Editorial / Liebe Protestler, warum könnt ihr euch nicht an die Vorschriften halten?
„Friedliche Proteste, aber …“: Das scheint immer wieder die Überschrift der Covid-Proteste zu sein. Die Polizisten mussten am Wochenende wieder einmal sechs Demonstranten festnehmen – am vorigen Samstag waren es laut Polizei mehr als 20 gewesen. Und nicht zu vergessen: Vor zwei Wochen stürmten verschiedene Chaoten einen Weihnachtsmarkt. Dann stellt sich die Frage, liebe Protestler, warum ihr nicht auf dieses „Aber“ verzichten könnt. Warum bringt ihr es nicht fertig, euch an die Regeln zu halten, so wie das auch schon Dutzende Demonstrationen vor euch geschafft haben?
Vor zwei Monaten wanderten 1.000 Gewerkschaftler aus Polen friedlich über den Kirchberg. Vor drei Monaten streikten 2.500 junge Menschen gegen eine unzureichende Klimapolitik. Und das alles ohne dieses „Aber“. Niemand verspürte den Drang, von der vorgeschriebenen Route abzukommen, Polizisten mit Böllern zu bewerfen oder nach der Veranstaltung die Straßen der Innenstadt unsicher zu machen. Niemand beschimpfte Polizisten, hämmerte an Schaufenster oder machte Kindern auf dem Weihnachtsmarkt Angst. Die Autoritäten hatten bei den anderen Demonstrationen einen Ansprechpartner, mit dem sie die Route im Voraus definieren konnten. Das war dieses Wochenende nicht der Fall.
Zwischen 400 und 500 Demonstranten hatten sich am Samstag am Bahnhof versammelt, um von dort aus durch die Innenstadt zu laufen. Im Voraus war der Glacis als Ausgangspunkt abgesprochen worden. Am Wochenende davor riefen die Organisatoren während der Veranstaltung spontan dazu auf, nicht den vorgegebenen Korridor zu benutzen, sondern auf dem Glacis zu bleiben. Das Resultat: Die herumstehenden Demonstranten entschieden sich irgendwann, in Richtung Innenstadt zu gehen – wo der Wasserwerfer auf sie wartete. Was ist der Sinn von diesem kindischen Trotz, liebe Protestler?
Ihr habt einen Korridor, wo ihr eurem Unmut Luft machen könnt. Das ist euer gutes Recht und das möchte euch auch niemand wegnehmen. Hier scheint es allerdings nicht darum zu gehen, zu protestieren, sondern zu rebellieren. Diese Rebellenfantasie hört allerdings nicht mit dieser lächerlichen Routenänderung auf, sondern führt dazu, dass – wie vor zwei Wochen – Böller und Flaschen auf Polizisten geworfen werden.
Und ja, natürlich haben sich die meisten Demonstranten friedlich verhalten. Aber wenn sich immer wieder ein nicht unwichtiger Teil der Protestler danebenbenimmt, muss man sich als Teilnehmer und Organisator Fragen stellen – dann reicht ein sanfter Friedensaufruf nicht mehr aus. Vor allem die Schwurbel-Influencer müssen sich fragen, ob die Ausschreitungen nicht auf dem Nährboden ihrer Rhetorik gewachsen sind. Man kann den Rechtsstaat nicht immer wieder öffentlich als bösartige Terrororganisation anprangern und sich gleichzeitig überrascht geben, wenn die eigenen Anhänger dann Polizisten anfeinden.
Die Hauptverantwortlichen predigen zwar halbherzig eine friedliche Vorgehensweise, rufen allerdings im gleichen Atemzug dazu auf, in der Innenstadt „spazieren“ zu gehen, sich wegen 3G krankschreiben zu lassen und die Gesetze teilweise zu brechen. Wenig überraschend also, dass sich viele Demonstranten nicht an die Vorschriften halten. Dann darf man sich allerdings auch nicht wundern, wenn man mögliche Sympathisanten vergrämt.
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