Saint-Paul / „Luxemburger Wort“ entlässt 80 Mitarbeiter: Rekonstruktion eines gescheiterten Sozialdialogs
Die Gewerkschaft LCGB hat für Donnerstag zu einer Protestaktion vor dem Redaktionsgebäude des „Luxemburger Wort“ aufgerufen, um gegen den Stellenabbau beim Medienhaus Saint-Paul zu demonstrieren. Der Sozialdialog wurde vorher einseitig von der Saint-Paul-Direktion beendet – trotz Intervention von Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP). „Ein Skandal, der seinesgleichen sucht“, sagt der LCGB.
Das Medienhaus Saint-Paul hat am 17. September mitgeteilt, dass insgesamt 80 Mitarbeiter entlassen werden sollen. Wie Direktor Paul Peckels dem Tageblatt gegenüber sagte, sei dieser Schritt eine verlagsinterne Entscheidung gewesen, die nicht vom Mehrheitseigner Mediahuis ausgegangen sei. Als Grund gab er damals einen Umsatzeinbruch an, der der sanitären Krise geschuldet war.
Kurz darauf wurden Verhandlungen für einen Sozialplan angekündigt, Verhandlungsbeginn war am 21. September. In einer ersten Stellungnahme stellte der LCGB fest, dass sich das Medienhaus Saint-Paul nicht an den bestehenden Kollektivvertrag hält: Artikel 38 spricht den Arbeitnehmern eine Beschäftigungsgarantie für die gültige Laufzeit des Vertrages, also bis zum 31. Dezember 2021, aus. Weiterhin hinterfragte der LCGB erstmals die Behauptung der Direktion, dass die Übernahme durch das belgische Unternehmen Mediahuis nicht der Grund für den drastischen Stellenabbau sei. Stattdessen sah die Gewerkschaft in der sanitären Krise nur eine willkommene Gelegenheit für die Unternehmensführung, den Stellenabbau durch einen „cas de force majeure“ zu forcieren.
Der LCGB wandte sich direkt an Mediahuis, das jedoch auf die Geschäftsführung vor Ort verwies. Die Direktion würde gemäß der lokalen Gesetzgebung die Interessen des Betriebes als auch der Arbeitnehmer berücksichtigen, stand in der knappen Antwort geschrieben. Auch Fragen des Tageblatt leitete ein Sprecher von Mediahuis geradewegs an Saint-Paul-Direktor Paul Peckels weiter: „Da ihre Fragen sich auf Entscheidungen der lokalen Geschäftsführung beziehen, leiten wir ihre E-Mail weiter an Paul Peckels, CEO von Saint-Paul Luxemburg.“
Treffen mit Arbeitsminister
Dass der Direktion jedoch offenbar nicht an einem Sozialplan im Interesse aller beteiligten Parteien gelegen ist, zeigte sich bei einem Treffen im Arbeitsministerium am 5. Oktober – kurz vor Ablauf der Verwaltungsfrist. Diesem blieb die Direktion des Medienhauses Saint-Paul fern. Gewerkschaftssekretärin Céline Conter sprach gegenüber dem Tageblatt von einem sehr konstruktiven Treffen zwischen Minister und Gewerkschaft. Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) hatte vorgeschlagen, die Verhandlungsfrist zu verlängern und auf einen „Plan de maintien dans l’emploi“ hingedeutet – eine Idee, die auch im Verlaufe der Entlassungen bei Luxguard auf fruchtbaren Boden gefallen war.
Gegenüber dem Tageblatt gab sich Kersch relativ optimistisch, dass diese Idee auch im Fall „Saint-Paul“ angewandt werden könne. Er verwies auf die soziale Verantwortung des Luxemburger Traditionsbetriebes: „Die können nicht einfach eine ,Hire and Fire‘-Logik an den Tag legen.“
Jeder positive Schritt ist hilfreich
Direktor Paul Peckels wollte das Fernbleiben der Direktion nicht weiter kommentieren, sagte jedoch: „Die Hintergründe will ich nicht öffentlich preisgeben, der LCGB weiß allerdings genau, warum wir zu dem Treffen nicht erschienen sind.“ Céline Conter vom LCGB nimmt diese Aussage mit Unverständnis auf: „Der Direktor meinte lediglich, dass ein Treffen mit dem Arbeitsminister nicht im gesetzlichen Rahmen vorgesehen sei – ich bin jedoch der Meinung, dass jeder zusätzliche Schritt für eine Lösung unternommen werden soll. Ich kenne keinen Paragrafen im Arbeitsgesetz, der dies untersagt.“
Nach dem Treffen mit dem Arbeitsminister wandte sich der LCGB am Abend des 5. Oktobers abermals an die Direktion der Saint-Paul-Gruppe. Diese erklärte die Sozialverhandlungen daraufhin einseitig für beendet – und teilte mit, das Dossier an die nationale Schlichtungsstelle übergeben zu wollen. „Wir halten uns an das Arbeitsgesetz und die darin vorgesehenen Prozeduren“, erklärt Direktor Paul Peckels, warum er einer Verlängerung der Verhandlungsfrist, wie sie von Arbeitsminister Dan Kersch vorgeschlagen wurde, nicht zugestimmt hat.
Der vorerst letzte Akt war dann die Intervention von Arbeitsminister Kersch am Dienstag. In einem Brief wandte er sich nach Abbruch der offiziellen Verhandlungen noch einmal schriftlich an die Direktion des Luxemburger Wort. „Darauf haben wir jedoch noch keine Reaktion erhalten“, teilt Gewerkschaftssekretärin Céline Conter am Donnerstagmorgen gegenüber dem Tageblatt mit. „Den Brief des Ministers habe ich erst heute Morgen erhalten“, erklärt Peckels das Ausbleiben einer Antwort und versichert, diesen mit der nötigen Gewissheit zu beantworten.
Erzbistum wendet sich ab
Während der Sozialverhandlungen hat sich der LCGB auch an das Erzbistum gewandt. Die Gewerkschaft bemängelt, dass im Rahmen der Übernahme durch Mediahuis keine Beschäftigungsgarantie zwischen dem Erzbistum und dem belgischen Medienhaus vereinbart wurde. Weiterhin fordert der LCGB, dass die Gelder, die für den Bau einer neuen Betriebsküche vorgesehen waren, im Kontext des Sozialplans in die Weiterbildung und Neuorientierung der Mitarbeiter investiert werden sollen.
Marc Wagener, Ökonom bei Lafayette S.A., der Aktiengesellschaft, die zur Verwaltung des Vermögens des Erzbistums Luxemburg dient, hat daraufhin erwidert, dass die in den Kollektivverträgen vorgesehene Beschäftigungsgarantie auch bei einer Übernahme durch einen anderen Konzern gültig seien. Die Küche nicht zu bauen, sei hingegen eine ökonomische Fehlentscheidung, so Wagener. Die Küche würde den Wert des Gebäudes steigern – sie nicht zu bauen, würde das Erzbistum Geld kosten, so die Erklärung des Ökonomen.
Pour être bref: cette décision de ne pas la construire ne génère aucune économie et fait perdre de l’argent à LafayetteÖkonom bei Lafayette S.A.
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