Editorial / Luxemburgs Interessen bei den Europawahlen
Am heutigen Montag beginnt in Luxemburg offiziell der Wahlkampf zu den Europawahlen. Bereits ab dem Wochenende wurden die ersten Plakate an den Straßenrändern aufgestellt. Beides geht auf eine Absprache zwischen den acht größten der insgesamt 13 an der Wahl teilnehmenden Parteien zurück. Aus europäischer Perspektive werden damit in Luxemburg binnen Jahresfrist nun auch die Mitglieder des zweiten Ko-Gesetzgebers in der EU, des Europäischen Parlaments (EP), neu bestimmt. Im Gremium des ersten EU-Gesetzgebers, des Rates der EU, auch Ministerrat genannt, ist das Land seit der Bildung der neuen Regierung im vergangenen Jahr durch die CSV-DP-Koalition vertreten. Also nicht mehr durch eine links-liberale, sondern eine rechts-liberale Ministerriege, was einen Unterschied macht. Gerade in diesen Zeiten.
Nun haben es die um die Gunst der Wählerschaft buhlenden Kandidatinnen und Kandidaten bei den Europawahlen schwerer als jene, die bei den Chamberwahlen antreten, da ihre Parteien nie direkt und tonangebend an der Regierungsarbeit beteiligt sind. Europa funktioniert eben anders. Zudem ist den allermeisten im Wahlvolk in der politischen Wahrnehmung das innenpolitische Hemd näher als der europäische Rock, was zwar so nicht ganz stimmt, da sich beide später miteinander verweben. Denn der legislative Prozess von EU-Gesetzen endet nicht in Straßburg oder Brüssel, sondern hat immer eine nationalstaatliche Fortsetzung.
Der Europawahlkampf bietet demnach mehr die Gelegenheit, Position zu beziehen, Forderungen aufzustellen, für Veränderungen etwa im Funktionieren der EU. Wer aber meint, als künftig gewähltes Mitglied des EU-Parlaments Versprechen abgeben zu können, dass sich die Dinge mit seiner Wahl in eine bestimmte Richtung entwickeln werden, könnte sich im besten Fall überschätzen. Vor allem, wenn er, wie der Spitzenkandidat der hiesigen ADR, meint, die Interessen des Landes besser vertreten zu können, wie er unlängst in einem Streitgespräch mit dem liberalen EP-Abgeordneten Charles Goerens bei RTL erklärt hat. Was sich als eine Irreführung der Wählerschaft erweisen könnte. Denn im EP brauchen Abgeordnete Verbündete, wenn sie etwas erreichen wollen. Die finden sie als Erstes in der eigenen Fraktion. Und da würden bereits die Probleme für Fernand Kartheiser beginnen. Die Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“ (EKR), der die ADR angehört, eint vor allem, dass sie sich mehr für ihr eigenes Land – in ihrer Sicht: die eigene Nation – einsetzen als für das gemeinsame Europa. Denn die von den britischen Torys gegründete EKR sollte den mittlerweile ausgetretenen Briten dazu dienen, den Integrationsprozess zumindest auszubremsen, wenn nicht gar eine Renationalisierung mancher Politiken zu betreiben. In der EKR-Fraktion übernahm anschließend die polnische PiS, die sich vor allem zu Hause dem Rückbau der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit verschrieben hatte. Und nach den Wahlen wollen die Postfaschisten der Fratelli d’Italia übernehmen, mit dem ungarischen Fidesz-Chef Viktor Orban im Schlepptau, dem die Italiener in der EKR eine neue politische Heimat angeboten haben. Und mit solchen Verbündeten sollte etwas für Luxemburg in Europa erreicht werden?
Neben den Nationalisten und Nationalpopulisten der EKR gibt es noch die offen zum Rechtsextremismus tendierende Fraktion „Identität und Demokratie“, der vor allem das französische „Rassemblement national“ und die deutsche AfD angehören. Aus nur mehr sieben EU-Staaten, darunter auch Luxemburg, gehört keine Partei diesen beiden Fraktionen an. Nach den Europawahlen dürften es noch weniger Länder sein. Luxemburg sollte dann zu diesen wenigen zählen. Auch das wäre im Interesse des Landes.
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