Medien / „Man muss verstehen, was er durchgemacht hat“: Wikileaks-Gründer Julian Assange zurück in Australien
Touchdown am Abend: Um 19.40 Uhr (Ortszeit) ist Julian Assange als freier Mann in Canberra gelandet. Sein Empfang in der australischen Hauptstadt war ausgesprochen herzlich, bei der Pressekonferenz war seine Frau den Tränen nahe.
Es sind emotionale Bilder, die aus Canberra kommen. Ein sichtlich bewegter Julian Assange klettert kurz vor 20 Uhr am Abend aus seinem Flieger, zum ersten Mal seit weit mehr als zehn Jahren ist er wieder auf heimatlichem Boden: Sieben Jahre saß der Wikileaks-Gründer im selbstgewählten Exil in der ecuadorianischen Botschaft, weitere fünf Jahre im Gefängnis in London fest. Als er bei nur acht Grad im australischen Winter wieder heimatlichen Boden betritt, fangen die dutzenden Medienteams und Unterstützer, die bis kurz vor das Rollfeld gekommen sind, laut an zu jubeln und zu klatschen. Assange reckt die Faust in die Luft, später winkt er, bevor er seine Frau Stella in die Arme schließt, sie hochhebt und innig küsst. Auch seinen Vater John Shipton schließt er in die Arme. Es sei ein surrealer, aber glücklicher Moment gewesen, soll er gesagt haben.
Sechseinhalb Stunden dauerte der Flug von den Nördlichen Marianen, wo der Australier sich am Morgen vor Gericht in einem Anklagepunkt schuldig bekannte, um über einen Deal mit dem US-amerikanischen Justizministerium seine Freiheit zu erlangen. Mit ihm im Flugzeug waren neben seiner Anwältin Jennifer Robinson der australische US-Botschafter Kevin Rudd und der Hochkommissar in Großbritannien, Stephen Smith, die sich beide für seine Freilassung engagiert hatten.
Freude, aber „kein Held“
Kurz nach 21 Uhr trat dann Assanges Anwältin Jennifer Robinson in Canberra vor die Presse. In ihrer Ansprache verriet sie, dass Assange dem australischen Premierminister Anthony Albanese gesagt habe, dass dieser „sein Leben gerettet“ habe. „Als Premierminister hat er sein Wort gehalten“, sagte sie. Er habe die Angelegenheit bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf höchster Ebene zur Sprache gebracht. Seine Frau Stella trat wenig später den Tränen nahe vor die Reporterinnen und Reporter. „Julian wollte, dass ich allen aufrichtig danke“, sagte sie. Er habe ebenfalls vor Ort sein wollen. „Aber man muss verstehen, was er durchgemacht hat. Er braucht Zeit.“ Er müsse sich erholen. Das sei ein Prozess. „Ich bitte Sie, uns Raum zu geben, uns Privatsphäre zu geben. Um unseren Platz zu finden.“
Auch der Rest seiner Familie war bereits vor seiner Ankunft voller Emotionen. Während sein Bruder Gabriel Shipton auf sozialen Medien postete, dass Australien den 26. Juni zum „Feiertag“ – zu einem „Julian Assange Day“ – erklären sollte, beschrieb sein Vater John Shipton gegenüber dem Sender ABC seine Freude über die Rückkehr des Sohnes, als würde er „ein Rad nach dem anderen“ schlagen.
Der australische Premierminister Albanese, der bereits am frühen Abend mit Assange gesprochen hatte, als dieser noch im Flieger auf dem Rollfeld wartete, sagte gegenüber Reportern, dass er sehr froh darüber sei, dass „diese Saga nun ein Ende“ habe. Seine Freude über den „erfolgreichen Ausgang“ hatte er zudem bereits am Nachmittag vor dem Parlament zum Ausdruck gebracht. Dabei betonte er, dass er glaube, dass dies auch die überwiegende Mehrheit der Australier so sehe. Der Fall von Assange habe sich zu lange hingezogen. Letzteres betonten auch die meisten Oppositionsvertreter, wobei viele dem Tenor folgten, dass Assange nicht als „Held“ verehrt werden sollte.
Gemischte US-Reaktion
Nicht vergessen werden darf, dass Assange nach seinem Schuldeingeständnis als verurteilter Verbrecher gilt. Dieser Status könnte nur aufgehoben werden, wenn ein US-Präsident ihn begnadigt. Donald Trump, der voraussichtliche Kandidat der Republikaner, hatte bereits gesagt, dass er „sehr, sehr ernsthaft“ darüber nachdenke. Allerdings wurde die ursprüngliche Anklage gegen den Australier während seiner ersten Amtszeit erhoben. US-Präsident Biden hat sich bisher nicht wirklich dazu geäußert. „Angesichts der Zugeständnisse, die die USA bisher bereits gemacht haben, erscheint dies unwahrscheinlich“, kommentierte Donald Rothwell, ein Experte für internationales Recht an der Australian National University in Canberra, die Frage einer baldigen Begnadigung durch Biden in einer E-Mail. Sicher wäre Assange eine Begnadigung wohl tatsächlich nur im höchst unwahrscheinlich Fall eines Wahlsieges des dritten Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy Junior. Er würde Assange nicht nur begnadigen, sondern ihm sogar ein Denkmal in Washington widmen, wie er in einer Fernsehsendung sagte.
Von offizieller US-Seite blieb die Reaktion auf die Freilassung Assanges eher zurückhaltend. Die US-Botschafterin in Australien, Caroline Kennedy, postete nach dem Gerichtstermin auf der Plattform X ein Statement, in dem sie den Fall „langjährig und schwierig“ nannte. „Die Vereinigten Staaten danken der australischen Regierung für ihr Engagement und ihre Unterstützung während dieses Prozesses.“
Harte Worte fand dagegen der Republikaner Mike Pence, der während der Trump-Regierung US-Vizepräsident war. Er schrieb auf X, dass Assange in Kriegszeiten „das Leben unserer Truppen gefährdet und mit allen Mitteln des Gesetzes strafrechtlich verfolgt hätte werden müssen“.
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