Eisenborn / Maison Dog: Hier haben Hunde ein zweites Zuhause auf Zeit
Im anglofonen Raum sind Hundetagesstätten oder eine Pension nichts Ungewöhnliches. Aus Großbritannien und den USA kommen viele Kunden von Cristina Goi (42). Es sind „Expats“, die in Luxemburg arbeiten wie sie selbst. In der familiären Atmosphäre ihres „Maison Dog“ in Eisenborn finden deren Vierbeiner ein zweites Zuhause – nicht nur wenn die Besitzer Urlaub machen.
Für Daisy und Amy ist es ein Glück, dass Cristina Goi vor sechs Jahren ihr Leben umgekrempelt hat. Besitzerin Birgit Sammer (44) lebt seit vier Jahren in Luxemburg und arbeitet im Finanzsektor. Sie hat zwei Hündinnen, die sie und ihr Mann über eine Hilfsorganisation in Rumänien von der Straße retten. Und damit vor dem Einschläfern.
Beide Hunde sind eineinhalb Jahre alt, schwarz und noch sehr jung. „Ich wollte schwarze haben, weil die meisten Menschen sie wegen ihrer Farbe nicht wollen“, sagt Sammer. „Die Rasse war mir egal.“ Das erste halbe Jahr mit dem vierbeinigen Familienzuwachs ist stressig. Dem Ehepaar fehlt als Hundebesitzer jegliche Erfahrung, die Hunde brauchen Erziehung.
„Das sind unsere ersten Hunde und es gibt viel, was wir nicht wussten“, sagt sie. „Da hat Cristina uns sehr geholfen.“ Seit Mai 2020 sind die beiden Hunde täglich im „Maison Dog“. Sammer weiß sie dort gut aufgehoben. Besitzer und Hunde lernen jeden Tag hinzu. Mittlerweile kann das Ehepaar sie allein im Haus lassen, wenn sie ins Restaurant gehen.
Viele Anfragen: Corona hinterlässt Spuren
Das war anfangs anders. „Sie haben fast nicht geschlafen, dauernd Party gemacht, es war immer Unruhe im Haus“, sagt die Besitzerin. Über Mund-zu-Mund-Propaganda erfahren sie vom „Maison Dog“. „Das ist mittlerweile ihr zweites Zuhause“, sagt Sammer. Darauf, dass ihre Schützlinge sich wohlfühlen, legt Cristina Goi wert.
Die gebürtige Italienerin entdeckt über ihre zwei eigenen Hunde ihr Talent. Sie hat Statistik in Udine studiert und weltweit für ein in Luxemburg ansässiges Unternehmen im Marketing gearbeitet. Als ihre zwei tschechoslowakischen Wolfshunde kommen, ändert sie ihr Leben. Als faktisch denkender Zahlenmensch macht sie es richtig.
„Für mich hört die Improvisation immer dann auf, wenn es professionell wird“, sagt sie. Sie kündigt und macht ein Praktikum in der „Tagesstätte“, die sie von ihren Hunden her kennt. Mittlerweile verfügt sie über ein „Advanced Canine Behaviour Diploma“ des „British College of Canine Studies“ und eine Ausbildung als Hundetrainerin der „Karen Pryor Academy“. Die Liste ihrer Aus- und Fortbildungen in Sachen Hund ist genauso lang wie die Liste ihrer Akkreditierungen.
Wahrscheinlich wird sie deshalb oft gerufen, wenn es zwischen Mensch und Hund gar nicht mehr klappt. „Ich helfe beiden“, sagt sie diplomatisch. Zurzeit kann sie sich vor Anfragen kaum retten. Viele habe sich während Corona ein Haustier angeschafft, gleichzeitig hat so manche Hundepension die Krise nicht überstanden. Dazu gehört der „Doggy Palace“ in Arlon.
Völlig auf Hunde eingestellt
„Schweren Herzens“ teilt das Team am 4. Juni 2020 auf Facebook die Schließung nach zehn Jahren mit. Bei Goi wird das nicht passieren, denn ihr Konzept sieht anders aus. „Ich will allein arbeiten“, sagt sie und nimmt in Kauf, dass sie ihre frühere Arbeitsstelle gegen einen Rund-um-die-Uhr-Job getauscht hat. Bereuen tut sie es nicht. „Wenn ich etwas wirklich vermisse, dann Weihnachten bei meiner Familie in Italien“, sagt sie.
Seit sie ihre Hundepension betreibt, sind Weihnachten, Ostern, Pfingsten oder Wochenenden normale Tage wie alle anderen im Jahr. Mehr als zehn Hunde pro Tag und Nacht kann und will sie nicht aufnehmen. „Sie leben hier mit uns und sind fast wie meine eigenen“, sagt sie. Das soll so bleiben. Der großzügige Wohnraum ist aufgeräumt.
Nichts liegt unbeaufsichtigt herum. Die Türen zu anderen Zimmern sind abgeschlossen. „Manche Hunde können mit den Pfoten die Türen öffnen“, sagt sie. „Daran muss man sich gewöhnen.“ Babybarrieren trennen von Treppen oder anderen Zugängen. Im 1.500 Quadratmeter großen Garten können sich die Hunde austoben. Goi lebt am Waldrand, wohin sie die Hunde auf langen Spaziergängen in Gruppen ausführt.
Familiäre Atmosphäre für die Vierbeiner
„Ich will, dass sie zusammen sein können in einer heimeligen Atmosphäre“, sagt Goi. „Hunde sind von Natur aus soziale Wesen.“ Schreiend oder drohend wird man sie nie erleben. Ihr Umgang mit der sechsköpfigen Hundetruppe, die an diesem Tag da ist, hat etwas Magisches. Um das Bellen in Schach zu halten, genügt es, sie ein wenig energischer beim Namen zu rufen, und Ruhe ist.
Wenn sie aufsteht und sich bewegt, hängen sechs Nasen an ihren Beinen und verfolgen aufmerksam jede ihrer Bewegungen. Für den Fotografen dirigiert sie mit Handzeichen und Körperhaltung die Hunde auf ihre „Sofas“. Ein Fingerzeig bewegt die Köpfe in Richtung Kamera. Goi behandelt alle Hunde gleich und mischt die zusammengewürfelten Gruppen intuitiv richtig.
Ob groß oder klein, traumatisiert, behindert oder verletzt, bei ihr wird kein Hund abgewiesen – sofern Platz ist. „Diese Vielfalt anzunehmen, ist das, was uns an diesem Beruf so begeistert“, schreibt sie auf ihrer englischsprachigen Webseite. Besucher spüren und sehen das.
Maison Dog
Ab Herbst wird Cristina Goi neben der Pension als Hundetrainerin Kurse anbieten. Sie will mit Welpen zwischen acht und 16 Wochen arbeiten, die gerade in ihren Familien angekommen sind. „Präventiv“, wie sie sagt, um gleich anfangs eventuellen Problemen vorwegzugreifen. In der Regel sind Hunde ab einem Alter von drei Jahren erwachsen – je nach Rasse. Ihr anderes Standbein soll Antiaggressionstraining für Hunde und deren Besitzer sein. Mehr Informationen gibt es auf www.maisondog.lu. Die Adresse lautet: 10, rue de la Forêt, L-6196 Eisenborn.
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