/ Marmeladenfinger auf Buchseiten: Olga Reiff verwirklicht mit ihrem Kinderbuch einen Traum
Minette-Rot, Himmelblau und Laubgrün – das sind die Farben, die Olga Reiff mit ihrer Wahlheimat Esch verbindet. Es sind auch die Farben, die in ihrem ersten Kinderbuch vorherrschen. Mit „Bim & Anna – Eng kleng Geschicht vum Groussginn“ wagt die 47-Jährige es, ihren Traum zu verwirklichen, und verbindet ihre beiden Leidenschaften: Zeichnen und Schreiben.
Tageblatt: Worum geht es in Ihrem ersten Kinderbuch „Bim & Anna“?
Olga Reiff: Wie der Untertitel es bereits sagt, ist es eine Geschichte vom Großwerden. Der kleine Bim will beweisen, dass er bereits alles alleine kann. Um ein Kinderbuch interessant zu machen, braucht man ein Problem – und das ist in diesem Fall seine beste Freundin Anna. Die denkt nämlich, sie könne alles besser, und will Bim zeigen, wie es geht. Er weiß nicht, wie er ihr beibringen kann, dass er das nicht möchte, weil er die Worte dafür noch nicht kennt. Deswegen wird er immer wütender und geht irgendwann alleine spielen. In dem Buch geht es darum, herauszufinden, wie Kinder ihre Wünsche und Bedürfnisse äußern können, wenn ihnen dazu noch die richtigen Worte fehlen.
Das Buch spielt in einer „Bëschcrèche“ …
Genau. Die Idee zum Buch kam mir, als meine jüngste Tochter die „Bëschcrèche“ hier in Esch besucht hat. Ich liebe den Wald im Süden. Die Natur hat mich immer verzaubert, weil sie ganz anders ist als in Österreich, wo ich aufgewachsen bin.
Die Farben des Waldes hier in Esch haben mich wahnsinnig angezogen. Das Blau vom Himmel, das Grün vom Moos und vom Laub und dann das Rot vom Minette-Stein. Das sind auch die drei Hauptfarben im Buch. Das Rot findet sich in Bims Haaren und dem Eichhörnchen wieder, während seine Latzhose himmelblau ist. Ich arbeite sehr gerne mit einer reduzierten Farbpalette, damit alles harmonisch bleibt.
Sie haben selbst vier Kinder. Haben Sie sich für Ihre Figuren an ihnen inspiriert?
Ich habe mich ein bisschen von all meinen Kindern inspirieren lassen, aber besonders von meiner jüngsten Tochter und alles in der Figur von Bim vereint.
Sie hat Ihnen auch bei den Zeichnungen geholfen …
Ich habe das Buch gezeichnet, als sie drei und vier Jahre alt war. (Heute ist sie sechs.) Damals habe ich ihr die erste Version der Zeichnungen immer gezeigt und sie gefragt, was auf dem Bild passiert. Wenn sie es verstanden hat, dann war es gut. Ich wollte, dass Kinder das Buch sehen und die Gefühle, die im Spiel sind, verstehen. Dafür war Körpersprache sehr wichtig.
Gibt es sonst noch Figuren im Buch, die wirklich existieren?
Beim Erzieher mit den Rastalocken und dem blauen Haarband habe ich mich von einem Erzieher aus der Escher „Bëschcrèche“ inspirieren lassen. Ich habe ihn natürlich gefragt, ob ich ihn im Buch verewigen darf. Die Geschichte ist aber auch keine Eins-zu-eins-Beschreibung des Ablaufs in dieser „Crèche“. Dort sind ja auch viel mehr Kinder und Erzieher.
Finden Sie sich selbst in einer der Figuren wieder?
Ich glaube, ich bin ein bisschen wie Anna, die den anderen immer zeigen will, wie es richtig geht. (lacht) Sie ist auch eine kleine Mama, die es eigentlich nur gut meint und helfen will.
Es gab bereits mehrere Lesungen. Wie waren die Reaktionen der Kinder bisher?
Unglaublich toll. Die Kinder unterbrechen mich während der Lesungen, um mir zu erzählen, dass sie dieses oder jenes auch können. Genauso habe ich das gewollt – dass die Kleinen sich einbringen und sich mit den Figuren identifizieren können. Ein dreijähriges Mädchen ist mir besonders im Gedächtnis geblieben. Sie war schon auf zwei meiner Lesungen und ihre Mutter erzählte mir, dass „Bim & Anna“ ihr Lieblingsbuch ist. Es dürfe nie im Regal stehen, sondern müsse immer neben ihrem Bett liegen. So etwas zu hören, macht mich sehr stolz und glücklich.
