CSV-Nationalkongress / Luc Frieden zum Parteipräsidenten gewählt
Fünf Monate nach seiner Vereidigung als Premierminister wurde Luc Frieden beim CSV-Nationalkongress in Hesperingen zum Parteichef gewählt. Aus der Doppelspitze wird wieder eine One-Man-Führung. Zudem nutzten die Christsozialen die Gelegenheit für den Europawahlkampf.
Die äußeren Rahmenbedingungen konnten nicht besser sein. Pünktlich zum Beginn des Nationalkongresses der CSV in Hesperingen zeigte sich die Sonne über der Hochburg der Partei und setzte den Ort des Geschehens sowie die nahe Burgruine ins rechte Licht. Aus allen Richtungen kamen die mehr als 407 Parteidelegierten zum neuen „Centre civique“ der schwarz-blau regierten Gemeinde. Das erst kürzlich fertig gestellte Gebäude sollte zum Schauplatz eines Novums in der CSV-Geschichte werden: Erstmals ist ein christsozialer Premierminister zugleich Präsident der Partei in Personalunion. Er löst die Doppelspitze aus Elisabeth Margue und Claude Wiseler ab.
Der Standort hatte schon einmal gewichtige Bedeutung für die CSV erlangt. Im Juli 2013 kam die Partei, kurz nachdem der damalige Premierminister Jean-Claude Juncker im Parlament Neuwahlen angekündigt hatte, im Park von Hesperingen zu einem Sommerfest zusammen und versammelte sich in dem alten „Centre civique“, Vorgängergebäude fast genau an derselben Stelle. In dem engen Saal jener Tage im Herzen der Gemeinde kochten die Emotionen hoch, war die CSV damals doch im Zuge der SREL-Affäre gehörig unter Druck geraten. Wenige Monate später war die Juncker-Ära Geschichte.
Noch im Winter 2022/23, nach fast einem Jahrzehnt in der Opposition, hing die CSV in den Seilen – bis sie ein Jahrzehnt zuvor den aus der Politik in die Privatwirtschaft ausgebüxten Ex-Minister Frieden als Premierspitzenkandidaten aus dem Hut zauberte. Beim Kongress am Wochenende ließen die Organisatoren die Erfolgsgeschichte seit Friedens Ernennung zum Spitzenkandidaten in der Ettelbrücker Däichhal am 25. März 2023 noch einmal in Bild und Ton Revue passieren.
Zwar konnte der Hoffnungsträger nicht die Zahl der 21 Mandate seiner Partei in der Chamber erhöhen – und auch den Anteil an Wählerstimmen nur minimal. Angesichts der Wahlniederlage der Grünen und nach dem Seitenwechsel der Liberalen bildete er aber eine neue Regierung. Im Nu war das Glück wieder auf der Seite der Volkspartei. „Gambia ist Geschichte – und hoffentlich ganz lang“, hieß es am vergangenen Samstag.
Friedens Erfolgsrezept
„Eine formidable Familie“ nannte Frieden die CSV am Samstagvormittag bei seiner Rede zur Kandidatur für den Parteivorsitz. Vor Weihnachten hatte er in Interviews von der Verantwortung gesprochen, „Chef vun der Regierung a Chef vun all de Leit am Land ze sinn“. Diesmal äußerte sich der 60-Jährige froh, „euer neuer Staatsminister zu sein“, und führte den Erfolg nicht zuletzt auf das von ihm ausgegebene „klare, präzise“ Zehn-Punkte-Programm und auf die „einzigartige CSV-Philosophie“ zurück – und darauf, dass „wir enorm geeint waren“ und „ruhig und bewusst“ das Ziel ansteuerten.
Das Programm des Parteitags entsprach dann auch in etwa dem perfekt präsentierten Werbefilm von den 37 Bürgermeistern, 21 Abgeordneten, sieben Ministern, zwei Parteipräsidenten und dem einen Premierminister. Die CSV müsse stark bleiben und noch stärker werden. Übrigens war auch Friedens Vorvorgänger, Ex-Premierminister Jean-Claude Juncker, unter den zahlreichen Parteigrößen beim Nationalkongress.
Frieden kam auf die „ersten Akzente“ zu sprechen, die seine Regierung gesetzt habe, aber auch auf die „schwierige Situation“ durch das internationale Umfeld. Was in anderen Ländern längst üblich ist, dass der Regierungschef zugleich der Vorsitzende seiner Partei ist, sei in Luxemburg bisher nicht Usus gewesen. Frieden nannte einige Beispiele wie Finnland, Griechenland und Österreich und kam auch auf die frühere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sprechen. Und er leitete über zu dem Gast des Tages aus dem Ausland, dem hessischen CDU-Kandidaten für die Europawahlen am 9. Juni, Sven Simon. Frieden meinte: „Ohne Europa ist Luxemburg nicht viel.“
Deutscher Gast mit viel Polemik
Noch-Co-Präsidentin (bis zum Kongress) und Justizministerin Elisabeth Margue mahnte in ihrer Rede weiter zum Zusammenhalt. Die CSV sei die beste Wahl gegen den Rechtsruck, weil sie „die“ Europapartei sei. Danach bezeichnete Sven Simon die CSV als Vorbild seiner CDU. „Denn sie schaffte es, auch wenn es in Luxemburg eine andere politische Farbenzusammenstellung gibt, dass eine Ampelregierung abgewählt wurde“, so der Europaabgeordnete. Simon betonte die Themen Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit sowie ein starkes Europa, wenn die USA nicht mehr ihre Rolle als Weltpolizist übernehmen möchte. Dafür brauchte man eine „richtige Verteidigungsunion“.
