnung von Berufserfahrung. „Die Schuldirektion denkt, dass es nicht ihre Aufgabe ist, uns Ratschläge zu geben.“ Diese verweise lediglich an das Weiterbildungsinstitut IFEN und an das Ministerium.
Meine Erfahrungen in Luxemburg sind die schlimmsten, die ich je in meiner Karriere gemacht habe
Wie das Tageblatt auch von anderen Lehrern erfahren musste, bleibt den neuen Lehrkräften in den ersten Monaten das Gehalt verwehrt. Vier Monate lang musste dieser Lehrer auf sein erstes Gehalt warten. Um seine Kosten zu decken, musste er sich bei Familienmitgliedern Geld borgen. „Das Bildungsministerium sollte sich darüber im Klaren sein, dass wir Lehrer mit großer Berufserfahrung und hoher Qualifizierung sind, die den Schülern einiges anbieten können.“ Dies sei allerdings schwierig unter diesen Bedingungen. „Meine Erfahrungen in Luxemburg sind die schlimmsten, die ich je in meiner Karriere gemacht habe“, sagt er. Bei einer Lehrerin wurde der Antrag auf Kindergeld dreimal mit undeutlichen Begründungen verworfen. Nach zwei Jahren als Lehrkraft in Luxemburg konnte sie endlich durchsetzen, Kindergeld zu beziehen. Ein langer Weg. Positives Feedback kommt von einer Lehrerin, die in ihrer Europaschule sehr glücklich ist. Andere würden sich über Kleinigkeiten ärgern, sagt sie. Dennoch kann auch sie bestätigen, dass einige ihrer Kollegen sich als nicht so glücklich bezeichnen können.
Lehrer an Europaschulen sind keine Beamten
Die erste Hürde für aus dem Ausland rekrutierte Lehrkräfte ist der Status als Lehrer. Den Beamtenstatus eines Lehrers in Luxemburg, jenen des „fonctionnaire“, werden nur sehr wenige in der Anfangszeit erreichen. Um im „Secondaire“ als Beamter unterrichten zu können, müssen die Lehrer in den drei Landessprachen mindestens die Niveaus B1, B2 und C1 erreichen. Da die meisten dies nicht aufweisen können, werden sie als „employé-enseignant“ eingestuft. Hier wurde extra für das Lehrpersonal der internationalen öffentlichen Schulen eine Sonderregelung in Bezug auf die Sprachkenntnisse eingeführt: Sie brauchen ein B2 in einer der administrativen Sprachen. Dieses Niveau ist nicht sonderlich anspruchsvoll. Deshalb fordert die Lehrergewerkschaft SEW/OGBL schon lange Sprachkurse im Rahmen der obligatorischen Weiterbildungen für die ausländischen Lehrer. Nicht nur, damit sie schneller den Status des „fonctionnaire“ erreichen können, sondern auch, um sich besser in der Schulgemeinschaft integrieren zu können, sagt Vera Dockendorf (SEW/OGBL) gegenüber Tageblatt.
Sie sind vulnerabler in Situationen, wo beispielsweise Fachstunden zu vergeben sind. Dann sind sie die Letzten, die ein Anrecht darauf haben.Mitglied der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL
Als „employé“ hat man nicht nur weniger Gehalt, sondern auch weniger Karrieremöglichkeiten als ein „fonctionnaire“, sagt Dockendorf. Zudem werden die aus dem Ausland rekrutierten Lehrer mit schlechteren Arbeitsbedingungen konfrontiert. „Sie sind vulnerabler in Situationen, wo beispielsweise Fachstunden zu vergeben sind. Dann sind sie die Letzten, die ein Anrecht darauf haben.“ Meist sind es sie, die für einen Kurs das Gebäude wechseln müssen. Viele kennen laut Dockendorf aufgrund ihrer Sprachsituation ihre Rechte nicht.
Ein Sekundarlehrer muss in der Regel zwei Jahre Praktikum absolvieren. Bei jenen aus dem Ausland rekrutierten Lehrer wird dieses Praktikum meistens auf ein Jahr reduziert, weil sie bereits Berufserfahrung im Ausland gesammelt haben. Während dieser „Stagezäit“ dürfen Lehrer, laut luxemburgischem Gesetz, keine Überstunden machen. Dockendorf sind allerdings viele Fälle bekannt, wo dies nicht respektiert wird. Manche Schuldirektionen scheinen diese Situation auszunutzen und erlegen den neuen Lehrern Überstunden auf, die sie unentgeltlich verrichten sollen. „Dies wird nirgends vermerkt, da es illegal ist“, so Dockendorf.
