Parlament / Luxemburgisch keineswegs vom Aussterben bedroht
Geht es bergab mit dem Luxemburgischen, wie die ADR befürchtet, oder erlebt es im Gegenteil seit mehreren Jahren einen neuen Elan? Die Frage beschäftigte am Dienstag das Parlament. Die Mehrheit teilte die ADR-Befürchtungen nicht. Grundlage der Debatte war eine rezente Statec-Publikation zur Benutzung der Sprachen im Lande, die jedoch unterschiedlich interpretiert wurde.
Ein Gespenst ging um im Parlament, als der ADR-Abgeordnete Fred Keup das Wort ergriff. Die Luxemburger Sprache sei am Verschwinden. Im öffentlichen Raum werde das Luxemburgische immer weniger benutzt, sagte er eingangs einer Aktualitätsdebatte, die seine Gruppe angefragt hatte. Keup berief sich dabei auf Angaben aus einem rezenten Statec-Bericht zur Sprachensituation im Land. Bei seiner pessimistischen Prognose stützte er sich lediglich auf eine Zahl, die bei der rezenten Volkszählung ermittelt wurde. So ging die Zahl der Menschen, die das Luxemburgische im Alltag gebrauchen, von 323.500 im Jahr 2011 auf 292.000 im Jahr 2021 zurück, von 71 auf 61 Prozent. Die Benutzung des Luxemburgischen geht demnach trotz Bevölkerungswachstum zurück. In Wirklichkeit würden wohl noch weniger Menschen die Landessprache sprechen, da nicht alle Haushalte an der Volkszählung teilgenommen hätten, meinte Keup. Luxemburgisch werde vor allem bei den älteren Semestern benutzt, bei den aktiven Bevölkerungsschichten der 30- bis 60-Jährigen jedoch weniger als 50 Prozent. In Zukunft werde der Gebrauch des Luxemburgischen noch weiter zurückgehen.
Ausschusssitzungen live
Das Parlament hat eine von Sam Tanson („déi gréng“) vorgestellte Resolution einstimmig verabschiedet, der zufolge alle Ausschusssitzungen öffentlich übertragen werden sollen. In einer ersten Phase gilt das ab April für lediglich fünf Ausschüsse. Anfang kommenden Jahres soll eine Auswertung erfolgen. Weitere Ausschüsse können dann folgen.
Schon bald wurden erste Zwischenrufe laut. Warum Keup denn sein mit seinem Parteikollegen Tom Weidig publiziertes Buch über das drohende Ende des Luxemburger Landes auf Deutsch veröffentlicht habe, lautete eine Frage. Außerdem seien seine Angaben falsch oder falsch interpretiert worden. Davon ließ sich der Redner nicht beeindrucken. Das Luxemburgische werde aus dem Handel, aus Elternversammlungen in der Schule verdrängt. Bei Wohnungseigentümerversammlungen werde es sogar verboten.
Am Flughafen Findel würden die Ansagen nur noch auf Französisch und Englisch gemacht. Einmal verschwunden, komme die Sprache nicht mehr zurück, warnte Keup in dramatischem Unterton. Im Konkurrenzkampf der Sprachen könne die Politik jedoch etwas unternehmen. „Wir sind dafür verantwortlich, ob sich unsere Sprache erholt“, so sein Appell ans Parlament.
Alle anderen Parteien widersprechen
Derlei Angstzustände trieben die anderen Fraktionen nicht um. Laut Françoise Kemp (CSV) sei die absolute Zahl von Personen gestiegen, die des Luxemburgischen mächtig sind. Ihr relativer Anteil sei jedoch wegen des zuwanderungsbedingten Bevölkerungswachstums zurückgegangen. Luxemburgisch sei mit 49 Prozent die erste Sprache im Lande. Am „Institut national des langues“ (INL) sei Luxemburgisch die am häufigsten gefragte Sprache. Was von André Bauler (DP) bestätigt wurde. Tatsächlich habe sich die Zahl der Einschreibungen am INL in den letzten zehn Jahren verdoppelt.
Ähnliche Argumente hatte auch LSAP-Sprecherin Liz Braz. Man sollte die Sprache nicht benutzen, um Angst zu schüren. Das Interesse am Luxemburgischen sei noch nie so groß gewesen. Sie verwies dabei auf ausgebuchte Sprachkurse, bemängelte jedoch die fehlende zeitliche Flexibilität beim Kursangebot.
Die grüne Fraktionschefin Sam Tanson warf Keup ihrerseits Geschichtsverfälschung vor. Das Luxemburgische sei erst mehr als hundert Jahre nach der Staatsgründung als Nationalsprache anerkannt worden. Sein Gebrauch in Literatur und Film habe sich in den letzten Jahren exponentiell entwickelt. Täglich würde auf WhatsApp und anderen Plattformen auf Luxemburgisch kommuniziert. Die Sprache sei keineswegs gefährdet. Wie einige seiner Vorredner forderte auch Ben Polidori (Piraten) eine Verbesserung des Kursangebots. Dabei sollten Betriebe stärker unterstützt werden.
