„Um Lauterbann“ / LIH-Virologe Claude Muller fordert Aufklärung des Clusters im Niederkorner Altersheim
In dem Niederkorner Altersheim „Um Lauterbann“ gab es in den vergangenen Wochen insgesamt 84 Coronavirus-Infektionen und 22 Todesfälle. Im Gespräch mit dem Tageblatt erklärt der Luxemburger Virologe Claude Muller, warum es so wichtig ist, die Umstände des Clusters genau zu untersuchen.
Das Seniorenheim „Um Lauterbann“ in Niederkorn hat in den vergangenen Wochen für viele Diskussionen gesorgt. Grund dafür sind die Vielzahl an Coronavirus-Infektionen und damit zusammenhängende Todesfälle in der Einrichtung. Insgesamt erkrankten dort 84 Menschen an Covid-19, 22 davon starben. Eine exakte Begründung, warum das Heim so stark getroffen wurde, gibt es bislang nicht – lediglich Erklärungsversuche.
Claude Muller, Virologe beim „Luxembourg Institute of Health“ (LIH), sagt, dass man nicht feststellen könne, was genau zu diesem Ausbruch geführt hat, solange der Fall nicht genau untersucht werde. „Man müsste dort ein Line-Listing für jede einzelne Person anlegen, mit dem die wichtigen Faktoren erfasst werden – zum Beispiel Zeitpunkt und Ergebnis des Tests, Zeitpunkt der Impfung und der ersten Symptome und so weiter“, sagt Muller. Das sei für jeden Bewohner oder Mitarbeiter nötig, um das Geschehen zu verstehen. Insgesamt bezeichnet er die Sterberate von etwa 25 Prozent in Niederkorn nicht wirklich außergewöhnlich, im Vergleich zu den 22 Prozent der Infizierten, die während der ersten Welle in Luxemburgs Altersheimen starben. Dennoch bedürfe es definitiv einer Untersuchung der Vorkommnisse, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Impfung.
Immunität baut sich bei Älteren langsamer auf
Muller äußert sich zudem zu einer Empfehlung, die er kürzlich in einem Tageblatt-Interview geäußert hatte. Darin sagte er: „Zuerst sollte immer dort, wo ein Outbreak ist, geimpft werden. Einrichtungen, in denen mindestens ein Fall auftritt, müssen meiner Meinung nach prioritär und sofort durchgeimpft werden.“ In dem Niederkorner Altersheim gab es einen positiven Test bei einem Bewohner, als am selben Tag 143 von 150 anwesenden Bewohnern und 80 Mitarbeiter geimpft wurden. Das Altersheim hatte also unbewusst genau den Rat des Virologen befolgt – dennoch gab es wenige Tage später auf einen Schlag 53 positive Testergebnisse. Laut Muller könne es verschiedene Gründe haben, warum das Impfen den Cluster nicht verhindert habe.
„Wie schnell die Immunität bei einem Menschen entwickelt wird, hängt maßgeblich davon ab, welcher Impfstoff ihm verabreicht wird“, erklärt Muller. Bei einer Pfizer/Biontech-Impfung sei schneller eine Immunität aufgebaut als zum Beispiel bei einer Impfung mit AstraZeneca. Aufgrund der explodierten Zahlen müsse man davon ausgehen, dass die meisten bereits zum Zeitpunkt der Impfung in der frühen Inkubationsphase waren und deshalb nicht positiv getestet wurden. Hinzu komme noch, dass mindestens eine Untersuchung aus einem Altersheim in Dänemark nahelege, dass die Immunität bei älteren Menschen deutlich langsamer aufgebaut wird als bei jüngeren. Vor allem zwischen der ersten und zweiten Impfung – auch beim Pfizer/Biontech-Impfstoff. Dieser wurde laut der Antwort der „Santé“ auf eine Tageblatt-Anfrage auch in Niederkorn verwendet.
Muller: beim Auftreten eines Clusters sofort durchimpfen
Seine Empfehlung zum schnellen Durchimpfen im Fall eines Clusters zum Beispiel in einem Altersheim sieht Muller weiterhin als richtig an. „Das führt mindestens dazu, dass die Menschen, die sich erst später in der Transmissionskette anstecken, gegebenenfalls vor einem schweren oder tödlichen Verlauf geschützt werden könnten – und das ist es wert“, sagt der Virologe.
Einen weiteren Hinweis liefert der Nachweis mehrerer Virusvarianten in der Einrichtung. Laut „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit auf der Pressekonferenz am Dienstag sind mindestens vier verschiedene Varianten gefunden worden. Das bedeutet Muller zufolge, dass das Virus mehrfach und über verschiedene Infektionswege in das Altersheim eingebracht wurde und dieses sich dann schnell verbreiten konnte. Das werfe kein gutes Licht auf die Schutzmaßnahmen beim Zugang und innerhalb des Seniorenheims.
