Die Lage im Horeca-Sektor / „Lieber arbeiten als unterstützt werden“
Zweifellos ist der Horeca-Bereich, also jener der Hotels, Restaurants und Cafés, der am schlimmsten betroffene Sektor der Corona-Krise. Trotz massiver staatlicher Unterstützung wird die Lage von den Gaststättenbetreibern als katastrophal empfunden; das subjektive Empfinden ist dabei noch schlimmer als die schon nicht rosige objektive Lage, weiß François Koepp, Generalsekretär des Horesca-Verbands, zu berichten.
Die Lage der Wirte und auch die Situation der geschlossenen sozialen Treffpunkte, die Gaststätten nun mal sind, hat dabei viel Solidarität ausgelöst. Erst am Mittwoch zeigte der OGBL und sein Syndikat Nahrung, Genuss und Gaststätten („alimentation et hôtellerie“) Verständnis für die Lage der Branche, verwies auf die zwei Zwangsschließungen der Unternehmen (vom 15. März bis zum 29. Mai und erneut seit dem 26. November 2020), die, wegen der Distanzregeln, umsatzschwächere Zeit dazwischen sowie auf die Kosten der Investitionen in Covid-Maßnahmen. Die Gewerkschaft begrüßt in dem Kontext die staatlichen Unterstützungen und fordert, dass diese auch künftig in ausreichender Höhe und schnell ausgezahlt werden müssten, um einen Kahlschlag bei den zehntausenden von Arbeitsstellen in dem Bereich zu verhindern. Der OGBL bedauert allerdings, dass die staatlichen Zuwendungen bislang noch nicht an eine Jobgarantie für die Beschäftigten gekoppelt sind.
„Horeca-Dësch“ soll zusammenkommen
In diesem Zusammenhang regt der OGBL das Treffen eines „Horeca-Dësch“ an und zeigt sich bereit zur Aushandlung eines sektoriellen „Plan de maintien dans l’emploi“. Ein erstes Treffen mit der Horesca habe im Dezember stattgefunden, so das Syndikat, das nun ein zweites Treffen mit dem Verband anfragt. Die Gewerkschaft möchte auch weiter bei der Regierung intervenieren und sich für weitere Unterstützungen starkmachen.
Weitere Unterstützungsmaßnahmen sieht auch die Horesca als dringend notwendig an. Wenn der Verband, wie dessen Generalsekretär François Koepp uns gegenüber erklärte, auch die Argumentation von Gesundheitsministerin Paulette Lenert wenigstens teilweise verstehe (in Restaurants und Gaststätten muss notgedrungen die Maske zum Verzehr abgenommen werden und es wird viel miteinander geredet …), so verweist er doch auf die schwierige Lage der Betriebe, die nur mit weiterer Unterstützung die Krise bewältigen könnten.
Er sieht die Situation aber etwas nuancierter als einer seiner Vorgänger. Jean Schintgen, langjähriger Generalsekretär der Horesca, hatte vor wenigen Tagen in einem offenen Brief scharf darauf hingewiesen, dass die Branche alles gemacht habe, was von ihr verlangt wurde, es aber keine Zahlen gebe, dass die Ansteckungsgefahr in Gaststätten mit Sitzplätzen höher sei als die in Schulen, Bussen, Flugzeugen, Supermärkten, beim Sport, im Theater usw. und die Kontrolle in den Horeca-Betrieben einfacher sei als anderswo. Schintgen schrieb weiter, wäre er nicht pensioniert, so garantiere er, dass er seinen Betrieb nicht geschlossen hätte und bis zur letzten Instanz für dessen Öffnung gekämpft hätte.
Koepp verweist hingegen auf die fruchtbaren Gespräche mit der Regierung. Noch am Dienstag habe es Unterredungen mit Arbeitsminister Dan Kersch und Mittelstandsminister Lex Delles gegeben, bei denen dem Verband versichert wurde, dass die Wartezeiten auf die Rückzahlungen des Kurzarbeitergeldes seitens der Arbeitsagentur ADEM auf zwei bis maximal vier Wochen verkürzt würden. Eine erste administrative Anstrengung hat bereits eine Verkürzung von ursprünglich neun auf vier Wochen gebracht.