Arbeiten Sie schon an neuen Projekten?
Es kommen noch zwei Bücher, die ich für andere Autoren illustriere. Darin geht es um den Tod und wie man damit umgeht. Mein drittes Projekt steht noch nicht ganz fest, aber ich sammele bereits Ideen. Es soll auf jeden Fall wieder im Süden des Landes spielen.
Tut es einem als Kinderbuchautorin nicht im Herzen weh, dass das eigene Buch auch mal von Kinderhänden zerrissen oder mit Marmelade beschmiert wird?
Wenn ein Buch viel gelesen wird, ist es auch nicht schlimm, wenn mal etwas passiert. Ich würde mir sogar wünschen, dass das Buch richtig benutzt aussieht. Unsere liebsten Kinderbücher sehen auch nicht mehr so gut aus und sind zum Teil zusammengeklebt. Wenn jemand sein Buch so sehr zerlesen hat, dass die Seiten herausfallen, würde ich ihm sogar ein neues schenken.
Esch ist Ihre Wahlheimat. Viele beschweren sich derzeit über die Stadt und Sie schaffen es trotzdem, das Positive zu sehen.
Es gibt zwar Herausforderungen für Esch, aber die gibt es in jeder Stadt. Ich komme ja aus Innsbruck und selbst wenn dort alles sehr poliert wirkt, ist nicht alles perfekt.
Esch ist einfach authentisch und ich bin ein sehr großer Fan der Stadt. Wenn hier etwas passiert, dann ist es von den Menschen für die Menschen. Was ich an Esch liebe, ist auch, dass es hier so international ist. Ich wurde zum Beispiel noch nie aufgrund meines Namens gefragt, wo ich denn herkomme. In Innsbruck wurde ich oft darauf angesprochen, dass Olga kein österreichischer Name sei. Ich habe mir hier mein Leben aufgebaut und die Möglichkeiten, die ich hier bekommen habe, hätte ich vielleicht sonst nirgendwo bekommen. Ich fühle mich wirklich als Escherin.
Zur Person
Olga Reiff ist in Innsbruck geboren und aufgewachsen. 1994 zieht die Österreicherin mit ihrem Mann nach Esch, wo sie ihr Leben aufbaut. Sie ist Mutter von vier Kindern, von denen inzwischen zwei auf der Uni sind und eins auf dem Gymnasium. Ihre jüngste Tochter ist sechs Jahre alt.
Schon als Kind ist Olga Reiff ein totaler Bücherwurm. „Wenn ich nicht gerade gezeichnet habe, habe ich ein Buch verschlungen. Auf Bäumen fand man mich so gut wie nie – und auf Skipisten auch nicht sehr oft“, sagt sie über sich selbst. Das hat sich bis heute nicht geändert. Dennoch schlägt sie einen anderen Weg ein und studiert Französisch und Russisch an der Universität in Innsbruck. „In Luxemburg habe ich neben anderen Tätigkeiten 15 Jahre lang als Übersetzerin gearbeitet.“ Hauptsächlich übersetzt sie Fachtexte, vor allem aus den Bereichen Wirtschaft und Recht. Dabei wollte sie eigentlich immer Literaturübersetzerin werden.
Vor ein paar Jahren hängt Reiff ihre Übersetzerinnen-Karriere an den Nagel und beschließt, sich einen langjährigen Wunsch zu erfüllen: Sie schreibt ihr erstes Kinderbuch. Dafür, dass ihre Buchidee bei Editions Guy Binsfeld angenommen wurde, ist sie sehr dankbar. „Erst durch die Zusammenarbeit mit dem Verlagsteam hat das Buch den richtigen Feinschliff erhalten.“
Die 47-Jährige Mutter spricht sieben Sprachen: Englisch, Deutsch, Französisch, Luxemburgisch, Russisch, Italienisch und Slowakisch. Ein Vorteil in ihrem heutigen Zuhause: „Als Sprachenfan finde ich es wunderbar, dass ich viele dieser Sprachen hier anwenden kann.“
Info
Verkaufsstellen
„Bim & Anna“ ist in allen Buchhandlungen in Luxemburg erhältlich oder kann dort bestellt werden.
Preis
15 Euro
ISBN-Nummer
978-99959-42-27-4
Lesungen
Alle Informationen über zukünftige Lesungen finden Sie unter www.olgareiff.lu.
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