Unklarheit bei Impfquote unter den Pflegekräften
Wer genau sich beim Pflegepersonal impfen lässt, dazu gibt es in den Luxemburger Pflegeeinrichtungen laut Familienministerin Corinne Cahen generell keine Listen – die dürfte die „Santé“ aus Datenschutzgründen nicht an die Heime herausgeben. Zudem könnten sich die Pflegekräfte auch unabhängig von den Impfaktionen in den Einrichtungen zum Beispiel in einem Impfzentrum impfen lassen, ohne dass der Arbeitgeber davon Kenntnis hat. Man könne zwar bei den Mitarbeitern einzeln nachfragen – aber da die Entscheidung über die eigene Impfung Privatangelegenheit sei, müsse man dies dem Arbeitgeber nicht mitteilen. Marc Fischbach, der Präsident des Luxemburger Dachverbands der Pflegedienstleister Copas, sagte am Freitagmorgen in einem RTL-Interview ebenfalls: „Wir können beim besten Willen nicht sagen, wer in unseren Häusern geimpft ist.“ Zu der Anmerkung, dass sich bisher nur 51 Prozent des Personals im Pflegesektor haben impfen lassen, sagt Fischbach: „Das sind unüberprüfbare Zahlen der ‚Santé‘.“
Muller sagt, dass es zum Verhindern von Clustern wie in Niederkorn unabdingbar sei, dass das gesamte Personal in den Einrichtungen geimpft werde. In anderen Ländern sei es schon lange gängige Praxis, dass Angestellte ohne bestimmte Impfungen gar nicht erst mit gefährdeten Menschen arbeiten dürfen. „Das hat auch gar nichts mit einer Impfpflicht zu tun“, erklärt Muller. „Das heißt einfach nur: Wer keine Impfung will, kann eben nicht mit Menschen arbeiten, die dadurch gefährdet sein können. Wer keinen Führerschein machen will, darf auch nicht Auto fahren.“
- Montag könnte der erste Schnee nach Luxemburg kommen – Sturmpotenzial ab Dienstag - 14. November 2024.
- Regierung bestätigt laut „déi gréng“ Kürzung bei medizinischem Cannabisprogramm - 13. November 2024.
- „Mischo gefährdet den sozialen Frieden“: Gewerkschaften verlassen Ausschusssitzung vorzeitig - 8. Oktober 2024.
Pro-activ ass a wor d’Madame Corinne CAHEN bis elo nach nett. Wann de Virolog Clauce Muller seet dat et en gängeg Praxis an aneren Länner ass dat nett geimpfte Personnal net därf mat vulnerabelen Leit schaffen esou huet d’Madame CAHEN, awer och d’Aministrateuren vun den Heimer an d’Santé nett genug Iwerzeegonsarbecht geleescht. Dat kann een awer nach emmer gutt machen.
Si sëtzen ëmmer all an der Entrée ze flutschen, wou all Mënsch laanscht geet, kee Wonner, dass déi sech all ustiechen, et ass e Mini-Altersheim.
„(…) bezeichnet er die Sterberate von etwa 25 Prozent in Niederkorn nicht wirklich außergewöhnlich, im Vergleich zu den 22 Prozent der Infizierten, die während der ersten Welle in Luxemburgs Altersheimen starben.“ – interessant, diese 22% waren mir so als info bisher nicht bekannt.
der gesamtprozentsatz tote-infizierte liegt derzeit bei 1,22% … 22 und 25% zeigen also, dass die alten mitmenschen definitiv sehr sehr vulnerabel sind. wurde wirklich alles/genug getan, um diese kategorie der bevölkerung wirksam zu schützen??
die 22% stammen laut muller von der 1.welle, man war also mehr als hinreichend gewarnt … aber so unvorbereitet wie LUX und ganz europa in die doch von allen prophezeite 2.welle reingerannt ist … ich glaube ich will die sterberate der 2.welle in den altenheimen lieber gar nicht erst wissen …
Aufklärung ist so wie das Fallen um das Gehen zu lernen, oder ?
Ech hunn leschtens folgendes Saatz gelies.
Amerika hat das Silicon Valley und Europa hat die Datenschutzverordnung.
Den Auteur huet iwert d’Versooen vun Europa an der Pandemie geschwaat.
Mir hun lauter Reguléierer an Bedenkenträger.
Iwregens laafen e.a. dowéint ons Responsabeler och wéi Hinger durchenaaner wann d’Greta seng Elucubrationen erauspiinscht.
Daat ass jo grad esou wéineg normal.
@jacques: Dir schreiwt „Dat kann een awer nach emmer gutt maachen.“ Wéi wëllt Dir dann 22 Doudesfäll rem „gutt maachen“…?