Letztere bezog er nicht zuletzt auf die Rüstungsindustrie. Der deutsche Gast hieb in dieselbe Kerbe wie die hiesigen Christsozialen, indem er „die Abkehr von der ‚ideologiegetriebenen‘ linken und grünen Politik“ propagierte und gegen die Grünen polterte und griff dabei in die unterste Schublade: „Was denken die in den grünen Hirnen?“ Nicolas Schmit, den Spitzenkandidaten der europäischen Sozialdemokraten, ließ er in seiner Schelte nicht aus: Der LSAP-Politiker sei nichts anderes als ein „Proporzkandidat, aufgestellt als Pokerchip und Zählkandidat“. In diesem Augenblick war aus dem „Friede(n)-Freude-Eierkuchen-Kongress“ kurz eine populistische Polemik-Show geworden.
Positiver wurde es, als Simon auf die bereits präsentierten sechs CSV-Europakandidaten um Christophe Hansen und Isabel Wiseler-Lima zu sprechen kam. Letztere hatte in letzter Zeit schon mehrfach gesagt, dass es bei den Wahlen im Juni darum gehe, die Demokratie zu verteidigen. Ihre Partei sei nicht für das sogenannte Ruanda-Modell in der Asylpolitik. Zudem betonte Wiseler-Lima: „Wir wollen uns nie mit extrem rechts alliieren, aber auch nicht mit extrem links.“ Dabei hatte sich Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die CSV gehört, kürzlich wieder in einem Interview mit der Welt am Sonntag für eine Zusammenarbeit mit Italiens postfaschistischer Ministerpräsidentin Giorgia Meloni starkgemacht.
Videogrüße aus Dänemark
Ein früherer EU-Kommissionschef (Juncker) war im Saal, und per Video-Grußbotschaft war EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, zurzeit in Dänemark, dem CSV-Kongress in Hesperingen zugeschaltet, bevor CSV-Fraktionschef Marc Spautz in seiner Rede seiner Wut über die Kritik der Opposition an der Regierungspolitik Luft machte: „Ich komme mir manchmal vor wie in einem surrealen Film.“
Die neue Regierung habe die Steuern gesenkt und etwas im Wohnungsbau unternommen. Kritik der LSAP an der Gesundheitspolitik schmetterte er ab, in dem er darauf hinwies, dass die Sozialisten die letzten 20 Jahre das Ressort leiteten, und der Vorwurf von LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding, die Regierung sei reaktionär, wies er ebenfalls zurück. Wenn sie wissen wolle, was reaktionär heiße, solle sie in Moskau anrufen. Fehlen durften dabei auch nicht die Grünen: „Für wie dumm halten sie die Leute?“
Nach dem Exkurs in surreale Gefilde waren ganz realistisch jedenfalls die Ergebnisse bei der Wahl der neuen Parteispitze: Luc Frieden wurde mit 96,25 Prozent der Delegiertenstimmen zum Parteipräsidenten gewählt, Martine Hansen (95,76) und Christian Weis (97,29) zu Vizepräsidenten. Neue Generalsekretäre sind Alex Donnersbach und Françoise Kemp (an Stelle von Christophe Hansen und Stéphanie Weydert). Alter und neuer Schatzmeister ist Thierry Schuman. Zum Schluss gab es viel Jubel und die Nationalhymne in dem nigelnagelneuen „Centre civique“ der CSV-Hochburg.
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Man fragt sich warum die CSV zu ihrem kongress jemand aus der BRD einladen muss…und dann noch einen absolut unbekannten hinterbaenkler😀
Seit Dezember 1944 ist die CSV eine formidable Familie, deren Geschichte von einer Wahrheits- und Versöhnungskommission aufgeklärt werden muß.
MfG
Robert Hottua
„Zum Schluss gab es viel Jubel und die Nationalhymne in dem nigelnagelneuen Centre Civique der CSV-Hochburg.“
Na dann ist ja alles ….beim Alten. Die Christensekte beim Rundumschlag.Sogar der „Mann für´s Grobe“ Spautz wurde aus der Mottenkiste hervorgeholt und ein teutonischer Polemiker sagte uns was links und rechts ist. Eigentlich hätte er „das Scholz“ auch noch auseinandernehmen müssen. Und Ursel Leyen(von der) die eine Klage vom Parlament an der Backe hat,winkte allen über´s Netz zu. Wie schön ,dass Frieden jetzt ausgelastet ist.Hoffentlich liefert er auch bald ab.