/ Luxemburg setzt auf Geothermie: Erste Großanlage soll in Düdelingen entstehen
Luxemburg will die Pariser Klimaziele erfüllen. Ein Weg in Richtung erneuerbare Energien führt nach unten, teils wenige Meter, teils mehrere Kilometer in unterirdische Schichten, wo die Temperaturen stabil und je nach Tiefe extrem hoch sein können. Wir haben mit dem Geologen Robert Colbach über Möglichkeiten und konkrete Projekte gesprochen.
Bereits 800 Hausbesitzer setzen in Luxemburg auf Geothermie, um ihre Heizrechnungen zu entlasten. Oberflächennahe Anlagen können für etwa 10.000 Euro (inklusive Bohrung und Wärmetauscher) installiert werden, der Staat bezuschusst diese Anlagen über myenergy. Der Förderbetrag beträgt 50 Prozent der Kosten (bis zu 8.000 Euro). Verschiedene Gemeinden verleihen ihrerseits weitere Zuschüsse bei solchen Anlagen.
Diese erprobte Technologie, die Temperaturen wenige Meter unter der Oberfläche nutzt, die maximal in einem Bereich von 7 bis 12 Grad schwanken, hat Potenzial: Richtig spannend wird es aber in größeren Tiefen, wo höhere Temperaturen vorherrschen.
Suche nach Salz Die bisher tiefste Bohrung in Luxemburg führten die Maschinen vom Sachsen Karl-Gotthelf Kind im Jahr 1841 durch. In einer Tiefe von 730 Metern suchte er ursprünglich nach Salz, fand aber „nur“ Thermalwasser, das bis heute gefördert und dem eine heilende Wirkung nachgesagt wird.
Wenn alles so läuft, wie das Energieministerium und die Geologen der Straßenbauverwaltung hoffen, dann werden in zwei bis drei Jahren weitaus tiefere Bohrungen durchgeführt: Gesucht wird heißes Grundwasser aus etwa zwei Kilometern Tiefe.
Die Wittlicher Senke
Die Geologen gehen davon aus, dass die Verlängerung der sogenannten Wittlicher Senke – einer geologischen Schicht (zwischen Wittlich und Trier), die ideal wäre, um Geothermie in mittlerer Tiefe zu nutzen – sich über die Grenze hinweg fortsetzt und in Luxemburg etwa zwischen Düdelingen, Esch und Schifflingen nutzbar wäre. Robert Colbach ist optimistisch, dass hier eine Schicht mit heißem Grundwasser zu finden sei: Eine Reihe von geologischen Indizien würden darauf hinweisen.
Um allerdings keine unnötigen Ausgaben zu generieren, wird in einer ersten Phase mit der Reflektionsseismik gearbeitet. Mittels Schallwellen wird der Untergrund sondiert. Die vorhandenen Schichten können mit dieser Technik grob ausgemacht werden.
In einer weiteren Phase werden dann Probebohrungen größeren Ausmaßes, in einer Tiefe von 2 bis 2,5 Kilometern, durchgeführt. Die hier entstehenden Bohrlöcher können im Idealfall später zur Wärmeproduktion genutzt werden.
Ideale Anwendungsgebiete wären das Düdelinger Wohnungsbaugebiet „Neischmelz“, wo Wohnraum für mehrere Tausend Anwohner somit CO2-neutral und nachhaltig beheizt werden könnte. Die Technologie könnte auch auf der aktuellen Esch-Schifflinger Brache oder in anderen intensiv bebauten Gegenden im Süden zum Einsatz kommen.
Eine Reihe von Vorsichtsmaßnahmen drängen sich im Rahmen des Trinkwasserschutzes allerdings auf, weshalb das Wasserwirtschaftsamt eingebunden ist.
Aus diesem Grund und um bodennahe Geothermie konsequenter nutzen zu können, sind mehrere Gesetzesänderungen notwendig. Das Energieministerium unter Claude Turmes („déi gréng“) setzt jedenfalls große Hoffnung in die Geothermie, die in der in Luxemburg vorgesehenen Form hauptsächlich Vorteile biete. Bleibt die Kostenfrage: Wirtschaftlich rechnen wird sich die Geothermie stärker mit steigenden Öl- und Gaspreisen, die irgendwann unweigerlich einsetzen werden. Der ökologische Nutzen ist bereits jetzt gegeben.
Vier Formen der Geothermie
Es gibt vier Formen der Geothermie, die für unterschiedliche Nutzungszwecke eingesetzt werden:
Knapp unter der Oberfläche: Direkt unter der Oberfläche (1 bis 3 Meter tief) können horizontale Kollektoren ausgelegt werden. In einem geschlossenen System können so die stabilen Temperaturen von 7 bis 12 Grad genutzt werden (Leistung: 0,4 bis 5 kW).
