Afghanistan / LSAP-Minister Franz Fayot: Luxemburger Entwicklungshilfe wird nicht sofort eingestellt
Der Rückeroberung Afghanistans durch die Taliban stürzt das Land ins Chaos. Aus diesem könnte schon bald eine humanitäre Krise erwachsen, warnt Michael Feit von Caritas Luxembourg. Franz Fayot, Luxemburgs Minister für Entwicklungszusammenarbeit, kündigt gegenüber dem Tageblatt Folgendes an: Die Entwicklungshilfe für Afghanistan wird vorerst nicht eingestellt.
Die Ereignisse überschlagen sich, seitdem die Taliban Afghanistan unter ihre Kontrolle gebracht haben. Lediglich der Flughafen in Kabul wird noch von US-Soldaten gesichert, um Botschaftspersonal auszufliegen und Ortskräften sowie Teilen der lokalen Bevölkerung die Flucht vor dem islamistischen Regime zu ermöglichen, das die Taliban etablieren wollen. Mit der Machtübernahme der Extremisten bahnt sich neben einer prekären Menschenrechtslage auch eine humanitäre Katastrophe an. Aus der Machtübernahme der Taliban will Entwicklungshilfeminister Franz Fayot (LSAP) jedoch keine voreiligen Schlüsse ziehen – und erst mal abwarten. „Wir werden unsere Entwicklungsarbeit vorerst nicht einstellen“, sagt er am Mittwoch auf Tageblatt-Anfrage. „Wir werden aber darauf achten, ob und inwiefern sich die Taliban an all den Menschen vor Ort rächen wollen, die in den vergangenen Jahren mit dem Westen kooperiert haben.“
Luxemburg zeigte nicht nur militärisch Präsenz am Hindukusch: Seit 2001 leistet das Großherzogtum Entwicklungshilfe in Afghanistan. „Wie alle anderen Akteure befinden wir uns im Unklaren, keiner weiß so recht, wie es weitergeht“, sagt Fayot. Niemand wisse, wie sich die Taliban in Zukunft verhalten werden und ob die Projekte mit Luxemburger Beteiligung überhaupt noch durchgeführt werden können. „Wir haben eine ähnliche Situation wie in Mali oder auch Myanmar. Neben der unklaren politischen Situation müssen wir natürlich auch auf die Menschenrechte und insbesondere auf die Rechte der Frau achten“, sagt Fayot.
47,5 Millionen Euro hat Luxemburg nach Angaben von Fayot seit 2001 in die Entwicklungshilfe in Afghanistan investiert. „Wir sind mit mehreren Projekten auf bi- und multilateraler Ebene in Afghanistan aktiv“, sagt Fayot. „Mit einem Projekt in den afghanischen Grenzregionen unterstützen wir den Ausbau des Trinkwassernetzes und den Aufbau von Toiletten und Latrinen.“ Ein weiteres von Luxemburg unterstütztes Projekt widme sich der Lebensmittelsicherheit armer Familien.
Caritas Luxemburg kämpft gegen Tuberkulose
Auch der Luxemburger Ableger der katholischen Hilfsorganisation Caritas betreut ein Projekt, das mit staatlichen Mitteln finanziert wird. Seit 20 Jahren ist Caritas Luxembourg in Afghanistan tätig, seit zehn Jahren widmet sich die Organisation vor Ort speziell der Tuberkulosebekämpfung. „Wir betreiben mit drei deutschen NGOs und einer lokalen Partnerorganisation acht Spitäler in Afghanistan“, sagt Michael Feit von Caritas Luxembourg gegenüber dem Tageblatt. Aus Sicherheitsgründen will der Mediziner den Namen der lokalen Partnerorganisation nicht in der Zeitung lesen. Sieben der medizinischen Betreuungseinrichtungen liegen im afghanischen Zentralgebirge zwischen Herat und Ghazni, die achte befindet sich im Norden Afghanistans in der Stadt Mazar-i Sharif. Der Schwerpunkt der internationalen Kooperation liege auf der Erkennung einer Tuberkulose-Erkrankung und ihrer Behandlung. Auch in fünf Gefängnissen habe man sich der Problemerkrankung gewidmet. Ähnlich wie beim Corona-Contact-Tracing versuche das Konsortium, Tuberkulosekranke zu entdecken und zu isolieren und somit Übertragungswege zu brechen. „Wir behandeln aber auch andere medizinische Probleme“, erklärt Feit.
Der Durchmarsch der Taliban bringt die Arbeit der NGOs nun in Gefahr. „Die Arbeit geht theoretisch weiter, doch die Präsenz der Taliban hat natürlich sehr große Auswirkungen auf unsere Arbeit“, sagt Feit. Die Frauenrechte seien stark eingeschränkt worden, wodurch auch keine Mitarbeiterinnen mehr eingestellt werden können. Zwei internationale Berater habe man bereits Ende Juli abgezogen. „Von den Leuten unserer lokalen Partnerorganisation haben wir seit 48 Stunden nichts mehr gehört“, sagt der Caritas-Arzt. „Ein Teil ist nach Kabul geflohen, in den ländlichen Gebieten haben sie sich entschieden, vor Ort zu verbleiben.“ Ein internationaler Caritas-Berater habe ebenfalls beschlossen, in Afghanistan zu bleiben. Das Projekt werde nun wohl auch teurer werden.
