Spektakuläre Rettung auf der A1 / „Man muss sich bewusst sein, dass da zwei Menschen eingeklemmt sind“
Gleich mehrere Dramen haben sich am Montag auf der A1 zwischen Trier und Luxemburg-Stadt abgespielt. Bei allen stand am Ende glücklichweise ein Happy End. Ein CGDIS-Sprecher erzählt von der aufwühlenden Befreiungsaktion zweier Lkw-Fahrer, die bei Grevenmacher ins Stauende gefahren waren.
Es ist eine Verkettung folgenschwerer Umstände. Um 13 Uhr befährt ein schwerer Lkw am Montag die A1 in Richtung Luxemburg-Stadt. Kurz vor der Ausfahrt Münsbach streift der Truck den auf dem Standstreifen abgestellten Wagen eines Bautrupps, der gerade dabei ist, an den Leitplanken zu arbeiten. Der Fahrer verliert die Kontrolle über sein Gefährt, gerät ins Schleudern und kippt in die Böschung. Der Fahrer bleibt wie durch ein Wunder unverletzt. Aber die Bergungsarbeiten des umgekippten Sattelschleppers stellen sich als aufwändig heraus.
Um 15.13 Uhr meldet der Luxemburger Automobilclub ACL: Die A1 ist zwischen den Ausfahrten Potaschberg und Münsbach gesperrt. Die Polizei leitet den Verkehr bei Potaschberg von der Autobahn ab. Vor der Ausfahrt bildet sich Stau, auf der rechten Spur stehen Lkws wie an einer Perlenkette aufgereiht. Bis in den Abend dauert die Bergungsaktion bei Münsbach. Als das nächste Unglück passiert, ist der Rückstau vor Potaschberg etwa zweieinhalb Kilometer lang. Es ist 18 Uhr, als ein aus Richtung Trier kommender Trucker das Stauende nicht sieht. Im letzten Moment leitet er eine Vollbremsung ein – aber es ist zu spät. „Er hat wohl gebremst“, sagt CGDIS-Mann Cédric Gantzer am Dienstagnachmittag. Der Sprecher der Einsatzzentrale geht davon aus, dass der Laster mit 40 km/h aufgefahren ist. „Die beiden Lkws waren vollbeladen, sodass eine relativ große Kinetik entstanden ist“, sagt Gantzer.
„Relativ große Kinetik“
40 Tonnen schieben sich in 40 Tonnen. „Der hintere Lkw wurde zwischen die Ladungen gepresst, die Kabine wurde eingedrückt“, sagt Gantzer. Aber die beiden Personen im Inneren des Führerhauses – der Fahrer und eine Frau – leben. Die Einsatzkräfte kommen aus den Rettungszentren Grevenmacher-Mertert, Flaxweiler, Manternach und Junglinster. Als sie vor Ort eintreffen, sehen sie sich mit zwei ineinander verkeilten Lastwagen konfrontiert, beide bis zum Limit mit tonnenschweren Gütern beladen. Aber sie müssen sich einen Zugang zur Kabine verschaffen.
Zuerst probieren die Retter, den Unfall-Truck mit einem speziellen Feuerwehrlaster nach hinten zu ziehen. „Der ist auch dafür geeignet, aber die Kraft hat nicht genügt, es hat auf diesem Weg nicht funktioniert“, sagt Gantzer. Dann versuchen die Feuerwehrleute, den vorderen Lkw nach vorne zu bewegen. Aber das tonnenschwere Gespann bewegt sich keinen Zentimeter. Das Problem: Weil die Zugmaschine beschädigt ist, kann der Motor keinen Luftdruck mehr aufbauen. Die Bremsen des vollbeladenen Anhängers sind verriegelt. „Die Bremsen eines Lkws funktionieren pneumatisch“, erklärt Gantzer. „Bei einem Unfall geht die Luft raus – und die Bremsen zu.“
Retter „requirieren“ andere Zugmaschine
Daraufhin trifft der Einsatzleiter eine Entscheidung: Die Zugmaschine des vorderen Trucks wird abgeklemmt und mit einem Feuerwehr-Laster vom blockierten Anhänger weggezogen. Dann „requirieren“ die Feuerwehrleute eine andere Zugmaschine, die auf der blockierten Autobahn steht. Sie schließen sie an den verunfallten Sattelauflieger an – und können den Anhänger schließlich nach vorne bewegen. „Das ist nicht unbedingt Improvisation“, sagt Gantzer. „Eher Adaption.“ Zwei Stunden habe die Aktion gedauert, Ziel normalerweise eine Stunde. „Aber in dem Fall war das eine Glanzleistung“, sagt Gantzer. „Man muss sich bewusst sein, dass zwei Menschen da eingeklemmt sind.“
Die Retter arbeiteten in Situationen, in denen Menschen in Fahrzeugen eingeklemmt sind, nach einer ganz bestimmten Taktik, erklärt der CGDIS-Sprecher. Erst werde eine „Erstöffnung“ hergestellt, um mit dem Verletzten zu reden und überhaupt an ihn „ranzukommen“. Dann werde eine „Versorgungsöffnung“ geschaffen, damit der Notarzt Medikamente und Schmerzmittel geben oder Blutungen stillen kann. Schließlich werde dann die „Befreiungsöffnung“ gemacht. „Man kann nicht einfach blind das Ganze auseinanderziehen“, sagt Gantzer. „Wenn eine Person eingeklemmt ist, weiß man nicht, ob sie innere Blutungen hat.“ Wenn man die Person befreit und der Druck abnimmt, könnte es sein, dass es ganz schnell kritisch für den Patienten wird.
Auf der A1 klappt die Rettung am Montagabend. Nach zwei Stunden können die Einsatzkräfte den Lkw-Fahrer und seine Begleiterin aus dem Wrack befreien. Die beiden Schwerverletzten werden sofort in ein Krankenhaus gebracht. „Stabil“, wie Gantzer sagt. „Wir hätten nicht kommuniziert, wenn es eine Person nicht geschafft hätte.“ Aber in dem Fall sei es einfach spektakulär gewesen. „Die waren da in einer richtig misslichen Lage.“
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