Mittels einer Wärmepumpe können Energiekörbe oder -pfähle Wärme in 10 bis 25 Metern Tiefe sammeln (Leistung: 10 bis 800 kW).
Geringe Tiefe: Bei maximal 400 Metern Tiefe wird eine geothermische Sonde innerhalb eines geschlossenen Systems mit einer Wärmepumpe genutzt (Leistung: durchschnittlich 8 kW bei einer Tiefe von 100 Metern).
Mittlere Tiefe: Ab rund 2 Kilometern wird warmes Wasses mittels zweier Bohrungen gefördert und abgekühlt wieder in die Tiefe gepumpt. Das offene System nutzt die Wassertemperatur direkt. Leistung: 20 bis 25 kW.
Große Tiefe: Ein offenes System ermöglicht hier den Austausch durch hydraulische Frakturation in einer Tiefe von bis zu 5 Kilometern (siehe Baseler Beispiel; für Luxemburg nicht vorgesehen). Leistung: 20 bis 25 kW.
Geologen-Pech: Das Baseler Erdbeben
Die Schweizer setzen auf Geothermie. Die Kraftwerke, die auf die unterirdische Hitze setzen, sind ideal für das recht kleine und dicht besiedelte Land. Dass die Technologie dabei ist, sich bei den Eidgenossen durchzusetzen, ist dabei keine Selbstverständlichkeit.
Das Potenzial ist groß: Etwa die dreifache Strommenge, wie sie das Schweizer AKW Beznau liefert, und genauso viel wie die Energiegewinnung aus Sonne, Wind, Biogas und Biomasse zusammen könne Geothermie liefern, so eine Studie des Schweizer Stromkonzerns Axpo. Die Nutzung der unterirdischen Wärme könnte die energetische Abhängigkeit des Landes verringern. Mittlerweile wird in der Schweiz wieder intensiv in die Technologie investiert, dies trotz „Basel“. Hier löste der Geologe Markus Häring 2006 ein Erdbeben der Stärke 3,4 aus und brachte damit die Tiefen-Geothermie vorübergehend in Verruf.
Journalist David Eppenberger beschrieb das Ereignis rückblickend folgendermaßen: „Ingenieur Markus Häring übernahm die Leitung des Basler Geothermie-Projektes ‚Deep Heat Mining‘. In der letzten Dezemberwoche im Jahr 2006 steht das Projekt vor der entscheidenden Phase. Das Bohrloch in die Tiefe von fünf Kilometern ist gebohrt. Wie erwartet ist es im Gestein sehr heiß: über 180 Grad. Ideal zur Herstellung von Strom. Um die Hitze zu nutzen, muss der Fels erst für Wasser durchlässig gemacht werden …
Wasser wird dabei durch ein Bohrloch tief in die Erde gepumpt. Der aufgebaute Druck sprengt die harten Gesteinsschichten im Untergrund. Kleine Risse entstehen. Der Fels wird durchlässig. Wasser kann nun durch die heiße Bodenschicht fließen und die Hitze der Umgebung aufnehmen.
In einem Kreislauf pumpt das Geothermie-Kraftwerk kühles Wasser durch ein Loch in die Tiefe. Durch ein zweites fließt das erhitzte Wasser zurück und entlädt sich an der Oberfläche als heißer Dampf. Der treibt die Stromturbine an. Die Phase des Druckaufbaus dauert in Basel mehrere Tage. Die Monitore im Büro der Firma Geothermal Explorers von Ingenieur Häring zeichnen genau auf, was im Untergrund passiert. Erste erwartete Minibeben entstehen. Ein Zeichen, dass die Technik funktioniert. Nach fünf Tagen poltert es in der Nacht auf Freitag: Magnitude 2,7. ‚Ich rechnete mit aufgebrachten Anrufern‘, sagt Häring. Sie bleiben aus. Vorerst. Trotzdem entscheidet sich das Team am Nachmittag zum Stopp der Übung. Zu hoch ist das Risiko. Der Bohrmeister wird angehalten, den Druck im Bohrloch abzulassen.
Zu spät. Bald knallt es gewaltig durch die Büroräume. Häring schaut zu den Mitarbeitern: ‚Das waren wir!‘ Nach einer Minute klingelt das Telefon. Der Schweizerische Erdbebendienst ist am Apparat. Er habe soeben ein Erdbeben der Magnitude 3,4 produziert. Eine halbe Stunde später sitzt Häring im Polizeiauto, das ihn mit Blaulicht durch den dichten Feierabendverkehr zum kurzfristig einberufenen Krisenstab nach Basel fährt.
In diesem Moment ist ihm klar: ‚Das war’s fürs Erste mit der Stromproduktion aus der Geothermie in der Schweiz.’“
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Gouf dat net schon zu Raemeresch probeiert an huet sech net gelount???