/ London will beim Brexit nachverhandeln, Brüssel aber nicht
Die britische Premierministerin Theresa May soll in Nachverhandlungen über das Brexit-Abkommen in Brüssel eine Änderung des sogenannten Backstop erreichen. Eine Mehrheit der Abgeordneten stimmten am Dienstagabend (29.1.) im Unterhaus für einen entsprechenden Antrag. In der EU wurde dem Vorhaben allerdings bereits vorher eine Absage erteilt.
Theresa May erhielt gestern Abend, was sie sich vom britischen Unterhaus wünschte: „eine möglichst klare Botschaft, was dieses Haus will“. Diese Botschaft hatte der Tory-Abgeordnete Graham Brady in einem Änderungsantrag formuliert, der gestern Abend von einer Mehrheit von 317 gegen 301 Stimmen von den Abgeordneten angenommen wurde.
Der Antrag sieht vor, dass die im Brexit-Abkommen enthaltene Notfall-Lösung (Backstop) zur Vermeidung einer harten Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland durch eine alternative Abmachung ersetzt werden soll. Dann würde das britische Parlament für das so geänderte Abkommen stimmen, um einen EU-Austritt des Vereinigten Königreiches ohne Vertrag, einen No-Deal-Brexit, zu vermeiden.
Nach der Abstimmung erklärte May, dass sie „legal verbindliche Änderungen am Abkommen“ herbeiführen wolle. Sie schränkte allerdings ein: „Die Verhandlungen werden nicht einfach werden.“ Denn in der EU bestehe „wenig Appetit“ auf Neuverhandlungen. Dies wurde im Laufe des Tages von mehreren Politikern wiederholt deutlich gemacht. Allen voran vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der in Zypern eine Wiederaufnahme der Verhandlungen über das Brexit-Abkommen ausgeschlossen hat. Gestern Abend ließ auch der Präsident des Europäischen Rates, Donald Tusk, über seinen Sprecher mitteilen, dass jegliche Nachverhandlungen über den Austrittsvertrag abgelehnt werden.
Kein No-Deal-Brexit
Theresa May hatte bereits am Nachmittag erklärt, dass sie Änderungen am Abkommen durchsetzen wolle und dieses am 13. Februar dem Unterhaus zur Abstimmung vorlegen werde. Doch die britische Premierministerin steht nun vor einer unmöglichen Aufgabe, die der Vorsitzende der Liberalen im Unterhaus, Vincent Cable, auf den Punkt brachte.
May habe einen widersprüchlichen Auftrag erhalten. Zum einen sollte sie verhindern, dass es zu einem No-Deal-Brexit kommt. Zum anderen sollte sie dafür einen Kurs einschlagen, der geradewegs darauf zusteuert.
Dass es dazu kommen konnte, liegt an einer neuerlichen Schlappe, die May gestern Abend hatte einstecken müssen. Denn die Abgeordneten stimmten ebenfalls dem Änderungsantrag der Konservativen Caroline Spelman zu, der die Regierung dazu aufruft, einen No-Deal-Brexit zu verhindern.
Corbyn zeigt sich gesprächsbereit
318 stimmten dafür (darunter offenbar 17 Tory-Abgeordnete) und 310 dagegen. Theresa May wollte sich die Möglichkeit für Großbritannien offen halten, die EU auch ohne einen Vertrag zu verlassen. Daher forderte sie die konservativen Abgeordneten auf, gegen den Antrag zu stimmen. Damit hätte sie weiterhin ein Druckmittel gegen die EUStaaten in der Hand und wäre selbst nicht der Notwendigkeit ausgeliefert, unbedingt ein Abkommen im Unterhaus durchzubringen.
Der Vorsitzende der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, hatte ebenfalls einen Antrag mit dieser Forderung eingebracht. Dieser fiel jedoch durch, da er ebenfalls eine permanente Zollunion mit der EU forderte. Dennoch zeigte sich Corbyn nun bereit, mit der Premierministerin über das weitere Vorgehen im Brexit-Prozess zu reden. Bisher hatte er sich geweigert.
Auch andere Änderungsanträge wurden gestern Abend abgelehnt, darunter die Forderung, den Austrittstermin vom 29. März auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um einen No-Deal-Brexit zu vermeiden. Angesichts der Weigerung der britischen Abgeordneten, anzuerkennen, dass in der EU niemand bereit ist, das ausverhandelte Abkommen noch einmal aufzuschnüren und Nachverhandlungen anzusetzen, dürfte es jedoch auf einen No-Deal hinauslaufen.
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