Von den Leuten unserer lokalen Partnerorganisation haben wir seit 48 Stunden nichts mehr gehörtCaritas Luxembourg
Wie geht die Arbeit denn jetzt weiter? „Materiallieferungen nach Afghanistan sind derzeit ausgesetzt. Die Krankenhäuser versuchen aber, ihre Arbeit mit dem verbliebenen Material fortzusetzen“, sagt Feit. Theoretisch sollen die Türen der Kliniken geöffnet bleiben, wenn auch ersten Berichten zufolge viel weniger Patienten – und keine einzige Frau mehr – den Weg dorthin gefunden haben, seitdem die Taliban den Großteil der afghanischen Provinzen unter ihre Kontrolle gebracht haben. Auch die Kommunikation mit den Ortskräften gestaltet sich laut Feit zunehmend schwierig. „Die lokalen Mitarbeiter wollen derzeit nicht kontaktiert werden – aus Angst, sich dadurch zu exponieren.“
Die Prognose des Caritas-Arztes sieht düster aus. „Wir wissen nicht, wie die Taliban sich verhalten werden. Ich denke aber, dass sich die Lage über die kommenden Monate stark verschlechtern wird“, sagt Feit. Die Wirtschaft und der Ackerbau werden zum Erliegen kommen, im Winter drohe eine Hungersnot, meint der Caritas-Experte. „Wir sind jetzt in der Verantwortung, den Menschen beizustehen. Wir fordern deshalb eine klare Aussage aus dem Außenministerium, ob wir die Entwicklungshilfe einstellen oder unsere Arbeit dort fortführen können“, sagt Feit am Dienstag. Die Ankündigung aus dem Entwicklungshilfeministerium, die Arbeit vorläufig fortsetzen zu wollen, wurde am Mittwoch mit Freude aufgenommen. Auch die rezenten Ankündigungen der Taliban würden eine einstweilige Fortsetzung der Arbeit ermöglichen. „Ob man den Aussagen nun Glauben schenken kann oder nicht, sei dahingestellt“, sagt Feit. Insgesamt habe man jedoch eine erste Basis, um die Arbeit in Afghanistan fortsetzen zu können.
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Der gute Molière hatte schon damals mit der Behauptung recht , dass man vielen Menschen ihre Fehler abgewöhnen könne indem man sie lächerlich mache . . Heute jedoch muss man Ionescu zustimmen der sagt , wer sich an das absurde gewöhnt ,findet sich in unserer Zeit gut zurecht .
humanitäre Krise?
Ereignisse wie Naturkatastrophen, Bürgerkriege oder Epidemien sind humanitäre Krisen, hier ist der Bürgerkrieg ja schon vorbei und die Menschen die gegen die Taliban-Regierung sind, werden jetzt als Dissidenten und Kollaborateure mit der Besatzungsmacht angesehen, genau wie wir das nach dem Krieg gemacht haben.
Normale Leute werden das Land verlassen, im Vatikan wohnen auch nicht viele Atheisten.
Die Frage ist doch wohl wieviel Entwicklungshilfe denn Luxemburg bisher in Afghanistan verschleudert hat? oder! errare humanum est, sed perseverare diabolicum…sagt der Lateiner wohl dazu!
D‘ Guddheet ass e Steek vun der Dommheet, mir sin net weit vun der Dommheet. Neischt Neits, mee et ass deier.
Loss mer weider Konten vun de Taliban fellen well 80 Prozent vu denen Hellefen landen nie un der Adress vun deenen deie ett brauchen
Déi Kommentaren hei sinn onerdréiglech. Ween schreift Entwécklungshellef géif d‘Konten vun den Taliban fëllen huet null Anung wéi dat ofleeft. Ween dat Vollek elo alleng léisst, dreift seng Jugend an d‘Hänn vun den Taliban. All Sous deen mer do investéieren kréie mer dausend mol zréck, wann déi Leit hanno net als Flüchtling virun onser Dier stinn. Geff engem Hongregen ee Steck Brout, an hien ass fir een Dag sat. Weis engem Hongrege wéi ee Brout baakt an ass säin liewe laang sat. Genee dat muss geschéien an dofir suergen all déi sellegen ONGen vun de Lëtzebuerger Entwecklungshellef mat vill Haerzblutt a Kompetenz. Mir hunn alleng duerch onsen Räichtum eng Verpflichtung. Net just am Afgahnistan. An ech sinn houfreg op Ministeren déi esou besonnen Decisiounen huelen. An ech schumme mech fir déi domm Kommentaren hei.