Nahost / Luxemburger Firma trotz Gutachten vom Internationalen Gerichtshof aktiv
Die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten wird schon lange international kritisiert. Laut einem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs drohen westlichen Firmen, die etwa im Westjordanland aktiv sind, rechtliche Konsequenzen. Darunter ist auch ein luxemburgisches Unternehmen.
Im Sechstagekrieg 1967 hat Israel Ost-Jerusalem, das Westjordanland und den Gazastreifen erobert und besetzt. 1980 annektierte es Ost-Jerusalem völkerrechtswidrig. Während es sich aus dem Gazastreifen zurückzog, hielt es das Westjordanland weiterhin besetzt. Dort sind immer mehr Siedlungen entstanden. Zurzeit sind es mehr als 250. Die Siedler betrachten das Westjordanland als „Kernland“ Israels, völkerrechtlich sind die Siedlungen illegal – bis heute sind sie einer der Hauptstreitpunkte im Nahostkonflikt.
Mit ihrem Gesetz zur Legalisierung von bisher illegalen Siedlungen im Westjordanland beerdigte die israelische Regierung von Benjamin Netanyahu Anfang Februar 2017 den Geist der Zwei-Staaten-Lösung. Der Internationale Gerichtshof gab am 19. Juli 2024 ein Gutachten über „die rechtlichen Folgen der Politik und Praxis Israels in den besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem“ heraus. Dieses Gutachten beinhaltet rechtliche Konsequenzen für andere Staaten in Bezug auf ihre Beziehungen zum Staat Israel.
Mit Besorgnis
Sie dürfen in Bezug auf das besetzte palästinensische Gebiet keine Wirtschafts- oder Handelsbeziehungen mit Israel unterhalten, die Israels rechtswidrige Präsenz in diesem Gebiet verstärken könnten. Und sie müssen Maßnahmen ergreifen, um Handel oder Investitionen zu verhindern, die zur Aufrechterhaltung der geschaffenen rechtswidrigen Situation beitragen. Handelsbeziehungen und Investitionen in das besetzte palästinensische Gebiet sind daher vom Internationalen Gerichtshof ausdrücklich untersagt. Insgesamt gibt es laut Schätzungen etwa 700.000 jüdische Siedler im Westjordanland und in Jerusalem.
Derweil hat die Generalversammlung der UNO, gestützt auf das zitierte Gutachten, am 18. September 2024 eine Resolution verabschiedet, in der es heißt: „Israel ist verpflichtet, seine unrechtmäßige Präsenz im besetzten palästinensischen Gebiet so schnell wie möglich zu beenden“. In diesem Zusammenhaben haben die beiden LSAP-Abgeordneten Yves Cruchten und Franz Fayot in einer parlamentarischen Frage von Außenminister Xavier Bettel unter anderem wissen wollen, ob er von luxemburgischen Handelsbeziehungen oder Investitionen in das besetzte Gebiet Kenntnisse habe. Wenn ja, um welche Beziehungen handelt es sich? Und wie hat die Regierung bislang auf diese reagiert?
Am 30. Juni 2023 habe der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte eine aktualisierte Datenbank der Unternehmen veröffentlicht, die in den israelischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet geschäftlich tätig sind, so der Minister in seiner Antwort. Das Ministerium habe das Unternehmen Altice International Ltd. mit einem Schreiben vom 14. Juli 2023 kontaktiert, darin seine Besorgnis über die Aktivitäten des Unternehmens im besetzten palästinensischen Gebiet zum Ausdruck gebracht und an seine Verpflichtungen gemäß den Leitlinien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte erinnert. Seitdem beobachte das Ministerium die Aktivitäten weiterhin aufmerksam.
Keine weiteren Fälle
Abgesehen von diesem konkreten Fall seien dem Ministerium jedoch keine weiteren luxemburgischen Handelsbeziehungen oder Investitionen in das besetzte palästinensische Gebiet bekannt, die über das Luxembourg Trade and Investment Office (LTIO) Tel Aviv oder andere Wege stattgefunden haben. Das genannte Unternehmen, ein französischer multinationaler Telekommunikationskonzern, gegründet von dem französisch-israelischen Milliardär Patrick Drahi, soll laut Luxemburger Wort Dienstleistungen bei der Aufrechterhaltung von Siedlungen, zum Beispiel im Transportbereich und bei der Erschließung von natürlichen Ressourcen, anbieten.
Das Ministerium erinnert in seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage daran, dass Luxemburg die Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 13. September 2024 unterstützt, mit der dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs Folge geleistet werden soll. Außerdem wird angemerkt, dass Luxemburg zu den Staaten gehört, die das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs beantragt hatten. Aus diesem Grund habe Luxemburg auf europäischer Ebene seine Unterstützung für die Einberufung eines Assoziationsrates mit Israel zum Ausdruck gebracht, der sich insbesondere mit den Fragen befassen soll, die sich aus dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs ergeben. Dieser Assoziationsrat werde derzeit vorbereitet. Die Europäische Union wartet auf eine Reaktion Israels auf die vorgeschlagene Tagesordnung.
Eingehende Analyse
Das Ministerium möchte darauf hinweisen, dass jeder Antrag auf Genehmigung für die Aus- oder Durchfuhr von Gütern, die in der EU-Militärliste aufgeführt sind, vom Amt für Ausfuhr-, Einfuhr- und Durchfuhrkontrolle (OCEIT) und seiner Direktion für politische Angelegenheiten von Fall zu Fall analysiert wird. Vor der Erteilung einer Genehmigung werden die internationalen Verpflichtungen Luxemburgs in Bezug auf Exportkontrolle und Nichtverbreitung sowie der politische Kontext des Bestimmungslandes eingehend analysiert.
Eine Genehmigung wird verweigert, wenn sie mit dem gemeinsamen Standpunkt oder mit den rechtlichen und internationalen Verpflichtungen Luxemburgs unvereinbar ist. Dieser Ansatz gilt einheitlich für alle Länder.
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