Die Wahlen aus Escher Sicht / Liz Braz: „Die Grünen haben sich in Esch verkalkuliert“
In Esch ist die LSAP um Liz Braz der große Gewinner der Europawahl, während die Grünen regelrecht einbrachen. Die Affäre Pim Knaff ging nicht spurlos an den Koalitionsparteien vorbei, während die ADR ihren Vormarsch fortsetzte. So lautet das Fazit der Wahlen aus Escher Sicht.
Wie hat Esch bei den Europawahlen abgestimmt und wie passen die Resultate zu den Entwicklungen der letzten Wahlen? Eine Antwort auf diese Fragen ist nicht einfach, denn der Vergleich von Ergebnissen unterschiedlicher Wahlen ist immer auch ein wenig Zahlenspielerei. Bei Europa- und Parlamentswahlen spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle, wie die Listen zusammengestellt wurden und wie prominent sie besetzt sind. Und wie viele Escher dabei sind. Schlüsse kann man nach drei Wahlen binnen zwölf Monaten aber allemal ziehen. Für Esch lauten sie: Die LSAP ist auf dem besten Weg zurück zu alter Stärke, während die CSV seit der Übernahme des Bürgermeisterstuhls 2017 stagniert beziehungsweise leicht verliert. Die DP litt unter der Affäre um Pim Knaff, während den Grünen die aktuelle Koalition nicht guttut. Die ADR macht in Esch seit 2017 Boden gut, während es bei „déi Lénk“ in die andere Richtung geht. Ähnliches gilt für die Piraten.
Strahlende Siegerin der Wahlen in Esch war eine Kandidatin aus Esch: Liz Braz fuhr mit 3.558 Stimmen das beste Resultat in ihrer Heimatstadt ein und platzierte sich genau wie in Differdingen, Petingen, Rümelingen und Kayl vor dem alten und neuen EU-Parlamentarier der Sozialisten, Marc Angel. „Der zweite Sitz wäre die Kirsche auf dem Kuchen gewesen, aber so ist unser Wahlsystem. Wir haben als LSAP verlorenen Boden zurückerobert. Ich hoffe, dass wir in fünf Jahren daran anknüpfen können“, sagt Braz dem Tageblatt.
Als Gesamt-Zweite auf der LSAP-Liste schrammte Braz an einem Sitz im Europaparlament vorbei. „Ich hätte auf einen dritten Platz spekuliert. Ich bin bei meiner eigenen Einschätzung immer etwas vorsichtig. Vielleicht ist es an Zeit, etwas weniger naiv darin zu sein“, so Braz lachend. „Es ist schon überwältigend, diese Bestätigung zu bekommen. Und es bringt Selbstvertrauen, sich als junge Politikerin durchsetzen und durchbeißen zu können“. Bei den Gemeindewahlen schaffte die 27-Jährige aus dem Stand als Listen-Zweite hinter Spitzenkandidat Steve Faltz den Einzug in den Gemeinderat, im Oktober folgte der Einzug ins Parlament.
Kompatibel mit Gemeinderat
Der Sitz im Europaparlament wäre übrigens mit dem Escher Gemeinderat kompatibel gewesen. „Den hätte ich auch im Falle des Falles beibehalten“, sagt Braz, „aber ich bin sehr glücklich, dass Marc (Angel; Anm. d. Red.) weitermachen kann, zumal ich mich in der nationalen und lokalen Politik mittlerweile richtig wohlfühle. Und ich freue mich nun, mich hundertprozentig auf meine Mandate konzentrieren zu können, ohne dass ein Wahlkampf dazwischen kommt. Wir gehen erst 2028 wieder wählen … außer in Esch gibt es Neuwahlen, was ich begrüßen würde in Anbetracht dessen, was im Moment hier läuft.“
Neuwahlen wird es in Anbetracht der Nibelungentreue, die die Escher Mehrheitsparteien CSV, „déi gréng“ und DP dem wegen schweren Steuerbetrugs verurteilten Pim Knaff vergangene Woche schworen, wohl nicht geben. Dennoch schadete die kurz vor den Europawahlen bekannt gewordene Affäre den Escher Koalitionären mit ziemlicher Sicherheit am Sonntag an der Wahlurne. Während die CSV stagnierte, ging es für die DP im Vergleich zu 2019 mit 2,6% bergab. Die Grünen waren 2019 noch stärkste Kraft in Esch bei den Wahlen zum EU-Parlament, wobei damals auch die Lokalmatadoren Martin Kox und Christian Kmiotek für die Partei antraten. Meris Sehovic war 2019 sogar Co-Spitzenkandidat, hatte aber noch recht wenig mit Esch zu tun. Im Vergleich zu 2019 halbierte sich der Stimmenanteil der Grünen in Luxemburgs zweitgrößter Stadt (von 20,5 auf jetzt 10,2%).
Große Wut auf die Grünen
Die 10,2% sind allerdings auch eine deutliche Verbesserung zu den 6,8%, mit denen die Grünen in Esch bei der Parlamentswahl im letzten Oktober abgestraft wurden. Trotzdem bleibt unter dem Strich: Die Grünen sind die großen Verlierer der Wahlen der vergangenen zwölf Monate im Vergleich zu den Wahlen von 2017 bis 2019. Das lässt den Schluss zu, dass ihnen die Koalition mit den Mitte-rechts-Parteien CSV und DP nicht guttut. „Die Grünen haben sich in Esch verkalkuliert, als sie gemeint haben, sie könnten hinter Pim Knaff stehen und die Sache damit verharmlosen. Ich denke, sie haben damit eine große Wut beim Wähler ausgelöst. Auch die Art und Weise, wie sich die Koalition in Esch nach den Gemeindewahlen formiert hatte, haben die Wähler nicht vergessen (CSV, DP und Grüne saßen schon zu Koalitionsverhandlungen zusammen, als das Resultat des letzten Wahlbüros noch fehlte; Anm. d.Red.). Auch die Arroganz nach den Nationalwahlen hat den Grünen geschadet. Da haben sie bei jedem den Fehler gesucht, nur nicht bei sich“, fasst Liz Braz zusammen.
Braz ist es auch, die die Top 10 bei den Einzelergebnissen in Esch anführt. Auf den ersten sechs Plätzen finden sich die sechs Kandidaten der LSAP wieder, was auch an den vielen Listenstimmen liegt. Erst dann folgen die Kandidaten von CSV und DP, wobei die Escherin Amela Skenderović (DP) als Elfte mit 1.610 Stimmen ein gutes Resultat einfuhr. Ganz im Gegensatz zur Grünen-Spitzenkandidatin Tilly Metz, die im Vergleich zu 2019 ein Drittel ihrer Stimmen einbüßte und im „Escher Ranking“ nur Platz 14 belegt. Immerhin platzierte sie sich noch vor ADR-Spitzenkandidat Fernand Kartheiser, der seinerseits seinen Stimmenanteil in Esch im Vergleich zu 2019 verdoppeln konnte und Gesamt-16. wurde (siehe Grafik).
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