„Centrale paysanne“ / Luxemburger Bauern-Verband reagiert skeptisch auf „Nationalen Strategieplan“
Die Nachrichten aus der Landwirtschaft sind bitter. Und es geht die Angst um, dass ein nationaler Strategieplan nicht zugeschnitten ist auf die Bedürfnisse der Bauernbetriebe im Land. Bei einer Pressekonferenz zeichnete die „Centrale paysanne“ am Montag (8.11.) das Bild einer unsicheren Branche. Dazu veranlasst hat sie der Entwurf des Nationalen Strategieplans für die Landwirtschaft, der zurzeit in der öffentlichen Anhörung ist.
Der Klimaschutz kommt in der Landwirtschaft an, könnte man meinen. Diskussionen darüber gibt es schon lange, nun sollen Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen zwischen 2023 und 2027 national festgeschrieben werden. Das alles passiert vor dem Hintergrund eines neuen luxemburgischen Agrargesetzes. Bei den Bauern ist das aber schon länger angekommen, schließlich leben sie von und nah an der Ressource Natur.
Das zumindest ist die Sicht der „Centrale paysanne“, mit rund 2.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung im Land. „Wir erklären uns als Partner beim Klimaschutz, aber die Basis stimmt nicht“, sagt „Centrale“-Vizepräsident Guy Feyder (59). Er betreibt einen Milchvieh- und Ammenkuhbetrieb mit 200 Tieren und rund 120 Hektar Grün- und Ackerland in 13. Generation in Ehleringen.
Er macht ein Beispiel. Von seinen 120 Hektar sind 30 Hektar Ackerland, das bewirtschaftet wird. Von der bewirtschafteten Fläche sollen zukünftig vier Prozent brach liegen bleiben. Das bedeutet 1,20 Hektar. Darauf kann er beispielsweise Blumen anpflanzen für Bienen und leistet damit einen Beitrag zur Biodiversität. „Ich bekomme aber nur die Kosten für diese Umweltagrarmaßnahme ersetzt“, sagt er. „Es ist kein Anreiz da, sich die Mühe und den Mehraufwand zu machen.“
Preisschild fehlt: Höhe der Prämien nicht klar
Hinzu kommt, die Bauern kennen zwar den Katalog an Maßnahmen im neuen nationalen Strategieplan, also den Inhalt, aber nicht wie der Umweltschutz zukünftig vergütet wird. „Es klebt noch nirgends ein Preisschild drauf“, sagt Feyder, der auch Präsident der Landwirtschaftskammer ist. Seine Vorstellung ist: „Es muss in Zukunft möglich sein, dass Umweltleistungen interessant sind, weil sie entsprechend vergütet werden.“
Der Druck auf die Branche ist groß und wächst. Einerseits wissen die Landwirte, dass sie einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Bindung leisten können, andererseits werden sie immer weniger. In den letzten 30 Jahren hat sich die Zahl der Betriebe von 3.800 im Jahr 1990 auf knapp 1.900 im Jahr 2019 verringert. Das heißt, immer weniger Betriebe müssen die erzeugte Menge halten oder sogar noch steigern. Die Bevölkerung im Land wächst.
Dabei ist die Waage zwischen dem, was gebraucht wird, und dem, was im Land produziert wird, mal mehr mal weniger ausbalanciert – je nach Produkt. Frischmilch gibt es mehr als genug, Milchprodukte wie Käse oder Butter dagegen zu wenig. Lediglich die Rindfleischproduktion gilt laut „Centrale paysanne“ als knapp ausreichend. In Luxemburg liegt der Selbstversorgungsgrad mit Rindfleisch bei 96 Prozent.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass immer weniger Landwirte für eine stetig wachsende Bevölkerung produzieren. Dabei ist kein Betrieb im Land wie der andere. „Ich bekomme viele Umweltmaßnahmen nicht durchgeführt, weil sie nicht zu meinem Betrieb passen“, sagt Feyder. „Der Maßnahmenkatalog muss breit gefächert sein.“ Die Furcht ist, einen nationalen Strategieplan zu bekommen, der nicht zu den landwirtschaftlichen Betrieben im Land passt.
Branche plagen Nachwuchssorgen
Außerdem plagen die Branche Zukunftssorgen. Der Beruf ist rein finanziell gesehen unattraktiv. Nach „Centrale“-Angaben liegt das mittlere Einkommen eines Landwirtes mit allen Förderungen bei 36.900 Euro pro Jahr. Der Landesdurchschnitt beim Jahreseinkommen liegt bei 49.500 Euro. Zahlen des Landwirtschaftsministeriums belegen, dass „durch die Vielzahl an Vorschriften und Verboten aktuell kein Betrieb am Ende des Jahres ohne die zusätzlichen Unterstützungen einen Gewinn erarbeiten kann“, hieß es gestern vom Podium.
„Centrale“-Präsident Christian Wester, der selbst einen großen Milch- und Mastviehbetrieb in Alzingen betreibt, präzisiert: „Wenn die Schrauben immer mehr zugedreht werden und die Betriebe keine Luft mehr haben, um wirtschaftlich zu atmen, dann gibt es in naher und mittlerer Zukunft keine Bauern mehr, die Umwelt- und Klimaschutz betreiben.“ Er sagt das auch vor dem Hintergrund, dass viele Landwirte viel investieren, um ihre Betriebe zukunftsfähig zu halten. Das bedeutet langfristige Kredite.
„Wir reden hier meist von 20 Jahren“, hieß es gestern vom Podium. Außerdem werden die Inhaber und Betreiber immer älter, es fehlt an Nachwuchs. Deshalb begrüßt die „Centrale“ ausdrücklich die im nationalen Strategieplan vorgesehenen Förderungen für Quereinsteiger und junge Landwirte. Auf sie kommt viel zu. Seitenhiebe auf die Politik bleiben nicht aus.
„Wir haben schon die Natur, die uns manchmal mit Dürre, manchmal mit zu viel Regen einen Strich durch die Rechnung macht“, sagt „Centrale“-Präsident Christian Wester. „Aber auch die Politik ist nicht verlässlich und ändert alle sieben Jahre ihre Strategie.“ Das ist das eine. Das andere ist, dass Wester sich und seine Mitglieder nicht genug einbezogen glaubt.
Der nationale Strategieplan mit seinen fast 400 Seiten ist noch in der öffentlichen Anhörung, aber schon bei der Ausarbeitung hat es in seinen Augen gehapert. „Vieles von dem, was wir in den vorbereitenden Sitzungen dazu zu hören bekamen, war bereits abgemacht“, sagt Wester. Nach guten Voraussetzungen für eine langfristige Versorgungssicherheit der Bevölkerung klingt das nicht.
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Natürlich meckern die.
Wir haben tausend Hobbybauern zu viel, die müssen irgendwie weg.