Wohnen / LSAP-Präsident Yves Cruchten nennt die Preissteigerungen am Wohnungsmarkt ein „krasses Problem“
Seit Jahren gibt es in Luxemburg eine Wohnungskrise. Die Politik hat zwar nicht verschlafen, aber sie war zu zaghaft, sagt LSAP-Präsident Yves Cruchten, als das Tageblatt ihn mit einer Wahlwerbung der Sozialisten aus den 80er Jahren konfrontiert.
„Wohnungswesen vor dem Abgrund“, steht auf dem Flugblatt. In dramatischen Zeilen wird beschrieben, wie die sich Wohnungskrise in Luxemburg ausbreitet. Zu wenige Wohnungen werden gebaut, während die Kaufkraft immer weiter sinkt und die Nachfrage nach Wohnungen steigt. Der Autor stellt der Regierung eine schlechte Bilanz aus.
Yves Cruchten hält das Papier in den Händen. Studiert es genau, bevor er etwas sagt. Minutenlang. Bei dem Flugblatt handelt es sich um eine Wahlwerbung der Sozialisten aus dem Jahr 1984. Mindestens so lange steckt Luxemburgs Wohnungsmarkt bereits in Schwierigkeiten. Das Tageblatt hat das Fundstück zum Anlass genommen, sich mit dem Parteipräsidenten der LSAP zu treffen und über die Situation am Wohnungsmarkt zu sprechen.
„Vieles von dem, was hier steht, gilt leider immer noch“, sagt Cruchten. „Die Situation ist heute allerdings eine andere. Hier geht die Rede von einem Zinssatz von 10 Prozent. Das haben wir heute glücklicherweise nicht mehr.“ Er ist sich der Tragweite des Problems bewusst. Versucht es nicht kleinzureden. Im Gegenteil.
Vier Jahrzehnte
„Die Wohnungsproblematik begleitet uns bereits seit Jahrzehnten“, sagt er. „In den letzten Jahren ist die Situation dramatisch geworden. Würden die Preise am Wohnungsmarkt im Jahr um 3 bis 4 Prozent steigen, dann wäre das zwar nicht gut, aber irgendwie begreiflich. Aber wenn die Preise um 10 bis 12 Prozent im Jahr steigen, dann haben wir ein richtig krasses Problem.“
Die alten Lösungsvorschläge würden heute nicht ziehen, meint er: „Mit den einfachen Rezepten von früher ist das Problem nicht mehr zu lösen. Selbstverständlich müssen wir viel mehr bauen. Selbstverständlich müssen wir viel schneller bauen. Das alles stimmt. Aber ich glaube, dass wir drastischere Maßnahmen ergreifen müssen.“
Große Hoffnung setzen die Mehrheitsparteien derzeit in den „Pacte Logement 2.0“. Im Rahmen dieses Programmes arbeiten Staat und Gemeinden zusammen, um der Wohnungsnot Herr zu werden. Vorgesehen ist unter anderem, dass von größeren Bauprojekten ein Teil an die Gemeinden geht. Letztere können so sozialen Wohnraum schaffen. Auch Cruchten ist davon überzeugt. „Die öffentliche Hand würde gerne bauen oder bauen lassen, doch sie selbst besitzt nichts. Dadurch, dass wir jetzt sagen, dass bei größeren Teilbebauungsplänen ein Teil an die öffentliche Hand abgetreten wird, sind wir auf dem richtigen Weg.“
Radikale Maßnahmen will Cruchten nicht unterstützen: „Ich sehe nicht, dass wir alles verstaatlichen sollen, was im Privatbesitz ist. Dafür steht meine Partei nicht.“ Enteignungen könnten hingegen eine Option sein: „Wenn wir jemanden enteignen können, der den Bau einer Straße blockiert, dann frage ich mich, warum wir nicht auch jemanden enteignen können, der ein größeres Projekt zur Schaffung von neuem Wohnraum blockiert. Das Erschließen von neuem Wohnraum ist für mich genauso wichtig wie der Bau einer Straße.“
