Vierte Welle / Lenert macht Luxemburgs Gesundheitssystem winterfest: „Covid-Check eventuell länger als erhofft“
Luxemburg befindet sich mitten in der vierten Corona-Welle. Dank Impfung stehe das Gesundheitssystem, anders als noch vor einem Jahr, nicht vorm Zerbersten, bilanzierte Gesundheitsministerin Paulette Lenert auf einer Pressekonferenz am Mittwoch und warnt: „Die Wirkung der Impfung nimmt bei manchen Leuten ab – deshalb ist die dritte Impfung sehr wichtig.“
Die Location ist mit der Villa Louvigny eine andere, die zu vermittelnde Nachricht klingt aber ähnlich wie schon in den letzten Wochen: Lasst euch impfen, lautet die Message von Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP), Santé-Direktor Jean-Claude Schmit und der Präsidentin des CSMI, Thérèse Staub. Besonders die Booster-Impfung sei wichtig, da die Wirkung der Impfung bei einigen Leuten abnehme, sagt Paulette Lenert, die kurzfristig zu einer Pressekonferenz ins Gesundheitsministerium eingeladen hatte. „Das Virus ist virulenter als gedacht“, so Lenert. „Wenn wir alles öffnen würden, würde das Gesundheitssystem wieder überstrapaziert werden.“
Thérèse Staub, die neben ihrer Position im CSMI („Conseil supérieur des maladies infectieuses“) als Ärztin im CHL arbeitet, verweist auf die nachlassende Wirkung der Impfstoffe. „Wir haben immer mehr Corona-Fälle bei den Personen, die schon anfangs des Jahres geimpft wurden“, sagt Staub. „Studien aus Israel belegen, dass die Wirksamkeit nach sechs bis acht Monaten abnimmt.“ Deshalb sei es sehr wichtig, dass Personen, die eine Drittimpfung angeboten bekommen, diesen Termin auch wahrnehmen. Impfstoff und die nötige Logistik seien vorhanden, versichert Lenert. Auch könne die Wiedereröffnung der Impfzentren, die vorerst nur bis Mitte Dezember geplant ist, weiter verlängert werden, falls die Situation es erfordere.
Erhöhtes Alter, erhöhtes Risiko
Der Oberste Rat für Infektionskrankheiten hat am Dienstag eine Booster-Empfehlung für alle Personen ab 65 Jahren und das Personal im Gesundheitssektor herausgegeben. Dadurch soll die Übertragungsrate auf gefährdete Personen weiter verringert und Personalengpässe im Winter vermieden werden. Ein Ansturm auf die Impfzentren ist jedoch kaum zu befürchten. Angaben der Gesundheitsministerin zufolge haben bisher nur 40 Prozent der über 65-Jährigen den dritten Impftermin wahrgenommen. Auch wenn die Gesundheitsministerin es nicht unbedingt klar sagen wollte, kann Paulette Lenert mit dieser Rate nicht zufrieden sein. „Mehr geht immer“, lautet die etwas zerknirschte Antwort auf eine Frage einer Journalistin, ob sie sich mehr erhofft habe. „Es sind aber noch viele dabei, ihre Termine erst zu planen.“
Bisher haben sich übrigens auch nur 30 Prozent der Personen, die bei der Erstimpfung den Johnson-Impfstoff erhalten haben, für eine Boosterimpfung entschieden. Ob die Boosterimpfung demnächst auch für Personen fällig wird, die als Erstimpfstoff das AstraZeneca-Vakzin erhalten haben, ist derzeit noch unklar.
Bei den über 60-Jährigen seien immerhin noch 16 Prozent gar nicht geimpft, beklagte Paulette Lenert auf der Pressekonferenz am Mittwoch. „Diese Personen sind einem starken Infektionsrisiko ausgesetzt“, sagt Lenert. „Deshalb an dieser Stelle noch einmal der Aufruf auch an das Umfeld dieser Personen, sie von einer Impfung zu überzeugen.“ Auch Jean-Claude Schmit appellierte noch einmal an die bisherigen Skeptiker. „Es ist eine Sache, wenn eine Person mit mehreren Krankheiten an Covid verstirbt“, sagt Schmit. „Wenn jedoch 60 bis 70-Jährige an Covid sterben – was mit einer Impfung wohl vermeidbar war – ist das schon weitaus dramatischer.“
Mit Covid-Check durch den Winter
Prognosen, ab welcher Impfrate Luxemburg keine Covid-Maßnahmen mehr brauche, wagte keiner der drei Anwesenden. Auch Dänemark, das Mitte September mit einer Impfrate von 85 Prozent alle Corona-Maßnahmen aufgehoben hatte, müsse wieder reagieren, sagte Paulette Lenert auf der Pressekonferenz. „Der Fehler von Dänemark war, alle Maßnahmen auf einmal aufzuheben“, erklärte Santé-Direktor Schmit im Anschluss an die Pressekonferenz im Gespräch mit dem Tageblatt. „Wir müssen uns eher an Portugal orientieren, dort ist die Lage zurzeit noch sehr ruhig.“ In einem waren sich Lenert und Schmit jedoch einig: Um den Winter zu überstehen, werde man länger als anfangs erhofft am Covid-Check festhalten müssen.
