Hasskommentare und Morddrohungen / Luxemburger Expertin: Kritische Inhalte hängen oft mit Verschwörungstheorien zusammen
Wie können sich Menschen gegen Hass im Netz wehren? Eine Möglichkeit ist es, die betreffenden Nachrichten oder Kommentare bei der Stopline von „Bee Secure“ zu melden. Das Tageblatt hat sich mit der Stopline-Verantwortlichen Barbara Gorges-Wagner unterhalten.
Premierminister Xavier Bettel (DP) hat nach seiner Rede zur Lage der Nation Morddrohungen erhalten. Auch andere Politiker werden regelmäßig Opfer von Drohungen oder Hasskommentaren im Netz, so zum Beispiel die Familienministerin Corinne Cahen (DP). Im Gespräch mit Tageblatt sagte die Politikerin, sie würde diese behalten und an die Polizei bzw. an die Internetplattform „Bee Secure“ weiterleiten. Bei der Stopline von „Bee Secure“ können nämlich illegale Inhalte im Internet gemeldet werden. Sie wird vom „Kanner-Jugendtelefon“ (KJT) betrieben, Direktionsbeauftragte ist die Therapeutin Barbara Gorges-Wagner.
Die Stopline von „Bee Secure“
Das „Kanner-Jugendtelefon“ (KJT) arbeitet hinsichtlich der Sicherheit im Internet mit „Bee Secure“ zusammen. Auf der sogenannten Stopline von „Bee Secure“ können beispielsweise folgende illegale Inhalte gemeldet werden: Darstellungen von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen, Rassismus, Revisionismus, Diskriminierung inklusive Hatespeech oder auch Terrorismus. Das Melden funktioniert über ein Internetformular auf der Webseite von Bee Secure. Wie genau das geht, ist über diesen Link abrufbar. Bei Fragen können sich User außerdem an die Polizei oder die Hotline von „Bee Secure“ unter der Telefonnummer 80 02 12 34 wenden.
„Wir erhalten recht viele Meldungen im Kontext von Corona“, sagt Gorges-Wagner. Das sei aber nicht nur erst jetzt der Fall, sondern ziehe sich schon über die ganze Corona-Zeit. „Das hängt mit den Verschwörungstheorien zusammen.“ Besonders relevant sei gerade das Thema Impfen. Da würden Ungeimpfte oft mit Juden verglichen werden, denen man den Zugang zu Kinos und Theater verwehrt hätte. Hier kreuzten sich Antisemitismus und Revisionismus – was in den Zuständigkeitsbereich der Stopline fällt. Als revisionistisch gelten nämlich jene Versuche, die darauf abzielen, historische, politische oder wissenschaftliche Erkenntnisse oder Standpunkte, die allgemein anerkannt sind, infrage zu stellen oder umzudeuten.
Bei der Stopline werde jede Meldung einzeln geprüft, erklärt Gorges-Wagner. Die Frage, die sich dabei stellt: Fällt der Inhalt unter den Begriff der freien Meinungsäußerung oder sind die Aussagen illegal? Trifft Letzteres zu, werden die Nachrichten an die Polizei weitergeleitet. „Im März dieses Jahres hatten wir 40 Meldungen, davon haben wir 27 als illegal eingestuft“, erzählt die KJT-Direktionsbeauftragte. Im Juni sei es ein wenig abgeflacht, jetzt bemerke man wieder eine leichte Steigerung. Im Vergleich zu 2020 habe es in diesem Jahr aber bisher weniger Meldungen gegeben. „Das liegt wohl daran, dass die Menschen weniger digital unterwegs sind“, sagt Gorges-Wagner. Insgesamt seien dieses Jahr 158 Meldungen eingegangen, davon seien 103 an die Polizei weitergeleitet worden. Während der letzten drei Jahre hätte die Anzahl an kritischen Inhalten, die bei der Stopline gemeldet würden, stetig zugenommen.
Und wie sieht es mit Morddrohungen gegenüber Politikern aus? Die gehörten sofort der Polizei gemeldet, unterstreicht die KJT-Leiterin. Denn sie fielen prinzipiell nicht in den Kompetenzbereich der Stopline. Außer sie würden im Kontext von Hatespeech geäußert. „Das kommt schon vor“, sagt die Expertin. Allgemein würden sich Inhalte, die der Stopline gemeldet würden, immer wieder gegen Politiker richten.
„Hatespeech“
„Hatespeech“ ist laut Bee Secure nach luxemburgischem Strafrecht dann strafbar, wenn zwei Elemente vorhanden sind, heißt es auf deren Webseite. Erstens müsse es sich um Anstiftung zum Hass oder zur Gewalt handeln, die sich gegen eine Person, Gruppe oder Gemeinschaft richtet, die aufgrund einer oder mehrerer der Elemente diskriminiert werden. Dabei kann es sich zum Beispiel um deren Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Alter oder sexuelle Orientierung handeln. Zweitens muss diese Anstiftung konkretisiert werden. Das kann zum Beispiel durch Reden, Schreie oder Drohungen auf öffentlichen Plätzen geschehen, aber auch durch Texte oder Bilder, die verkauft, verteilt oder auf sonstigen Wegen öffentlich gemacht werden. Weitere Wege sind Banner, Plakate in der Öffentlichkeit oder jede andere Art der audiovisuellen Kommunikation.
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« Kritische Inhalte hängen oft mit Verschwörungstheorien zusammen ». Verleitet dieser Satz nicht dazu , in der Zukunft mündige Bürger , Kritiker als Verschwörungstheoretiker abzustempeln und Mundtot zumachen.Ist diese Definition nicht eine gefährliche Gratwanderung die Opposition zum Schweigen zubringen?Was Hass anbelangt bevorzuge ich die Definition der Philosophischen Grundbegriffe von Kirchner / Michaelis. Morddrohungen, rassistischen, menschenverachtende Kommentare ,..qualifiziere ich eher im Bereich der Hetze ein.
@WiederMann: Jeder, der lesen kann, sollte beurteilen können, ob es sich um eine inhaltliche Kritik handelt – für die immer Platz sein muss – oder um dumpfe Hetze.
Beispiel: Selbstverständlich muss man fragen können, ob die eine oder andere Maßnahme im Rahmen der Pandemiebekämpfung notwendig oder sinnvoll ist.
Wer jedoch behauptet, Masken seien Maulkörbe, die noch dazu die Menschen krankmachen sollen – und das alles, damit in letzter Konsequenz Bill Gates endgültig die Weltherrschaft an sich reißen kann – redet, mit Verlaub, Müll.