emergency.lu / Luxemburger im Einsatz in Haiti: „Die Sicherheitslage ist angespannt“
Ein kleines Team von Luxemburger Experten befindet sich momentan in Haiti. Seine Mission: sicherstellen, dass die Hilfsorganisationen über ein Telefonnetz und Internet verfügen. Sonst könnten sich die Helfer nicht koordinieren, sagt Bram Krieps – er ist CGDIS-Mitglied und Kooperationsbeauftragter von emergency.lu. Das Tageblatt hat sich mit ihm unterhalten.
„35 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit –da stoßen wir personell und materiell an unsere Grenzen“, sagt Bram Krieps. „Hier scheint es wärmer zu sein als in der Sahara.“ Krieps ist Mitglied des Großherzoglichen Feuerwehr- und Rettungskorps (CGDIS) und Kooperationsbeauftragter von emergency.lu (siehe Infobox). Mit einem anderen Feuerwehrmann und Telekommunikationsexperten befindet er sich gerade auf Mission in Haiti. Der Karibikstaat, der zu den ärmsten Ländern auf der Welt gehört, wurde Mitte August von einem Erdbeben der Stärke 7,2 erschüttert. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich nach neueren Angaben der haitianischen Katastrophenschutzbehörde (DGPC) auf weit über 2.000 mit über 12.000 teils schwer Verletzten und hunderten Vermissten.
EU-Katastrophenschutzverfahren
Laut der Europäischen Kommission wurde im Oktober 2001 das EU-Katastrophenschutzverfahren eingerichtet. Das Verfahren zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den sechs teilnehmenden Staaten im Bereich des Katastrophenschutzes zu stärken, und um die Prävention, Vorsorge und Reaktion auf Katastrophen zu verbessern. Wenn ein Notfall die Reaktionsfähigkeit eines Landes in Europa und darüber hinaus überfordert, kann das Land über das
Verfahren Unterstützung anfordern. Die Europäische Kommission spielt eine Schlüsselrolle bei der weltweiten Koordinierung der Katastrophenhilfe und trägt zu mindestens 75 Prozent der Transport- oder Durchführungskosten der Einsätze bei.
Das Ziel von Krieps’ Mission lautet, sogenannte operative Strukturen wie ein Telefonnetz oder Internet für die humanitäre Hilfe vor Ort aufzubauen. „Es braucht Internet, damit sich die Organisationen koordinieren können“, erklärt der Experte für Telekommunikation. Den Einsatz habe die haitianische Regierung selbst angefragt. Er finde im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens (ECPP, siehe Infobox) statt und werde somit von der Europäischen Kommission unterstützt und mitfinanziert. Das ECPP gliedert sich in verschiedene Module mit Material und Spezialisten, die unterschiedliche Schwerpunkte bei der Bekämpfung von Katastrophen haben. „Luxemburg ist noch immer das einzige Land, das ein Telekommunikationsmodul besitzt“, berichtet Krieps. Darin sei das Land seit zehn Jahren Vorreiter.
Krieps und sein Kollege sind vor allem in den südlichen Teilen von Haiti unterwegs: in der Gemeinde Cavaillon und der Hafenstadt Les Cayes – der größten betroffenen Stadt und damit dem „Epizentrum“ der Katastrophe. In Cavaillon stehe die Satellitenschüssel, die sie aufgebaut hätten, erzählt der Feuerwehrmann. Sie sei aufblasbar und habe einen Durchmesser von 2,40 Metern.
Vertrauen in Autoritäten verloren
„Ich bin noch bis nächsten Mittwoch hier“, sagt Krieps. Zu dem Zweierteam sei inzwischen noch ein dritter Sachverständiger dazugestoßen. Dieser bleibe da, wenn die zweite Phase des Einsatzes anlaufe. Das norwegische ECPP-Modul baue nämlich ein ganzes Feldlazarett auf, erzählt Krieps. Die Aufgabe des Telekommunikationsteams bestehe darin, dieses mit den anderen Hilfsorganisationen und -teams zu verbinden.
emergency.lu
Laut Website ist emergency.lu eine mobile, satellitengestützte Telekommunikationsplattform, die geschaffen wurde, um die Kommunikation (Internet, Telefon) nach einer Katastrophe wiederherzustellen, die Koordinierungsbemühungen der humanitären Organisationen vor Ort zu unterstützen und zur Rettung von Menschenleben in humanitären Notsituationen beizutragen.
Im Katastrophenfall können Ausrüstung und Personal per Flugzeug in weniger als zwölf Stunden in das betroffene Gebiet gebracht werden. Kommunikationsdienste können auch im Rahmen von chronischen Krisen, insbesondere in sehr abgelegenen Gebieten, erbracht werden. Die Mitarbeiter von emergency.lu waren unter anderem schon in Syrien, Nigeria und Venezuela auf Mission.
Die Plattform wird geleitet von der „Direction de la coopération au développement et de l’action humanitaire“, die ihrerseits wieder dem Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Angelegenheiten unterstellt ist.
„Der Bedarf an einem Feldspital besteht vielleicht nicht mehr in direkter Reaktion auf das Erdbeben“, erklärt Krieps. Doch alle Strukturen, die eine kontinuierliche medizinische Versorgung sicherstellen, seien zerstört worden. Deswegen sei die Konstruktion einer derartigen Sanitätseinrichtung sinnvoll. „Das ist schon eine Challenge, das aufzubauen – es ist eine riesige logistische Nummer“, betont der Feuerwehrmann.
Dem CGDIS-Team fallen während seiner Mission aber noch andere Aufgaben zu: die Errichtung eines sicheren Funknetzwerks, über das sich die einzelnen Helfer austauschen können. „Die Sicherheitslage ist angespannt“, sagt der Kooperationsbeauftragte von emergency.lu. Die Hilfskette sei moderat angelaufen, was auch normal sei. Das ganze Essen werde eingeflogen. In einem gewissen Umfang werde die Bevölkerung aufständisch, da sie fürchte, nicht genug zu essen zu bekommen, und ihr Vertrauen in Autoritäten verloren habe.
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