Editorial / Luxemburgisch sein bedeutet mehr, als nur die Landessprache zu sprechen
Geht es nach der ADR, müssen wir in Luxemburg wohl bald ein Staatsbegräbnis abhalten. Zu Grabe getragen wird dann unser schönes „Lëtzebuergesch“. Denn, so beweinen und bejammern die Populisten, immer weniger Menschen sprechen die Landessprache. Ein unabwendbares Drama, das die schlauen Köpfe des Statec bei der Volkszählung aufgedeckt hätten, so die Partei. Überall verschwinde die Sprache von der Bildfläche und teilweise sei sie sogar verboten! Und wenn eine Sprache erst einmal verschwunden sei, dann werde sie auch nicht mehr wiederkommen, warnte der ADR-Abgeordnete Fred Keup bei der von den Rechtskonservativen inszenierten Beerdigungsfeier am Dienstag in der Chamber. Da gefriert einem ja das rot-weiß-blaue Herz.
Scherz beiseite: Die übertriebene Sorge der ADR um die Landessprache hat weniger damit zu tun, tatsächlich die Luxemburger Sprache zu schützen, als das Gefühl zu fördern, dass die „Stacklëtzebuerger“ langsam im eigenen Land von „den Ausländern“ ersetzt werden. Denn wenn die eigene Sprache „vom Aussterben bedroht ist“, dann ist man vielleicht auch selbst in der Situation. Das ist ein Narrativ, das bei solchen Parteien immer wieder auftaucht. Ziel ist es, einen Keil in die „Multikulti“-Gesellschaft zu treiben und ein paranoides Weltbild zu schaffen, in dem die Wahl von rechtspopulistischen Parteien wie die ADR als einzig mögliche Lösung erscheint.
Was die ADR in ihrer Panikmache gerne ausblendet, wurde von den anderen Parteien während der Parlamentsdebatte deutlich gemacht: Das Statec hatte während der Volkszählung nicht gefragt, wie viele Menschen Luxemburgisch sprechen können – sondern welche Sprachen hauptsächlich in den verschiedenen Bereichen des Alltags – zu Hause, in der Freizeit, auf der Arbeit – gesprochen werden. Das eine geht nicht zwangsläufig mit dem anderen Hand in Hand.
Die Luxemburger Sprache wird derzeit gefördert wie selten zuvor. Die Arbeit des „Zenter fir d’Lëtzebuerger Sprooch“, der Uni.lu, des nationalen Spracheninstituts und der Kulturschaffenden sorgt dafür, dass die Sprache nicht nur besser erforscht und gelehrt, sondern auch gelebt wird. Wie viele Bücher erscheinen jedes Jahr auf Luxemburgisch! Wie viele hochwertige Serien und Filme werden produziert und sorgen auch international für Aufsehen. Etliche Webseiten und offizielle Informationen sind mittlerweile auf Luxemburgisch verfügbar, die früher nur in den Amtssprachen Deutsch und Französisch erhältlich waren.
Die Diversität der Menschen und Sprachprofile im Land ist historisch genauso verwurzelt wie unsere Landessprache. Wie viele von uns tragen in ihren Namen Spuren von Immigration und Integration? Eine offenherzige Gesellschaft, in der Menschen aus aller Welt ein Zuhause finden können, sollte etwas sein, auf das wir stolz sein können. Mit dieser kulturellen Vielfalt ist es wenig verwunderlich, dass Luxemburgisch nicht überall dominiert. Denn am Ende ist es doch wichtiger, dass man eine Sprache findet, in der jeder sich komfortabel und sicher ausdrücken kann. Je nach Zusammensetzung der Gruppe kann das Luxemburgisch sein oder eben Französisch, Englisch und Deutsch. Ein Fakt, der wohl auch den um das Luxemburgische besorgten ADRlern Keup und Weidig bewusst ist. Denn wieso sonst hätten sie ihr Buch über den Stand der Landessprache auf Deutsch statt auf Luxemburgisch verfasst?
Ein Land setzt sich aus mehr zusammen als nur einer gemeinsamen Sprache. Die gemeinsamen Werte und Ideale schaffen ebenso eine kohärente Identität. Und leben wir nicht lieber mit Menschen zusammen, mit denen wir an einem Strang ziehen, selbst wenn wir nur mit Händen und Füßen kommunizieren können, als mit Menschen, die zwar die gleiche Sprache sprechen, mit denen uns aber sonst nichts verbindet?
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Keup sollte sich um seine Zukunft und die seiner Truppe sorgen. Mehr als die Sprache sprechen? Vielleicht einen Moslem dazu bringen Judd mat Gaardebounen zu essen? Der ADR gehen die Themen aus oder sie kennen nur zwei. Zum Thema Ausländer. Es bleibt gar nicht aus,dass wir „Stacklëtzebuerger“ auf Dauer verschwinden. Vermissen sie den Dodo? (ausgestorbene Vogelart) Mein Großvater war Franzose.Bin ich noch ein „Stacklëtzebuerger“? Wenn nicht,bricht für mich eine Welt zusammen. So arbeiten wir im „Homeoffice“ und auf dem „Computer“ und gehen in „coolen“ „Outfits“ in die „City“. Echt Stacklëtzeburgesch und das hat mit den Ausländern nichts zu tun. Bald sprechen wir die Sprache unserer I-Phones. Crazy,isn’t it?