Bei der von Statec durchgeführten Umfrage sei lediglich gefragt worden, welche Sprache man normalerweise benutze, so Marc Baum („déi Lénk“), der die Richtigkeit einiger von der ADR gemachten Aussagen anzweifelte. Aber was sollten etwa portugiesische Einwohner, Migranten zweiter Generation, auf die Frage antworten, welche ihre Hauptsprache ist, wenn sie draußen Luxemburgisch sprechen, zu Hause mit den Eltern aber Portugiesisch? Wohl gehe der Gebrauch des Luxemburgischen zu Hause und auf der Arbeit zurück, doch zähle dasselbe für Französisch und Deutsch, während das Englische massiv zulege. Baums Schlussfolgerung aus der Statec-Studie: Das Luxemburgische ist nicht vom Aussterben bedroht und hat in den letzten Jahren sogar an Bedeutung gewonnen, weil es eine Integrationssprache ist.
Kulturminister Eric Thill (DP) stellte großen politischen Konsens in Sachen Förderung der Sprache fest. Dem ADR-Abgeordneten warf er vor, lediglich eine Zahl aus dem Statec-Bericht „herausgepickt“ zu haben. Bei der Umfrage sei lediglich nach der Hauptsprache gefragt worden und nicht welche weiteren Sprachen die betroffene Person noch beherrsche. Für 2025 kündigte Thill eine „Speech to text“-Maschine für das Luxemburgische an.
„Wir brauchen das UNRWA“
Luxemburg wird seine Verpflichtungen gegenüber dem UN-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) vorerst weiter erfüllen. Man werde aber nichts Zusätzliches tun. Das sagte Außenminister Xavier Bettel (DP) in Beantwortung von Fragen der Abgeordneten Franz Fayot (LSAP), Laurent Mosar (CSV) und Fernand Kartheiser (ADR) am Dienstag im Parlament. Medienberichten zufolge waren mehrere Mitarbeiter des UNRWA an den terroristischen Angriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 direkt beteiligt.
Mehrere Länder haben ihre Unterstützung des UNRWA bereits abgebrochen. Das UNRWA werde gebraucht, so Bettel. Er erinnerte daran, dass rund 30.000 Personen beim Hilfswerk arbeiten. Sie leisteten medizinische und Lebensmittelhilfe. Keine andere Organisation könne diese Arbeit übernehmen.
Das UNRWA selbst habe Ermittlungen angestrengt. Man warte diese Untersuchungsergebnisse ab. Würde die internationale Unterstützung von heute auf morgen abgebrochen, drohe eine akute Lebensmittelkrise im Gazastreifen. Es gehe darum, den Ärmsten und Schwächsten zu helfen, so Bettel.
„Logementsdësch“ Ende Februar
Der von den Koalitionsparteien angekündigte „Logementsdësch“ soll zwischen dem 20. und 29. Februar stattfinden. Das hat Premierminister Luc Frieden (CSV) angekündigt. Die Wohnungspolitik sei nicht Chefsache, sondern eine kollektive der ganzen Regierung, betonte er auf eine entsprechende Aussage von François Bausch („déi gréng“). Gespräche von Ministern mit einzelnen Akteuren des Wohnungsmarkts hätten bereits stattgefunden.
Am „Logements-Tisch“ würden Gemeinden, Vertreter des Bausektors, von Banken und Staat teilnehmen. Dabei gehe es um die Umsetzung der im Koalitionsprogramm vorgesehenen Maßnahmen. Weil angesichts der Krise im Bausektor und am Wohnungsmarkt dringender Handlungsbedarf besteht, sollen bereits eine Woche nach dem Rundtischgespräch fiskalische Maßnahmen folgen, um dem Wohnungsmarkt neuen Schwung zu geben.
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Gehen Sie mal in ein Geschäft und probieren auf luxemburgisch zu bestellen. Antwort; en français
Es mag ja stimmen, dass mehr Leute die Sprache sprechen, aber wie der Artikel selbst zugibt, verschwindet sie immer mehr aus dem Alltag. Man kann fat nirgends mehr einkaufen, ausser in der deutschen Granzregion, und dort luxemburgisch sprechen. Einen kompetenten Fachmann anzutreffen, der einem eine Beratung auf luxemburgisch anbietet, fast ein Ding der Unmöglichkeit, schlimmer noch, die meisten Ärzte können nicht einmal mehr die Landessprache, man muss sich also verstellen, seine Probleme best möglich in einer Fremdsprache ausdrücken und auf das Beste hoffen. Fremd im eigenen Land!
@Romain : Welches Geschäft? In dem letzten Laden, den ich besucht habe, habe ich luxemburgisch gesprochen.
Außerdem : was hat das mit der Debatte im Parlament zu tun? Wenn ich in „ein Geschäft“ gehe und mir dort gesagt wird „en français“, dann stirbt die luxemburgische Sprache doch nicht aus – oder? (mal ganz davon abgesehen dass die frz. Sprache auch zu „den“ Sprachen Luxemburgs gehört).