Keine Kenntnis über illegale Überstunden
Auf Tageblatt-Nachfrage sagt das Bildungsministerium, keine Kenntnis über solche Fälle zu haben. „Wenn wir einen Fall gemeldet bekommen, der nicht konform zur bestehenden Gesetzgebung ist, analysieren wir dies selbstverständlich und veranlassen, dass es geregelt wird.“ Illegale Überstunden werden auch an luxemburgische Kandidaten vergeben, sagt Dockendorf. Es gab Fälle von Schwangeren oder Personen im Elternurlaub, die Überstunden leisten mussten. Beides ist illegal. Selbst wenn diesen bekannt ist, dass es illegal ist, spielen nicht wenige das Spiel mit. Denn in der Jury zur Beurteilung der Praktikanten sitzen auch die Direktionen. Sie sind es, die am Ende mit darüber entscheiden, ob der Praktikant bestanden hat oder nicht. Und mit dieser Beurteilung steht und fällt die Entscheidung darüber, ob sie weiter als Lehrer arbeiten dürfen. „Aus diesem Grund lassen es viele Praktikanten über sich ergehen, weil sie abhängig von einer guten Note sind“, sagt Dockendorf.
Die Arbeitsbedingungen in der Grundschule sind andere als jene, für die er hierhergekommen ist. Eigentlich ist das nicht legal, jemanden einfach in die Grundschule zu schicken.Mitglied der Lehrergewerkschaft SEW/OGBL
Der Gewerkschaftsvertreterin sind viele Fälle bekannt, in denen nicht die Arbeitsverträge an sich geändert wurden, dafür aber deren praktische Umsetzung in den Schulen. Ein Lehrer wurde von seiner Direktion nach einer gewissen Zeit nicht mehr als Lehrkraft, die Unterricht hält, eingestuft, sondern in die Kategorie „administratives Personal“ eingeordnet. Dazu sagt das Bildungsministerium auf Tageblatt-Nachfrage: „Der Arbeitsvertrag der ’employés-enseignants’ lässt es zu, dass die Lehrkräfte auch andere, z.B. administrative Aufgaben übernehmen können.“ Dies passiere allerdings in nur sehr wenigen Ausnahmefällen und im Einverständnis der betroffenen Person. In diesem konkreten Fall lag aber nach Aussage des Lehrers kein Einverständnis seinerseits vor. Weitere Lehrer, die eigentlich zum Unterrichten im „Secondaire“ rekrutiert wurden, mussten irgendwann in die Grundschule wechseln, weil dort gerade jemand gebraucht wurde. „Die Arbeitsbedingungen in der Grundschule sind andere als jene, für die er hierhergekommen ist“, so Dockendorf. „Eigentlich ist das nicht legal, jemanden einfach in die Grundschule zu schicken“, sagt sie.
Das Bildungsministerium sieht das anders: „Die Arbeitsverträge der ‘employés-enseignants’ sind nicht auf einen bestimmten Unterrichtsgrad festgelegt.“ Die Stelle werde dem jeweiligen „ordre d’enseignement“ angepasst, in dem sie intervenieren. „In ganz wenigen Ausnahmefällen kann es vorkommen, dass eine Lehrkraft einer anderen Schulordnung zugeordnet wird als jene, für die sie eigentlich eingestellt wurde.“ Dies könne passieren, um beispielsweise eine Stelle vollzukriegen oder wenn es pädagogisch sinnvoll sei. „Auch dies passiert nur im Einverständnis mit dem betroffenen Lehrer.“ Auch in diesem Fall lag kein Einverständnis des betroffenen Lehrers vor.
Wir haben keine Kenntnis von Fällen, bei denen die ’ancienneté’ nicht angerechnet wurde
Absolute Intransparenz herrscht bei der Anerkennung der „ancienneté“ in Bezug auf das Gehalt, sagt Dockendorf. Einige Lehrer bekommen gar kein Dienstalter für die Jahre, die sie im Ausland als Lehrer tätig waren, angerechnet. Andere bekommen 50, wiederum andere 100 Prozent anerkannt. Laut Bildungsministerium sei dies allerdings für die „employés-enseignants“ gesetzlich geregelt. Diesem Gesetz zufolge werden für das Anfangsgehalt nach dem Praktikum sämtliche Berufsjahre inklusive Praktikum gezählt, selbst wenn die Person nur Teilzeitarbeit verrichtete. Vor der Reform des Praktikums, also vor dem Jahr 2020, sei die „ancienneté“ außerhalb des Staates im Prinzip zu 50 Prozent gezählt worden. Dieses Prinzip sei allgemein für den öffentlichen Dienst gültig gewesen. „Wir haben keine Kenntnis von Fällen, bei denen die ’ancienneté’ nicht angerechnet wurde“, so das Bildungsministerium.