„Die Luxemburger Sprache wird derzeit gefördert wie selten zuvor.“
Dort liegt der Hase im Pfeffer.
Kleines Beispiel. Mutti, im Altersheim einer französischen S.A., beschwerte sich immer, „déi babbelen esou séier, ech versti se baal nët“. Vom gesammten Personal war eine luxemburgische Fachkraft.
Habe 2 “ Krankenschwestern“ angesprochen, wegen der Verständigung mit der „Patientin“ und eventueller Teilnahme an einer eventuellen Sprachschulung.
« Mon cher monsieur, vous croyez vraiment qu’on a le temps et la force de se faire instruire encore après 10 heures de travail. Si maman ne nous comprends pas tout de suite, elle peut toujours demander. » « Alors si l’on vous donnait l’occasion d’apprendre pendant vos heures de service …. « « Ah oui, là se serait autre chose »
Maman wollt hinnen leider nët op d’Nerven goen.
Bis elo bleiwt alles wéi ët wor, mat ville Problemer.
Das Bedrohungsszenario von Herrn KEUP erinnert mich an diese Situation, die ja auch von der luxemburgischen rechtsextremen „Rechtspartei“ der Herren BECH und MARGUE befürwortet wurde:
▪ Rassenhygiene als Erziehungsideologie des
Dritten Reichs (2006) Von Hans-Christian HARTEN, Uwe NEIRICH, Matthias SCHWERENDT. Im Mittelpunkt unserer Untersuchung steht der Einbruch eines naturwissenschaftlichen Paradigmas unter völkischen Vorzeichen in die Pädagogik, der sich mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 in Deutschland ereignete. Er traf die Disziplin weithin unvorbereitet. Die akademische Pädagogik reagierte vorwiegend hilf- und sprachlos. Dies hängt gewiß damit zusammen, daß die Pädagogik der Weimarer Republik vorwiegend geisteswissenschaftlich orientiert war und mit dem Rassenkonzept bestenfalls in metaphorischen Kategorien etwas anfangen konnte. Gegenüber einem aggressiv auftretenden rassenhygienischen Szientismus geriet sie schnell in die Defensive. Den mit scheinbar harten Zahlen untermauerten Bedrohungsszenarien der Rassenhygieniker ließ sich so schnell nicht viel entgegensetzen. Diese Hilf- und Sprachlosigkeit – uns ist keine substantielle kritische Auseinandersetzung der geisteswissenschaftlichen Pädagogik mit der Rassenhygiene aus der Zeit des Dritten Reichs bekannt – ist freilich auch ein Teil des Problems; denn es sei die These gewagt, daß sie den Einbruch, den wir dokumentieren, auch mit ermöglicht hat, so wie das „Schweigen der Mehrheit“ die Machthaber in dem Entschluß, ihre rassenpolitischen Ziele in die Tat umzusetzen, nur bestärkte. Nach 1933 wurde die „Rassenbiologie“ umstandslos zu einem konstitutiven Bestandteil der Allgemeinbildung deklariert, Biologen und Zoologen wurden, als wäre dies selbstverständlich, für die erziehungswissenschaftliche Grundbildung künftiger Lehrer und Studienräte mit zuständig – kein Protest, keine Fragen der „scientific community“ sind dazu überliefert. Statt dessen traten Heerscharen von Pädagogen und anderen Fachvertretern auf den Plan, die bemüht waren, dem eine theoretische Legitimation zu geben, auch solche, von denen man es kaum erwartet hätte. Praktisch von einem Tag auf den anderen entfaltete sich ein „rassenpädagogischer Diskurs“, der in den etwa 2.000 Texten, die wir zusammengestellt haben, einen eindrucksvollen Niederschlag fand. 975 Autoren haben wir gezählt, überwiegend akademisch gebildete professionelle Pädagogen – Lehrer, Studienräte, Professoren und Dozenten der Universitäten und der Lehrerbildung. Ob eine „Rassenpädagogik“ überhaupt möglich ist und ob die ganze nationalsozialistische Pädagogik nicht eine „Un-Pädagogik“ war, weil sie Grundpositionen pädagogischer Verantwortung preisgab, sei dahingestellt. (…)
MfG
Robert Hottua
Wenn ein Ausländer ein luxemburger Pass bekommt und dann im Staatsdienst arbeitet, zB Polizei, und nur Schwedisch spricht, muss ich dann seine Sprache reden?
Wie kann man nur denken, dass man auf einem Gebiet der „Größe“ Luxemburgs, das auf dem europäischen Kontinent genau an der Grenze zwischen germanischen und frankophonen Sprachgebieten verläuft, nur eine einzige und einheitliche Sprache (bzw. Dialekt) sprechen kann bzw soll… oder je nur eine einzige Sprache gesprochen hat??
