EU-Parlament / Luxemburgischer EP-Abgeordneter Fernand Kartheiser will Sprachregeln ändern
Nach seiner missglückten Rede im Europäischen Parlament (EP) schlägt der luxemburgische EU-Parlamentarier Fernand Kartheiser in einem Schreiben an die EP-Präsidentin Roberta Metsola eine Änderung der Geschäftsordnung vor. Sein Ziel ist es, in der Volksvertretung Luxemburgisch zu sprechen.
Der luxemburgische EU-Parlamentarier der Fraktion „Europa der Konservativen und Reformer“ (EKR), Fernand Kartheiser, hat am Montagabend seine – in französischer Sprache verfasste – Ankündigung in die Tat umgesetzt und im Europäischen Parlament eine Rede in luxemburgischer Sprache zumindest begonnen. Nachdem ihm im Rahmen der „Ausführungen von einer Minute“ vom Sitzungspräsidenten Esteban Gonzalez Pons das Wort erteilt wurde, hob Kartheiser an: „Villmools Merci Här President. Als Nationalsprooch vun engem Memberland vun eiser Unioun huet Lëtzebuergesch e Recht op e Statut an dësem héijen Haus esou wéi all déi aner Sproochen och.“ Noch bevor Kartheiser den Satz zu Ende gesprochen hatte, unterbrach ihn der Spanier – wie zu erwarten. Denn nach den ersten Worten von Kartheiser meldeten sich auch die Dolmetscher: „Die Dolmetscher möchten an dieser Stelle anmerken, dass die Rede nicht verdolmetscht werden kann, weil sie in einer Nicht-EU-Amtssprache gehalten wird.“
Auf die Unterbrechung durch den Vorsitzenden hatte es Kartheiser angelegt. Dieser wurde darauf hingewiesen, dass er eine der EU-Amtssprachen benutzen müsse. Der EKR-Politiker meinte hingegen, diesmal auf Englisch: „Herr Präsident, ich bitte Sie höflich um das gleiche Recht für das luxemburgische Volk wie für alle anderen in diesem Parlament, und ich möchte Sie bitten, mich auf Luxemburgisch sprechen zu lassen.“ Da er das perfekt in Englisch erklärt habe, könne er nun in dieser Sprache weitermachen, meinte daraufhin der EP-Vizepräsident Esteban Gonzalez Pons. Kartheiser erklärte, weiter auf Englisch, er wolle, dass das Luxemburgische im EP wie alle anderen Sprachen anerkannt und nicht diskriminiert werde. Immerhin hätten die drei Gründungsväter Robert Schuman, Konrad Adenauer und Joseph Bech in Luxemburgisch über die Zukunft Europas geredet.
In einem Brief an die EP-Präsidentin schlägt der EKR-Abgeordnete vor, die Geschäftsordnung in zwei Punkten zu ändern. Beide Dokumente wurden der luxemburgischen Presse gestern in einer in Englisch verfassten Mail zur Kenntnisnahme zugesandt. So sollten Abgeordnete das Recht haben, in ihrer Nationalsprache im EP zu sprechen, wenn diese Sprache offiziell von der Verfassung im jeweiligen Mitgliedstaat anerkannt ist. In diesem Fall sollte der Redner im Vorfeld den Dolmetscherdiensten eine Übersetzung seiner Rede in einer der EU-Amtssprachen vorlegen, damit diese in andere Sprachen verdolmetscht werden kann. Im zweiten Punkt geht es um die Verpflichtung des Redners, die Rede in einer EU-Amtssprache für den wortwörtlichen Bericht bereitzustellen.
Lösung ist nicht praxistauglich
Kartheisers Lösung ist allerdings nicht praxistauglich. Darauf weist der luxemburgische S&D-Abgeordnete und ehemalige EP-Vizepräsident Marc Angel hin. Er hat Erfahrung mit der Leitung von Plenarsitzungen und weist daher darauf hin, dass der Sitzungspräsident jederzeit eingreifen können muss, wenn Dinge im Plenum vorgetragen werden, die dort nicht hingehören. „Es gibt keine Garantie, dass der geschriebene Text auch dem entspricht, was der Redner vorträgt“, gibt Marc Angel zu bedenken. Somit könnte durchaus alles Mögliche gesagt werden, ohne dass der Sitzungspräsident es versteht. Zudem müsste beim sogenannten Catch-the-eye-Verfahren, bei dem einem Redner spontan eine Frage gestellt werden kann, und demnach eine spontane Antwort erwartet wird, ein auf Luxemburgisch sprechender EP-Abgeordneter in einer EU-Amtssprache antworten. Oder er wird nicht verstanden, da die Antwort nicht verdolmetscht werden kann.
„Die Leute haben im Moment andere Sorgen“, findet Marc Angel, der durchaus die Bedeutung der luxemburgischen Sprache anerkennt. Es sei Fernand Kartheiser auch erklärt worden, dass er sein Anliegen mit Premierminister Luc Frieden besprechen soll. Der EKR-Politiker habe aber „seine Nummer“ abziehen wollen, um auf Social Media und in die Medien zu gelangen, meint Marc Angel. Luc Frieden hatte vergangene Woche am Rande des EU-Gipfeltreffens in Brüssel deutlich gemacht, dass er sich Kartheisers Ansinnen kaum zu eigen machen wolle.
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