/ „Maart beim Aly“ in Garnich ist ein Markt der etwas anderen Art
Der Gemüse- und Obstladen „Maart beim Aly“ ist nicht nur in Garnich bekannt, sondern auch weit über die Grenzen der Gemeinde hinaus. Wir statteten dem Geschäft einen Besuch ab, um herauszufinden, was das Besondere daran ist.
Wer regelmäßig durch Garnich fährt, wird sicher schon die Container in unmittelbarer Nähe zum Feuerwehrgebäude bemerkt haben. Dass es sich dabei um ein Geschäft handelt, erkennt man durch die gut sichtbare Aufschrift „Maart beim Aly“. Im Inneren steigt einem sofort der Duft von frischem Obst und Gemüse in die Nase. Die Auslage ist farbenfroh, das Sortiment überraschend vielfältig. In einer Ecke werden sogar Produkte von „Autisme Luxembourg“ angeboten. Das Ganze macht einen gemütlichen Eindruck. Während Marc Schroeder hinter der Theke seine Kunden bedient, können diese auf Stühlen Platz nehmen.
Er und sein Geschäftspartner Aly Berg sind über 60 und immer noch mit viel Überzeugung und Enthusiasmus bei der Sache. Zu den beiden kommt man nicht nur, um frisches Obst und Gemüse zu kaufen, sondern auch um einen Plausch zu halten und sich Ratschläge einzuholen. „Ich interessiere mich für viele Sachen, unter anderem Philosophie, Psychologie, die menschliche Anatomie und die Medizin“, sagt Marc Schroeder. Er habe schon mehreren Kunden wertvolle Tipps gegeben, z.B. wie sie ein Wehwehchen loswerden oder gesünder leben können. Anders als bei vielen anderen Geschäften geht der Service hier einen Schritt weiter. Die erworbene Ware z.B. wird sorgfältig in eine Kiste oder in die mitgebrachte Einkaufstasche eingepackt und sogar bis zum Auto transportiert. Von überall her kommen die Kunden mittlerweile, um „beim Aly“ einzukaufen.
Am Anfang war die Kartoffel
Den Laden gibt es seit ungefähr 25 Jahren. Am Anfang wurden nur Kartoffeln angeboten. Beide Geschäftsinhaber pflanzten sie auf mehreren Feldern hierzulande selber an, ernteten sie, schälten sie und verarbeiteten sie zu Pommes, Scheiben für Gratins usw. Die Erdäpfel wurden in Fässern gelagert. Das fertige Produkt wurde dann verkauft. Es handelte sich dabei um Produkte der sogenannten „4e gamme“ (Hersteller von verbrauchsfertigen Frischprodukten).
Der Handel hatte großen Erfolg. Viele Restaurants, Altersheime usw. kauften die Kartoffeln bei Aly und Marc. Sogar die Luxemburger Armee und das Gefängnis zählten zu ihrer Kundschaft. Sonntags konnte man zudem an der Produktionsstätte, einem umgebauten Hühnerstall eines Bauernhofes, frisch vorbereitete Kartoffeln für seine Pommes abholen. „Diese Idee war ein Riesenerfolg“, schmunzelt Marc Schroeder. „Die Pommes-Liebhaber standen Schlange.“
Dann, Ende der 1990er, wurden neue Regeln eingeführt, was die „4e gamme“ betrifft. Längere Transporte durften nur noch mit speziellen Kühlwagen erfolgen. Diese Investition wollte das Duo nicht tätigen und reduzierte den Kreis seiner Kunden auf die der Region. „Die Kunden, die wir nicht mehr belieferten, waren alle traurig über die Entscheidung. Unsere Ware war beliebt“, sagt Schroeder.
Neue Wege
Daraufhin entschlossen sich die beiden, das Geschäft umzugestalten. „Wir suchten nach neuen Wegen. Mir ist es wichtig, mein eigener Herr in all meinen Unternehmungen zu bleiben“, betont Schroeder. In diesem Zusammenhang wurde auch die Kooperation mit der Armee beendet. Anstatt nur Kartoffeln anzubieten, fand der Verbraucher jetzt eine ganze Reihe von Obst und Gemüse in der Auslage in Garnich. „Wir hatten ein altes Haus in der rue Nic Arend hergerichtet. Die Ware wurde auf der Treppe zum ersten Stock feilgeboten“, erinnert sich Schroeder an das damalige Geschäft. Die Kunden waren begeistert, nicht zuletzt, weil ihnen die Wartezeit mit kostenlosen, selbst gebackenen Torten und Kaffee buchstäblich versüßt wurde. Die umliegenden Altersheime und das Gefängnis wurden zwar weiterhin beliefert, aber nur mit Kartoffeln.
Wegen des durchschlagenden Erfolgs kam die Idee auf, die Ware auf Wochenmärkten anzubieten. Henri Franck, der damalige Garnicher Bürgermeister, schlug den beiden vor, jeden Freitag von 6 bis 19 Uhr in einem Zelt auf einem Platz entlang der rue des Trois Cantons ihre Ware zum Verkauf anzubieten. Das war Anfang der 2000er Jahre.
Ware aus Belgien
Nach einiger Zeit wollte Aly Berg das Geschäft jedoch weiter ausbauen und erwarb einen Marktstand. Der „Maart beim Aly“ war geboren. Der Gemüsemarkt war jetzt jeden Tag geöffnet, außer montags. „Wir sind ja nicht mehr die Jüngsten und müssen uns auch mal eine Pause gönnen“, sagt der 63-jährige Schroeder mit einem Grinsen im Gesicht. Obst- und Gemüseliebhaber haben die Wahl zwischen insgesamt 152 Produkten. „Wir fahren regelmäßig nach Brüssel auf einen großen Markt, wo vor allem kleine Hersteller ihre Ware anbieten. Wir nehmen auch spezielle Bestellungen unserer Kundschaft auf. Unser Obst und Gemüse ist immer frisch. Gibt es trotzdem ein Problem, nehmen wir die Ware selbstverständlich zurück und ersetzen sie durch neue“, sagt Marc Schroeder.
Der Laden ging gut. Am 3. Januar 2018 aber wurde er durch einen Sturm komplett zerstört. „Auf einmal standen wir vor dem Nichts“, erinnert sich der Geschäftsmann. Einfach so aufhören wollte er aber nicht. „Ich wollte mich immer standesgemäß von der treuen Kundschaft verabschieden. Das war nicht möglich. Also haben wir weitergemacht.“ Anstatt in einen neuen Marktstand wurde nun in fünf Container investiert. „Sie sind solider und können erweitert werden.“ Aufgerichtet wurden sie in der rue des Tanneurs, nur wenige Meter vom ehemaligen Marktstand entfernt.
„Der alte Standort lag auf Gemeindegelände. Den wollte man uns aber nicht mehr zur Verfügung stellen. Der neue liegt auf Staatsgelände. Das war ein Problem“, sagt Schroeder. Bürgermeister Georges Fohl wollte aber nicht, dass der Gemüsestand verschwindet. So mietete die Gemeinde kurzerhand das Gelände an und vermietete es ohne Gewinn direkt an Marc und Aly weiter. Der beliebte Laden konnte gerettet werden. Beide wollen das Geschäft nun so lange weiterführen, bis ein Nachfolger gefunden wird.
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