@Romain :
Nein, Sie können auch stur bleiben und mürrisch „Op Lëtzebuergesch!“ knurren. Oder Sie können auf eine andere der insgesamt 3 offiziellen Landessprachen zurückgreifen, die zur luxemburgischen Sprachkultur gehören (was Sie im übrigen gerade tun, wenn Sie auf Deutsch schreiben).
@HeWhoCannotBeNamed
Wann een eppes schreift soll et och den Tatsaachen entspriechen . D’Sprooch vun de Lëtzebuerger ass Lëtzebuergesch a nëmmen Lëtzebuergesch . Dat steet esou guer neierdéngs an der Verfassung Wouvun dir schwätzt si Verwaltungssproochen. Där hu mer der 3 am Land
@BPat
Ich habe den Begriff der „Landessprachen“ benutzt, das man nicht auf die „Sprooch vun de Lëtzebuerger“ beschränken kann. Die 3 Sprachen können und werden in Luxemburg benutzt, was auch so in (französischen) Gesetzen festgehalten wurde.
Was die sturen Patrioten nicht verstehen (wollen) : die luxemburgische Sprachkultur ist nicht jene einer einzigen Sprache, dem lëtzebuergeschen (das an sich schon eine Fusion aus moselfränkischem Dialekt und französischen Fremdwörtern ist), sondern eine, die mehrsprachig ist und sich auch entwickelt. Sprache ist, was die Gesamtheit der Bevölkerung spricht um sich zu verständigen – nicht, was manche sich zu sprechen wünschen!
Loost eis emol e Saz op Däitsch iwwersetzen a da kucke mir emol wéi vill Wierder dovun Däitsch sinn.
Lasst uns einmal einen Satz auf Deutsch übersetzen und dann schauen wir mal wieviele Wörter davon Deutsch sind.
Nach Froen?
Reklame für Luxemburgisch auf Deutsch? „Wann ech kee Lëtzebuergesch schreiwe kann, a wann ët sou schwéier ass e Buch erauszegin, loossen ech d’Fanger dervun.“ Aber grossspurig auftreten scheint eine typisch Keupsche Veranlagung zu sein. Hatte vor langer Zeit einen Vorfahren des ADR Rechtskonservativen als Gymnasiallehrer und weiss worüber ich schreibe.
Zuerst werden Probleme hochgepusht, dann die Posten belegt. Am Ende geht’s nur um die Moneten.
Der Artikel legt viele gute Punkte offen, verfehlt (vieleicht gewollt) aber leider das Hauptproblem. Zuerst einmal, ja es stimmt, dass Zahlenmäßig, mehr Menschen Luxemburgisch sprechen können als noch vor 10 Jahren, was eben am Wachstum liegt. Nein, es ist nichts verwerfliches daran, wenn die eigenen Eltern Luxemburger sind und man somit in die Kategorie des „Stacklëtzebuerger“ fällt (den rassistischen Unterton mal ignoriert). Es stimmt auch dass wir mehr Werbung für die Sprache machen und immer mehr Angebote für Sprachkurse kreieren. Leider ist die Qualität dieser Kurse, wie ich aus persönlichen Erfahrungen berichten kann nicht immer auf einem akzeptablen Niveau. Dies ist jedoch nicht das Hauptproblem. Auch nicht, dass man innerhalb einer Gruppe keine Sprache finden würde in der man sich unterhalten könnte. Das Problem beginnt im Alltag, man kann kaum noch eine adequate Beratung, sei es beim Kauf von Geräten oder beim Bau oder Renovation finden, die nicht auf Französisch beruht. Das gleiche Problem kommt immer mehr in dem Pflege- und Gesundheitssektor auf. Und heir liegt das eigentliche Problem! All diese Angebote sind ja schön und gut, aber kein Arbeiter aus der Grenzregion ist bereit, nach 1.5h Stunden Anfahrt, 8h Arbeit und 1.5h Rückfahrt auch noch den Rest des Abend mit einem Sprachkurs zu verbringen und wer kann es ihnen verdenken!?! Hinzu kommt nun noch der Wahnsinn, dass wir immer mehr Europaschulen aus dem Boden sprießen lassen, so dass auch keiner mehr sich integrieren kann. Viele derer Luxemburger, welche „in ihren Namen Spuren von Immigration und Integration“ tragen, welche der Artikel zu Recht anspricht, tun dies, weil sie eine erfolgreiche, wenn auch nicht immer leichte Integration durch das luxemburger Schulsystem hinter sich haben. Diese Säule nun auch noch zu Untergraben wird der Lösung dieser Problematik nicht förderlich sein! Ja eine ADR benutzt dieses Thema für ihre Politik und nein sie hat bei weitem nicht mit allem Recht, aber an einige Punkte ist halt etwas Wahres dran und diese sollten auch thematisiert werden (oder zumindest erlaubt sein, sie zu erwähnen). Aber hey, der „Stacklëtzebuerger“ soll halt den Mund halten, denn seine Ansichten und Bedenken müssen ja eh „rassistischer“ Natur sein und können somit getrost ignoriert werden… Ein doch sehr merkwürdiges Sozialverdständnis welches hier manchmal an den Tag gelegt wird.
En francais svp. 😜