Zu zaghaft
Aber warum hält die Krise seit 40 Jahren an? Hat die Politik bislang versagt oder geschlafen? „Ich glaube, die Politik war bislang zu zaghaft. Wir haben zu lange versucht, das Problem anzugehen, indem wir den Kauf von Eigenheimen mit Zuschüssen gefördert haben. Den Mietmarkt haben wir komplett vernachlässigt.“ Und: „Die öffentliche Hand hat es verpasst, in den Besitz von Land zu gelangen.“
Der Parteipräsident unterstreicht, dass die Politik derzeit nicht schläft: „Eine der wichtigsten Reformen, die wir in diesem Jahr gemacht haben (und die kaum beachtet wurde), war die Schaffung eines Spezialfonds, mit dem die öffentliche Hand an Bauland kommen kann.“ Zwischen dem Ist-Zustand und dem Soll-Zustand liegen aber noch Welten: „Nur sechs Prozent des Baulands in Luxemburg ist in öffentlicher Hand. Noch dazu ist dieses Land oft für Infrastruktur und nicht zur Schaffung von Wohnraum gedacht. Dort liegt das Problem.“
Aber nicht nur die Politik soll aktiv werden, wenn es nach Cruchten geht: „Ich würde mich schon freuen, wenn das Land, das in privater Hand ist, bebaut würde. Das geschieht aber nur sehr langsam.“
Besser als die Börse
„Ich rede hier von großen Gruppen, die Bauland ansammeln, und ich muss mich fragen, ob hier nicht Zurückhaltung betrieben wird“, fährt Cruchten fort. Eine Studie des Forschungsinstituts Liser hatte vor kurzem bestätigt, was schon lange vermutet worden war. Ein Großteil des Baulandes in Luxemburg ist im Besitz einiger Weniger. Die Studie war die Konsequenz einer parlamentarischen Frage der LSAP, die aufgedeckt hatte, wie schmerzlich wenig der Staat eigentlich über die Hintergründe am Wohnungsmarkt weiß. „Zwischen dem Kauf von Land und dem Bau von Wohnungen vergehen oft Jahre oder sogar Jahrzehnte. Die Preissteigerungen machen daraus ein besseres Geschäft, als man sie an der Börse jemals machen könnte.“
An ein richtiges Kartell oder eine Lobby, die Politiker in der Tasche hat, glaubt Cruchten nicht: „Ich glaube nicht, dass es düstere Machenschaften gibt – keine mafiösen Strukturen. Der Kapitalismus bedingt einfach, dass Geld mehr Geld generiert.“ Dadurch würden Grundbesitzer immer stärker. Auch dass Grund in Luxemburg begrenzt ist, fördere dies. „Bei uns ist jeder Quadratmeter verplant, sei es für Umweltschutz, für Naherholung, für Infrastruktur oder für Wohnungen.“
Der Kapitalismus bedingt einfach, dass Geld mehr Geld generiertLSAP-Präsident
Über die Grundbesitzer sagt er: „Ich glaube, dass es sich um Familien handelt, die das Glück hatten, in der Vergangenheit in den Besitz von Land gekommen zu sein, und jetzt nicht die Notwendigkeit sehen, mit diesem Land etwas anzufangen, weil es jeden Morgen, wenn sie aufstehen, wieder mehr wert ist.“
Doch was kann man dagegen tun? „Wir haben einen Zeitraum eingeführt, binnen dem ein Bauvorhaben umgesetzt werden muss, ab dem Zeitpunkt, an dem der Teilbebauungsplan gemacht wurde.“ Man könne nicht mehr eine Siedlung ausweisen, drei Grundstücke verkaufen und dann abwarten. „Wir sehen oft, dass Wohnsiedlungen nur stückweise statt an einem Stück fertiggestellt werden. Dabei spielt die Zeit zugunsten der Person, die das Land besitzt.“ Druck wird über die Baugenehmigungen ausgeübt, die verfallen können.
