Vergessenes Handwerk / Mady Roefs Keramik-Objekte bewegen sich zwischen Kunst und Gebrauch
Als Mady Roef (60) vor sechs Jahren ihre sichere Position in der Kinder- und Jugendarbeit verlässt, wird sie belächelt. Damals macht sie ihr Hobby zum Beruf und sich mit der Herstellung von Keramik selbstständig. Es funktioniert. Heute kommen ihre Kunden in das Atelier nach Breidweiler, um sich etwas auszusuchen oder auf Wunsch fertigen zu lassen.
„We are open“ steht in schnörkeliger Schrift auf dem Schild am Eingang zum Verkaufsraum. Auch an diesem Tag können Kunden sich bei Mady Roef umschauen und stöbern. In der kleinen Werkstatt nebenan stapeln sich an der Wand die Werkzeuge. Kellen, Rollen, Löffel, Pinsel oder Quirle füllen ein ganzes Regal an der Wand über der Werkbank.
Neben dem Ofen, in dem sie die fertigen Werke bei 1.230 Grad brennt, entsteht gerade eine Skulptur. Die Kunsthandwerkerin, die über sich selbst sagt, „ich bin handwerklich begabt“, verwendet eine Mischung aus Lehm und Zellulose. „Das macht die fertige Skulptur leichter“, sagt sie. Sie arbeitet nach dem Motto „Working in progress“.
Ohne Drehscheibe und rein nach ihrer Fantasie entsteht so manches ihrer Kunstobjekte in der sogenannten Aufbautechnik. Lehmrollen werden geknetet, am Objekt angebracht und gedehnt, gezupft, gedrückt und gezogen. Wenn sie ihre endgültige Form haben, brennt Roef sie in einem „Pit fire“ draußen. Dann erst erhalten sie die Farbe. Die Zutaten dafür streut die Töpferin ins Feuer.
„Da weiß man als Produzent selbst nicht so genau, was dabei herauskommt“, sagt sie. „Das Feuer verteilt die Farbe“. Roef hat sich diese Fertigkeiten autodidaktisch beigebracht. Den Umgang mit dem Außenofen lernt sie in den Niederlanden. Sie ist ursprünglich Sozialpädagogin mit einem zusätzlichen Master in Konfliktmanagement, aber immer nebenbei handwerklich tätig.
Die meisten Kunden kaufen Gebrauchskeramik
Kreativität und Kunst liegen in der Familie. Zwei ihrer Geschwister sind bildende Künstler. Neben Filzen oder Flechten entdeckt sie irgendwann vor vielen Jahren die Keramik für sich. Im Verkaufsraum dominieren Alltagsgegenstände nach ihren Entwürfen wie Tassen, Teller, Schüsseln, Vasen oder individuell gestaltete Blumentöpfe und Skulpturen für den Garten.
„Ich mag schönes Geschirr, einen schön gedeckten Tisch“, sagt Roef. Ein Restaurant lässt mittlerweile bei ihr produzieren. Objekte wie diese entstehen auf der Drehscheibe, wie es viele von Töpfern kennen. Die Formen entstehen über das Kreisen des Drehtellers. Vor- und Nachteile und die unterschiedlichen Techniken sind eine lange Diskussion wert. Was macht sie lieber?
Die Antwort lässt sie offen, sie macht beides gerne. „Bei der Aufbautechnik ist man freier in der Kreation“, sagt sie. „Bei der Drehtechnik bleibt es immer bei einer runden Form.“ An der Scheibe zu arbeiten, hat sie bei Jane Barclay in Dalheim gelernt. Beide lernen sich auf einem Kunsthandwerkermarkt kennen, den Roef am Anfang ihrer Selbstständigkeit häufig besucht, um sich bekannt zu machen.
Sie geht bei der Britin in die Lehre. „An der Drehscheibe zu arbeiten, kann man nicht aus einem Buch lernen“, sagt sie. „Für mich ist es komplementär zur Aufbautechnik.“ Geschäftlich gesehen ist es der Geschäftszweig, mit dem sie am meisten umsetzt. Ihr Geschirr ist backofenfest und alltagstauglich. Skulpturen sind Luxus. Dabei macht sie eine erfreuliche Erfahrung.
Keramik im Stile Japans bleibt eine Herausforderung
„Viele junge Leute schätzen meine Arbeiten“, sagt sie. Gerade hat ein junges Paar eine Skulptur für den Garten bei ihr bestellt. Das war anfangs nicht abzusehen. Kollegen, Bekannte und Nachbarn belächeln ihre Idee, den Laden aufzumachen und von Keramik leben zu wollen. Als sie ihre Steuernummer bei der Handwerkskammer beantragt, macht sie ähnliche Erfahrungen.
„Fangen Sie mal an, Sie werden sehen, im Kunsthandwerk geht es ganz langsam“, wird ihr gesagt. Heute weiß sie: „Einerseits hatten sie recht, es hat ein bisschen gedauert, bis ich bekannt war. Andererseits ist das nicht gerade ermutigend.“ Sie experimentiert, steht jeden Tag in ihrem Atelier, lässt nicht locker und entwickelt sich.
Ein Weg ist allerdings noch offen. Hier ist ihre Antwort ganz klar. „Ich finde die Minimalistik der japanischen Keramik fantastisch“, sagt sie. „Aber ich habe noch kein einziges Objekt in diesem Stil gestaltet.“ Immerhin geht der Name ihres Geschäftes in diese Richtung. „Téikan-a-ko“ klingt japanisch und zeigt gleichzeitig, was sie am liebsten produziert. Ihre Teekannen, jede ist in Form und Farbe anders, zieren jede Küche.
Keramik und mehr
Mady Roef
12, rue Hicht
L-6238 Breidweiler
http://téikan-a-ko.lu
Jedes zweite Wochenende im September findet im belgischen Raeren der Euregio-Keramikmarkt statt. Unter den 60 bis 70 teilnehmenden Künstlern ist Mady Roef dieses Jahr die einzige Künstlerin aus Luxemburg. Der Keramikmarkt wird vom dortigen Töpfereimuseum veranstaltet.
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