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„Lehrer an Europaschulen sind keine Beamten“
Gute Idee. Wie in Dänemark auch.
Schülern Lesen und Schreiben beizubringen ist ja schließlich keine hoheitliche Aufgabe die Beamte erfordert, ganz im Gegenteil.
Gudden Mëtten,
et ass jo flott dass hei iwert dei lamentabel Situatioun an der Bildung riets geet. Mei flott wier awer trotzdem dann och iwert dei 1500-2000 Chargés aus dem Lëtuebuerger System geif geschwat ginn.
Et ass nach emmer esou dass et keng Koefizienter an keng Altersdécharge fir dei gëtt. Och schaffen sie deitlech mei fir deitlech manner Geld well sie eng aner Tâche hunn. De Facto ass et esou dass dei mat der niedregster Ausbildung am meechten schaffen. Sie schaffen oft bei deenen Klassen dei am schwieregsten sinn. Also wou dei heiksten Qualifikatioun neideg wier. Do schaffen och rem nëmmen dei schéin an arrogant Fonctionnairen an hieren eegenen Konfort. Wann deem net esou wier dann geifen all dei mam decksten Diplom am Technique dei komplizeiertsten Klassen haalen well do ass et nämlech wou et am meechten feelt.
Dobei hunn d’Chargés nach emmer 7 Joer Ausbildung bis sie virun enger Klass stinn. Dat fir dei ze berouegen dei mengen do wieren lauter Idioten um Start.
Et feelt hinnen effektiv den „Fonctionnaire“ mee do sinn Leit wei d’Madam Dockendorf och mat drun Schold. Dat well sech och dei meechten Gewerkschaften dergeint stellen dass den Chargés och no 15 !!!!!! Joer eng einfach Fonctionarisatioun zousteet.
Normalerweis gëtt et eng Berufsunerkennung no 3 Joer. Hei gëtt Universitären dei 2 Joer Stage gemaach hun – ouni Travail de candidature – no 15!!!! Joer den Accés zur normaler Unerkennung am Beruf verwährt. An zwar vun den heicksten Stellen vun den Staatsvertrieder, der CGFP. An zwar aus purer Arroganz, anescht kann een dat net ausdrecken. Esougur bei den Buschauferen ass et besser. Dei sinn Fonctionnaire – VDL – just well sie freier mol mat enger Kees ze dinn haten.
An den Schoulen selwer maachen sie genee dei selwescht Arbescht mat genee den selweschten Pflichten mee si stinn awer emmer hannen un. D’Familien können net plangen an sie sinn der Willkür vun den Direktiounen ausgesat. Och dat ass een Skandal.
Nei Chargés ginn nach emmer reischt no Meint bezuelt an mussen och hei Suen bei hier Famill sichen goen. Oder nach schlëmmer, beit Bank!
D’Ancienneteit ass ass och nach emmer een Problem. Vill Leit mat Meechterprüfung sinn nach emmer net richteg unerkannt. An dat opwuel mir emmer behapten dass d’Handwierk soll opgewärt ginn. Do steet d’Chambre des métiers awer selwer hannert der CGFP. Och dat ass net normal. Sie denken just un hieren Frick well eng Opwärtung vun der Meechterprüfung am Enseignement geif eng Opwärtung am Privé bedeiten. D’Betrieber misten hier Leit dann anescht bezuelen. Am Resumé, sie sinn selwer geint Opwärtung mee d’Patronat schaft gären an seng Täsch.
Mir hunn am Enseignement deelweis 3 Karrieren fir dei selwescht Arbescht. Dat kann et jo net sinn.
An do ginn et secherlch nach 100 Baustellen dei ech net kennen well ech sinn net am Enseignement. Ech kennen just Leit dei sech ausgenotzt fillen an mat vill Frust liewen well sie dat Bild dat vermettelt gëtt nie errechen können an vun deenen aneren virgefouert ginn.
An dat alles op Käschten vun den Kanner. Kanner dei eis Zukunft bezuelen mussen an dei et vun den Entscheeder schweier gemaach kreien.
Mat frëndlechen Gréiss
Paul Moutschen