„Journée de commémoration nationale“ / Luxemburg gedenkt Opfer der nationalsozialistischen Besatzung – 10. Oktober, ein historisches Datum
Die jährliche „Journée de commémoration nationale“ findet am Sonntag statt. Der Gedenktag soll an den Kampf des luxemburgischen Volkes während der Besatzungszeit von 1940 bis 1945 erinnern. Das Datum des 10. Oktobers wurde allerdings nicht zufällig ausgewählt – dahinter steckt ein einschneidendes Ereignis der Luxemburger Geschichte.
Wenn man an den Oktober denkt, dann hat man vielleicht das Herbstwetter, Halloween oder auch das Oktoberfest vor Augen. In Luxemburg hat dieser Monat allerdings noch eine besondere Bedeutung: In dieser Zeit wird nämlich an „den Kampf des luxemburgischen Volkes während der Nazi-Okkupation von 1940 bis 1945“ erinnert, heißt es auf der Internetseite der Luxemburger Regierung. Dieses Jahr werde des 80. Jahrestages des ersten Deportationszuges von Luxemburger Juden (16. Oktober 1941) und der „Spanienkämpfer“, die in den 1930er Jahren in Spanien gegen den Faschismus kämpften, gedacht, schreibt das Staatsministerium in einer Pressemitteilung am Freitag.
Auch der 10. Oktober, auf den die Gedenkfeier dieses Jahr fällt, ist von historischer Bedeutung: Im Jahr 1941 fand nämlich die sogenannte „Personenstandsaufnahme“ unter dem nationalsozialistischen Gauleiter Gustav Simon statt. Die Nazis sahen die Luxemburger als von der Volksgemeinschaft „entfremdete“ Deutsche, geht aus der gemeinsam vom Zentrum für politische Bildung (ZpB) und der Regierung ausgearbeiteten Broschüre über Luxemburg im Zweiten Weltkrieg hervor. Die Nationalsozialisten sahen die Ursache der angeblichen „Entfremdung“ der Luxemburger darin, dass sie gezwungen waren, Französisch zu reden und zu denken.
Daher verbot Gauleiter Gustav Simon den Gebrauch der französischen Sprache. Dazu gehörten für die Luxemburger ganz alltägliche Begriffe wie etwa „Madame“, „Monsieur“ oder „merci“. Zudem wurden französisch klingende Vor- und Nachnamen sowie die Namen von Geschäften und Straßen eingedeutscht. So wurde beispielsweise aus einem „Jean Meunier“ ein „Johannes Müller“.
Personenstandsaufnahme vom 10. Oktober 1941
In der Nazi-Ideologie gehörten jedoch nicht alle Bewohner des Großherzogtums der deutschen „Rasse“ an. Ausgeschlossen waren zum Beispiel all jene mit italienischen, französischen und belgischen Vorfahren, heißt es in der Broschüre. Gustav Simon organisierte am 10. Oktober eine Volkszählung, um herauszufinden, wie viele „echte“ Deutsche es in Luxemburg gab. Neben den üblichen Personaldaten musste im Umfragebogen auch angegeben werden, ob man jüdische Vorfahren hatte.
Zudem beinhaltete die Personenstandsaufnahme drei für Luxemburg entscheidende Fragen: Die Befragten sollten ihre Staatsangehörigkeit, Muttersprache und „Volkszugehörigkeit“ angeben. Den Fragen wurde eine zusätzliche „Erklärung“ beigefügt, nach dessen Definition weder Luxemburgisch als unabhängige Sprache, noch die Luxemburger als eigenes Volk galten. Die Zivilverwaltung glaubte also, die Luxemburger Bevölkerung zwischen dem Deutschen und dem Französischen entscheiden zu lassen.
Daraufhin überschwemmte der Luxemburger Widerstand die Bevölkerung mit Flugblättern und rief dazu auf, diese Fragen mit „Dreimol lëtzeburgesch“ zu beantworten. So wollte die „Resistenz“ aus der Volkszählung eine Art Referendum über die Unabhängigkeit Luxemburgs machen. Schätzungen zufolge sollen zwischen 93 und 98 Prozent der Menschen dreimal „Lëtzebuergesch“ in ihrem Fragebogen angegeben haben, schreibt der Luxemburger Historiker Paul Dostert. Wie viele Personen dies tatsächlich gemacht haben, ist unklar – aber auf jeden Fall so viele, dass der Gauleiter die Volkszählung vorzeitig abbrechen ließ. Die Aktion blieb jedoch nicht ohne Konsequenzen: Simon ließ daraufhin 200 Widerstandskämpfer verhaften, von denen zwei im Februar 1942 enthauptet wurden. Demnach ging das Ergebnis der Personenstandsaufnahme als große Widerstandsaktion der Luxemburger in die Geschichte ein.
Formen der Erinnerungsbewahrung
Der nationale Gedenktag wurde 1946 in Luxemburg eingeführt – also ein Jahr nach Kriegsende – und findet seither regelmäßig statt. Das Erinnern an die Opfer unserer Vorfahren kann vielerlei Formen annehmen – etwa die von Ausstellungen oder Denkmälern. Neben dem hier in Luxemburg wohl bekanntesten Mahnmal, dem „Monument du Souvenir“ (im Volksmund meistens „Gëlle Fra“ genannt), gibt es allerdings noch etliche weitere, die durch das ganze Land verteilt sind. Das „Musée national d’histoire militaire“ (MNHM) in Diekirch arbeitet derzeit daran, sämtliche Denkmäler Luxemburgs für die Opfer des Nationalsozialismus zu katalogisieren.
Neben dem MNHM verfügt Luxemburg allerdings noch über weitere Forschungsinstitute, die sich mit der Aufarbeitung der Geschichte des Großherzogtums beschäftigen, darunter das „Luxembourg Centre for Contemporary and Digital History“ (C2DH) der Uni.lu und das „Musée national de la Résistance“.
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Die luxemburgischen Opfer von 14-18 , die der Napoleonischen und anderer Kriege und Freiheitskämpfe verdienen es auch in die heutige Gedenkfeier eingeschlossen zu werden, oder ist diese nur den Opfer unserer deutschen Feinde würdig ?
Meine katholischen Eltern wurden ab 1933 von der klerikalen luxemburgischen Nazipropaganda gezwungen nationalsozialistisch zu denken und zu handeln. Das beinhaltete die Schaffung von Sprengkommandos und die Kollaboration bei der Beschaffung von rassenhygienischen Erbgesundheitsinformationen. In der Reichsärzteführerschule in Alt-Rehse wurden auch luxemburgische Ärzte in der Euthanasie-Ideologie (Erbbiologie und Rassenpflege) ausgebildet.
MfG
Robert Hottua