Staatlicher Akteur
Wichtig sei es, dass der Staat selbst als Akteur am Markt aktiv wird. Und zwar so sehr, dass er die Preise mitbestimmen kann. Cruchten zieht den nicht-stigmatisierten Begriff „subventionierte Wohnungen“ dem Begriff „Sozialwohnungen“ vor. „Wir müssen unseren Bestand vergrößern“, sagt er. „Nur so können wir eine Alternative zum ersten Markt bieten, auf dem sich viele Leute keine Wohnung mehr leisten können. Vor allem müssen wir für den ersten Markt eine Konkurrenz sein. Wenn die öffentliche Hand genug Wohnraum besitzt, kann sie Einfluss auf die Preise nehmen – mit zwei Prozent nicht.“ Diese Wohnungen sollen zu fairen Preisen auf den Markt kommen, die sich an der Familiensituation und am Einkommen orientieren, und trotzdem nicht schlechter sein als andere. „Wir wollen auch keine Lösungen aus den 60ern und 70ern, als z.B. in Frankreich Plattenbauten gebaut wurden, die heute zu sozialen Brennpunkten geworden sind.“
Nur zwei Prozent des Wohnungsbestandes seien Sozialwohnungen. In den Niederlanden seien es um die 30 Prozent, in unseren direkten Nachbarländern 10 bis 15 Prozent, sagt Cruchten. „Ich muss schmunzeln, wenn ich zur Einweihung von vier Wohnungen eingeladen werde. Wir brauchen auch die kleinen Projekte. Aber noch lieber wäre ich eingeladen, wenn mal 50 oder 60 Wohnungen einweiht werden. In Düdelingen entstehen bald auf einen Schlag über 1.000 Wohnungen – kein Ghetto, sondern ein Ort, an dem es sich gut leben lässt.“ Und weiter: „Das dürfen keine Schlafstädte sein. Dort muss Leben entstehen mit Geschäften und Arbeitsplätzen.“
Verantwortung abgewälzt
Neben unbebautem Land und zu wenig Wohnungen, die Normalsterbliche sich leisten können, erregt aber auch der Leerstand immer öfter die politischen Gemüter. Deshalb hatte man eine Steuer eingeführt, die Gemeinden erheben können, wenn Häuser und Wohnungen leer stehen. Nur eine Handvoll Kommunen machen das. Angeblich ist für die Gemeinden nicht nachvollziehbar, welche Wohnungen leer stehen: „Sechs Gemeinden haben es gemacht und stoßen auf juristische Probleme“, sagt Cruchten. „Die Escher Gemeinde hat sich für die Steuer entschieden, hat sie aber noch nie eingezogen, weil sie befürchtet, dass sie auf juristisch wackeligen Füßen steht.“ Es sei keine gute Idee gewesen, die Verantwortung auf die Gemeinden abzuwälzen: „Einige warten jetzt ab, was in anderen Gemeinden passiert. Andere Gemeinden haben kein Interesse daran, es umzusetzen. Wir brauchen eine nationale Steuer, um den Leerstand zu bekämpfen, aber auch eine, um Spekulation zu bekämpfen. Der Staat darf sich hier nicht aus der Verantwortung stehlen.“
Seit einigen Jahren stehen auch eine Grundsteuerreform und eine Spekulationssteuer im Raum. Premierminister Xavier Bettel hat bei seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt, bald einen Gesetzesentwurf vorzulegen. Unser Gespräch mit Cruchten fand noch vor der Rede des Premiers statt. Der Parteipräsident der LSAP sagte: „Ich könnte mir vorstellen, dass eine neue Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer uns auch bei der Berechnung einer Spekulationssteuer helfen kann.“
Wenn wir schon eine Reform der Grundsteuer machen, sollten wir sie richtig machenLSAP-Präsident
Aber warum dauert die Reform der Grundsteuer so lang? Ist es nicht möglich, einfach die Sätze nach oben zu schrauben? Viel zu unpräzise, meint Cruchten: „Wenn wir schon eine Reform der Grundsteuer machen, sollten wir sie richtig machen. Es wäre einfach, die Grundsteuer zu verzwanzigfachen. Das wäre schnell durch die Chamber. Damit wäre aber nichts erreicht und wir könnten nicht differenzieren.“
Bock aufs Ministerium
Vielmehr solle sich die Grundsteuer nach der Bebaubarkeit und anderen Eigenschaften des Grundstückes richten, findet Cruchten. Diese Informationen kann man theoretisch aus den Allgemeinen Bebauungsplänen (PAG) der Gemeinden herauslesen. Und genau hier hat es jahrelang gehapert. Das Gesetz zum „Aménagement communal“ stammt aus 2004. So lange arbeiten die Gemeinden schon an ihren Allgemeinen Bebauungsplänen (oder eben auch nicht). Die Fristen wurden mehrmals verlängert. Mittlerweile wurde das Gesetz mehrfach novelliert. „Das Gesetz war in der Umsetzbarkeit eine Katastrophe. Meine Partei hat es damals nicht mitgetragen.“ Das Gesetz geht zurück auf Michel Wolter. „Die Fristen wurden immer wieder verlängert, weil es die Gemeinden vor unmögliche Probleme gestellt hat“, erklärt Cruchten. „Die Ministerin hat den Gemeinden gesagt, dass die Fristen jetzt nicht mehr verlängert werden – dass sie sich ‚beganne sollen’. Ich glaube, das war auch richtig.“ Viele Gemeinden hätten die Arbeiten mittlerweile abgeschlossen.
