Editorial / Luxemburg hat reichlich Nachholbedarf im Tierschutz
An einen ähnlichen Fall können sich die Verantwortlichen der Luxemburger Veterinär- und Lebensmittelverwaltung ALVA nicht erinnern. Fünf Hunde mussten Anfang August in einer Tierpension sterben, die keine Betriebsgenehmigung des Landwirtschaftsministeriums hatte. Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, wurde allem Anschein nach von der Betreiberin versucht, die Todesursache der Tiere zu vertuschen. Die vermeintlichen Umstände sind dermaßen haarsträubend, dass sogar Referenzmedien wie die Süddeutsche Zeitung darüber berichteten.
Abseits des konkreten Falls zeigt sich derweil, dass Nachholbedarf in Sachen Tierschutz in Luxemburg besteht. Das beginnt mit der Tatsache, dass es keine genauen Erhebungen gibt, wie viele Hunde es tatsächlich im Land gibt. Das Statec hat solche Zahlen nicht. Anfang des Jahres hatte das Tageblatt Statistiken aus den Gemeinden publiziert, die es in wochenlanger Sisyphusarbeit bei den Kommunen zusammengetragen hatte. Resultat: In Luxemburgs Gemeinden waren zum Jahreswechsel 46.464 Hunde gemeldet. Nur Grosbous-Wahl konnte wegen der Fusion keine konkreten Zahlen nennen.
Die tatsächliche Zahl ist allerdings viel höher – vor allem, weil nicht alle Hundebesitzer ihre Haustiere anmelden. Die „Fédération cynologique luxembourgeoise“ geht in ihren Schätzungen von fast doppelt so vielen Hunden im Land aus (82.000 im Jahr 2022).
Demgegenüber stehen 44 autorisierte Hundepensionen im Land. Die haben durchschnittlich Platz für etwa zehn Hunde, sodass die Rechnung schnell gemacht ist. Wenn es gut geht, gibt es insgesamt 500 Plätze in offiziellen Pensionen. Dass das in Anbetracht der Reisefreudigkeit der Luxemburger nie und nimmer ausreicht, liegt auf der Hand. Da das Versorgen von Hunden zudem ein lukratives Geschäft ist, gibt es wohl ebenfalls eine hohe Dunkelziffer an nicht-autorisierten Häusern. Auch hier ist die Rechnung schnell gemacht. Bei einem Tagessatz von 40 Euro kommt man für das Versorgen von fünf Hunden auf 1.400 Euro pro Woche, bei zehn Hunden wäre es doppelt so viel.
Wer sich im Internet umschaut, der findet erstaunlich viele Seiten mit Angeboten zum Dogsitting und -walking. Hierfür braucht es keine Genehmigung vom Landwirtschaftsministerium. Für das Betreiben einer Pension allerdings schon. Das Problem ist die Kontrolle. Die wird durch die ALVA vor der Eröffnung durchgeführt. Zu mehr reicht es bei der Administration nicht, da schlicht und einfach nicht genug Personal für ihre vielfältigen Aufgaben (siehe auch Seiten 18 und 19) zur Verfügung steht.
Wenn also Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV) wie angekündigt für mehr Transparenz im Tierschutz sorgen will, dann sollte das vor allem über Kontrollen gehen. Nicht nur, wenn eine Pension eröffnet, sondern auch danach. Und nicht nur bei Betrieben mit Genehmigung. Demnach bräuchte die ALVA mehr Mittel.
Natürlich muss in diesem Kontext auch an die Verantwortung der Hundebesitzer appelliert werden. Wer sich einen Hund anschafft, muss sich im Klaren sein, dass ein Haustier kein Spielzeug ist. Sondern ein Lebewesen, um das man sich kümmern und dessen Bedürfnisse man respektieren muss. Die Verantwortung gilt auch für die Wahl einer Hundepension, wenn man denn auf eine solche zurückgreifen muss oder will. Vorausgesetzt, man hat in Anbetracht der vielleicht 500 Plätze in Hundepensionen überhaupt eine Wahl.
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