„Das Immunsystem älterer Menschen ist einfach weniger leistungsfähig“, sagt Schmit. Trotzdem gebe es dank der Impfung in den Altersheimen dieses Jahr keine so großen Infektionsherde wie noch vor einem Jahr. Tatsächlich war nur das CIPA in Beles in den vergangenen Wochen mit einem Infektionscluster konfrontiert, der Schmit zufolge jedoch kleiner ausfiel als die Infektionsherde im letzten Jahr. „In dem Altersheim gehen so viele Menschen ein und aus, dass wir unmöglich sagen können, wer das Virus eingeschleppt hat“, so Schmit. Beim Pflegepersonal könnten in puncto Impfungen aber noch einige Anstrengungen unternommen werden, schiebt Schmit hinterher.
Covid-Medikament
Die Ankündigung der französischen Regierung, die dritte Spritze zur Voraussetzung für die weitere Gültigkeit des „Pass sanitaire“ zu machen, wurde auch in Luxemburg registriert. Man wolle sich auf EU-Ebene auf eine einheitliche Regelung verständigen. Das von der französischen Regierung erteilte Moratorium läuft Ende des Jahres aus. Bis dahin wolle man eine einheitliche Lösung gefunden haben, sagte Lenert.
Santé-Direktor Schmit und CSMI-Präsidentin Thérèse Staub äußerten sich im Anschluss an die Pressekonferenz im Tageblatt-Gespräch noch zu den Medikamenten, die derzeit noch gegen Covid-19 entwickelt werden oder bereits im Gebrauch sind. „Vor allem die symptomatische Behandlung mit Cortison ist wichtig“, sagt Schmit. „Zudem hat sich die Beatmungstechnik in den letzten Monaten weiterentwickelt.“ Im Einsatz sei des Weiteren ein monoklonales Antikörper-Medikament, das Donald Trump zur Behandlung von dessen Covid-Erkrankung verabreicht wurde – zu dem Zeitpunkt allerdings noch experimentell. Das derzeit eingesetzte Remdesivir habe nur eine begrenzte Wirksamkeit, so Schmit. Zudem würden derzeit noch zwei weitere Medikamente entwickelt, an denen Luxemburg interessiert sei. Bei dem einen hätten erste Studien ein um 50 Prozent reduziertes Risiko gezeigt, an einem schweren Verlauf zu erkranken oder gar an Covid zu sterben. „Das wäre natürlich phänomenal“, sagt Schmit. Pfizer habe zudem ein Medikament entwickelt, das in einer kleineren Studie ein um sogar 90 Prozent vermindertes Risiko hervorgebracht habe. „Da warten wir aber auf weitere Resultate“, so Schmit.
Ähnliche Bedenken sieht Thérèse Staub bei der Zulassung eines Impfstoffes für Kinder ab fünf Jahren. „Auch wenn die Amerikaner diesen Impfstoff bereits benutzen, warten wir noch auf einige Sicherheitszulassungen. In den USA sei der Kontext zudem ein anderer, da jenseits des Atlantiks auch viele übergewichtige Kinder an Covid gestorben seien – ein Umstand, der so in Europa nicht festzustellen sei.
- Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente - 19. November 2024.
- CSV und DP blicken auf ereignisreiches Jahr zurück - 18. November 2024.
- „déi Lénk“ sieht von „Interessenkonflikten durchsetzte“ Institution - 13. November 2024.
Die „location“ und die „message“ sind den Querköpfen egal. Sie wollen es drauf ankommen lassen. “ In den USA sei der Kontext zudem ein anderer, da jenseits des Atlantiks auch viele übergewichtige Kinder an Covid gestorben seien .“ Es geht doch nicht nur darum fettleibige Kinder zu impfen um ihr Leben zu retten sondern um das Virus durch den „Spreader“ Kind einzudämmen indem man alle impft. Das war sicher auch die Idee der Amerikaner.