Frankreich / Macrons angekündigtes Gesetz zur Sterbehilfe löst Kritik aus
Der von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigte Gesetzentwurf zur Sterbehilfe hat heftige Kritik von Pflegeverbänden und der Bischofskonferenz ausgelöst. Die Vorstellungen des Präsidenten seien „weit von den Bedürfnissen der Patienten und dem Alltag des Pflegepersonals entfernt“, betonten mehrere Pflegeverbände am Montag. Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort, warnte vor einem Gesetz, das „den Tod als Lösung“ anbiete.
Macron hatte sich in einem am Vorabend veröffentlichten Interview für Sterbehilfe unter strengen Auflagen ausgesprochen. Ein entsprechender Gesetzentwurf solle in den kommenden Tagen vom Staatsrat geprüft und im April im Kabinett vorgestellt werden, sagte Macron den Zeitungen La Croix und Libération. Am 27. Mai soll die Debatte in der Nationalversammlung beginnen.
Anlass für das Gesetz sei die Tatsache, dass das geltende Gesetz nicht alle Situationen umfasse, erklärte Macron. Er schlägt vor, dass unheilbar Kranke, deren Leid im Endstadium der Krankheit nicht mehr gelindert werden könne, künftig „um Hilfe beim Sterben bitten können“. Eine weitere Voraussetzung soll die volle Urteilsfähigkeit sein: Minderjährige und Patienten mit psychischen Erkrankungen oder etwa Alzheimer sollen in Frankreich keine Sterbehilfe in Anspruch nehmen können.
Wenn alle Auflagen erfüllt seien, solle ein „medizinisches Team“ die Bitte eines Patienten beurteilen. Dieses soll mindestens zwei Ärzte oder Ärztinnen umfassen, es können aber auch Psychologinnen oder Psychologen dabei sein.
Wenn diese zustimmten, könne dem Patienten ein zum Tod führendes Medikament verordnet werden, das er selbstständig einnehme. Nur wenn er selbst dazu nicht mehr in der Lage sei, könne er eine Person seines Vertrauens oder einen Arzt darum bitten. Es solle zudem eine Gewissensklausel für Ärztinnen und Ärzte geben, hieß es vom Elysée am Montag.
Vorwurf von „Augenwischerei“
Darüber hinaus solle die Palliativmedizin deutlich stärker gefördert werden als bisher. Macron sprach von einem „Gesetz der Brüderlichkeit“. Es handele sich nicht um Beihilfe zum Suizid, betonte er. „Es ermöglicht die Wahl des geringeren Übels, wenn der Tod schon da ist“, fügte er hinzu. Dies bedeute weder ein neues Recht noch eine neue Freiheit, sondern „einen Weg, den es bislang nicht gab“.
Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz warf Macron Augenwischerei vor. „Ein Gesetz, das Beihilfe zum Suizid und Sterbehilfe ermöglicht als ,Gesetz der Brüderlichkeit‘ zu bezeichnen, ist eine Täuschung“, betonte de Moulins-Beaufort. „Was wirklich beim Sterben hilft, sind nicht tödliche Substanzen, sondern Zuneigung und Aufmerksamkeit“, fügte er hinzu.
Macrons Gesetzesentwurf setze Patienten unter massiven Druck. Es laufe darauf hinaus, dass diese sich „noch mehr als zuvor als nutzlose Belastung für die Gesellschaft fühlen“, sagte er.
Die Vorsitzende des Verbands für Palliativpflege in Frankreich, Claire Fourcade, prangerte die fehlenden Mittel für die Sterbebegleitung an. „Jeden Tag sterben 500 Menschen, die keinen Zugang zu Palliativmedizin haben, obwohl sie sie bräuchten“, betonte sie.
Die Zeitung La Croix kritisierte ihrerseits, dass Macrons Vorhaben zahlreiche Fragen offen lasse. „Wie können wir mit Sicherheit die verbleibende Lebenserwartung auf sechs, acht, zehn Monate bestimmen?“, heißt es in einem Leitartikel am Montag.
In Frankreich ist aktive Sterbehilfe bisher verboten. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden die gesetzlichen Regelungen mehrfach überarbeitet. Seit 2002 haben Patienten das Recht, eine Behandlung abzulehnen. 2005 wurde festgelegt, dass Ärzte einen unheilbar kranken Patienten sterben lassen dürfen, indem sie auf Wunsch des Kranken eine lebensverlängernde Behandlung einstellen.
Dieses Gesetz wurde 2016 zuletzt ergänzt. Seitdem dürfen Ärzte unheilbar Kranken im Endstadium stark schmerzlindernde Medikamente verabreichen, welche das Sterben beschleunigen können. Ein Gesetzesvorschlag, der aktive Sterbehilfe ermöglichen sollte, wurde zuletzt 2021 abgelehnt. In der Palliativmedizin, die die Lebensqualität sterbenskranker Menschen in den Mittelpunkt stellt, hinkt Frankreich anderen Ländern hinterher. In etwa einem Fünftel der Départements fehlt bislang eine zuständige Einrichtung.
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„Der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, Eric de Moulins-Beaufort,..“ Diese Kaste hat auch in den Niederlanden und in Luxemburg gemeint etwas sagen zu müssen. Aber ihre Zeit ist vorbei,GOTT sei Dank.
Zu gerne würde ich wissen, wie Gegner der Sterbehilfe darüber denken, wenn sie selber in der aussichtslosen Lage auf Genesung, sich in Schmerzen – trotz Morphium – windend befänden, Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat… Eigentlich müssten sie Morphin ablehnen – sie könnten ja davon süchtig werden…