Ich glaube schon, dass wenn unsere Partei noch einmal in Regierungsverantwortung kommt, wir uns für das Ministerium für Wohnungsbau bewerben solltenLSAP-Präsident
Die LSAP hatte jahrzehntelang keinen Mann und keine Frau an der Spitze des Wohnungsbauministeriums. „Der Letzte war Benny Berg 1979“, bestätigt Cruchten und fügt hinzu: „Damals wurden die Gesetze geschaffen, die wir heute haben. Der ‚Fonds du logement’ und Wohnungsbeihilfen wurden mit einem Gesetz von 1979 geschaffen.“ Das letzte Wahlresultat habe es der LSAP nicht erlaubt, in den Koalitionsgesprächen jeden Wunsch erfüllt zu bekommen, so Cruchten. Wichtig sei zwar auch das Finanzministerium. Hier würden die wirklich bedeutenden Entscheidungen in diesen Sachen getroffen, doch sagt Cruchten: „Ich glaube schon, dass wenn unsere Partei noch einmal in Regierungsverantwortung kommt, wir uns darum bewerben sollten.“
Nach langen Jahren in der Regierungsverantwortung müssten die sozialistischen Genossen längst das Wohnungsproblem gelöst und nicht jetzt empört, erstaunt das Wohnungsproblem als „ krass“ darstellen. Übrigens müsste den sozialistischen Genossen im Allgemeinen aufgefallen sein die Arbeitnehmer, Rentner immer weniger Geld zur Verfügung haben. Dank der grünen Politik, der Greta und co Klimapilger eine Verteuerung der Lebenshaltungskosten oft um hundert Prozent gestiegen, sollten die sozialistischen Genossen die Worte ihres ehemaligen Kampfgefährten bei der EU Schmit sich auf der Zunge zergehen lassen, der von „ ENERGIEARMUT“ spricht, eine große Mehrheit sich das Heizen nicht mehr leisten kann..Der ehemalige Arbeitsminister Nic.Biever würde es schaudern, wie wenig die sozialistischen Genossen sich heute der Probleme der Menschen annehmen und der Streiter der Arbeiter Nic Biever wäre sicherlich auch gegen den propagandistisch aufgezwungen grünen Strom geschwommen, dieser oft nur wirtschaftlichen Interessen dient.( eine Aussage auf RTL zu den wirtschaftlichen Interessen dieser Politik von Herrn Bausch „ d‘ekologesch Primmen gudd fir d‘Ekonomie sin“)
Dann huet den Här Cruchten laang gebraucht vir de „krasse“ Probleem ze erkennen…
De Logementsprobleem gëtt et scho laang a keng Regierung, weder ennert der CSV, nach ennert Gambia hëllt sech dem Probleem effikass un!
Wenn dieser Herr Politiker da ein krasses Problem feststellt,
dann soll er gefälligst sich mal mit seinen roten Kumpanen
darüber unterhalten und versuchen das Problem zu lösen,
aber leider ist dies nur Augenwischerei nach aussen, alle sind
doch zusammen in dieses „Problem“ vereint.