Überforderte Buchhalter
Allerdings müssten auch die Wirte ihren Verpflichtungen nachkommen. So hätten der ADEM im November 1.380 Dossiers zur Kurzarbeit vorgelegen; knapp 800 Betriebe seien ausbezahlt worden, aber bei 580 Fällen fehlte die Abrechnung über die tatsächlich geschuldeten Arbeitsstunden, sodass nicht ausbezahlt werden konnte. Während anderen Monaten sei die Quote der Anfragen noch schlechter gewesen.
Koepp verweist in dem Zusammenhang auf die knappe Personalbesetzung des Verbands, der nur vier Mitarbeiter zählt, und die vergleichsweise geringen Mitgliedsbeiträge in Luxemburg. Wäre die Horesca in einer ähnlichen Lage wie vergleichbare europäische Verbände, bei denen die Mitgliedschaft obligatorisch ist und die vierstellige Jahresbeiträge einziehen können, so wäre eine weitreichendere technische Unterstützung der Betreiber möglich, so aber liege das Hauptaugenmerk auf politischem Engagement. Hinzu kommt, dass nur ein Bruchteil der Wirte Mitglied sind, bei den Restaurantbetreibern hingegen liegt der Organisationsgrad bei etwa zwei Dritteln und von den Hotelbetreibern ist fast keiner Nicht-Mitglied.
Auf die Frage, ob die Buchhalter, die „fiduciaires“, die von den meisten Betrieben auch zum administrativen Verkehr mit den Behörden genutzt werden, zurzeit überfordert seien, meint der Generalsekretär, dies könne sein, es liege aber an den Betrieben, Druck zu machen und sich nicht einem „laisser-aller“ hinzugeben.
Auch der Anregung, die Informationen stärker in portugiesischer Sprache unter die Wirte zu verteilen (viele Gaststätten werden von portugiesischsprachigen Mitbürgern betrieben), verschließt sich Koepp nicht. Diese Aufgabe könne die Horesca allerdings nicht bewältigen; hierfür müsse schon das Mittelstandsministerium sorgen.
Einzelne Wirte über Möglichkeiten verwundert
Er erlebe es immer wieder, dass Wirte, denen er die Möglichkeiten aufzählt, bis zu 15.000 Euro beim Staat einzufordern, komplett überrascht seien und mit Tränen der Dankbarkeit reagierten. Gemeinsam mit anderen Gaststättenverbänden habe die Horesca auf europäischer Ebene die „Aide aux frais non-couverts“ eingefordert. Die Kommission, die offensichtlich eine falsche Einschätzung der Lage gehabt habe und die Hilfen für die Gaststätten zum Jahreswechsel einstellen wollte, habe eingelenkt und auch diese Hilfen würden nun existieren und in Luxemburg ausgezahlt werden. Doch auch hier gelte, dass die Betriebe initiativ werden müssen.
Die Horesca wolle nicht zu stark lamentieren, verweist aber auf die weiterhin dramatische Lage (übrigens auch in den Hotelbetrieben, die zurzeit weder Geschäftskunden noch Touristen empfangen) und wünscht sich nach Auslaufen des ersten 50-Euro-Übernachtungsgutscheins für Einwohner und Grenzgänger, der nach den Osterferien (18. April) seine Gültigkeit verlieren wird, ein weiteres Ticket zur Nutzung in den Gaststättenbetrieben sowie weitere direkte finanzielle Unterstützung. In dem Sinn werden kurzfristig Gespräche mit Finanzminister Pierre Gramegna und Wirtschaftsminister Franz Fayot geführt werden.
Ganz allgemein wünscht sich der Generalsekretär aber klare Perspektiven für die Branche, schon allein aus psychologischen Gründen. „Wenn wir noch länger schließen müssen“, so Koepp, „dann soll die Regierung uns das sagen und nicht etappenweise auf eine mögliche Wiedereröffnung vertrösten, die dann nicht eingehalten wird …“
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