Europawahl / Mehr Engagement für fairen Handel gefordert
Das Europäische Parlament wird sich nicht zuletzt angesichts des Klimawandels und einer geopolitischen Instabilität mit einer Reihe von Krisen auseinanderzusetzen haben. „Fairtrade Lëtzebuerg“ hat einen Aufruf unter dem Motto „Engagement für einen fairen Handel“ an die Kandidaten der politischen Parteien gerichtet.
Der Aufruf enthält drei Forderungen, die nach Ansicht der Nichtregierungsorganisation berücksichtigt werden müssen, um mehr Fairness im Welthandel zu gewährleisten. Mit der Unterzeichnung setzen sich die Spitzenkandidaten der jeweiligen Parteien öffentlich für mehr Fairness und Nachhaltigkeit in der europäischen Politik ein. Neun von ihnen haben den Aufruf im Vorfeld zugeschickt bekommen und unterzeichnet. Sie haben den Einsatz für einen fairen und nachhaltigen Handel versprochen: „déi gréng“, DP, Piraten, „déi Lénk“, KPL, LSAP sowie „Zesummen – d’Bréck“, CSV und Fokus.
Die Europäische Union, die durch ihre Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) ein wichtiger Akteur im globalen Handel ist, wird sich mit zahlreichen Herausforderungen in diesem Sektor auseinandersetzen müssen, wie zum Beispiel mit Menschen- und Umweltrechten, sozialen Ungleichheiten, mit systemischer Armut und nachhaltiger Entwicklung. Die drei von der NGO gestellten Forderungen für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der europäischen Politik umfassen den Einsatz für existenzsichernde Einkommen, existenzsichernde Löhne sowie faire Einkaufspraktiken weltweit, die Förderung von fairem Handel und Wirtschaftsmodellen für das Gemeinwohl, die verbindliche Stärkung von sozialen und ökologischen Mindestkriterien in öffentlichen Märkten.
In Bezug auf die erste Forderung ist zu beachten, dass existenzsichernde Einkommen und Löhne ein Menschenrecht sind. Um diese Einkommen und Löhne zu erreichen, müsse die EU eine gründliche Strategie entwickeln, wie etwa die Bewertung der EU auf der Ebene ihrer Politikbereiche – wie Handelsabkommen oder Richtlinien –, um festzustellen, inwieweit diese zur Schaffung eines existenzsichernden Einkommens in der betreffenden Region oder dem betreffenden Sektor im globalen Süden beiträgt oder dem entgegensteht.
Marktzugang erleichtern
Bezüglich der Förderung des fairen Handels und gemeinwohlorientierter Geschäftsmodelle müsse der Marktzugang für fairen Handel und gemeinwohlorientierte Geschäftsmodelle erleichtert werden, zum Beispiel durch eine Senkung der Zölle. Wettbewerbsnachteile bei den Preisen müssten ausgeglichen werden. Derzeit haben vor allem ausbeuterische Geschäftsmodelle, die einen Großteil ihrer Kosten externalisieren und auf die Gemeinschaft abwälzen, preisliche Wettbewerbsvorteile, während ökologisch und sozial nachhaltige Unternehmen und Produktionsweisen Nachteile erleiden. Es sei „ein Unding, dass Unternehmen, die ökologisch und nachhaltig sind, einen Nachteil haben“, sagte Jean-Louis Zeien, Präsident von „Faitrade Lëtzebuerg“. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, das zurzeit nicht nachhaltige System weiterzuentwickeln.
Was die Erhöhung sozialer und ökologischer Mindestkriterien angeht, so würde die öffentliche Hand durch eine systematische nachhaltige Beschaffungspolitik einen wichtigen Beitrag zur dringend notwendigen sozial-ökologischen Transformation leisten. Die öffentlichen Märkte sollten daher als strategisches Instrument zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen eingesetzt werden. Angesichts der genannten Herausforderungen unterstützt die Fairtrade-Bewegung die Produzenten und Arbeiter in diesen Krisenzeiten.
Mit stabilen Mindestpreisen, der Fairtrade-Prämie, Schulungen und Präventionsprogrammen sowie ihrer Politik der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht macht die Fairtrade-Bewegung die Produzenten widerstandsfähiger gegen die verschiedenen globalen Krisen. Darüber hinaus setzt sich die Fairtrade-Bewegung für existenzsichernde Löhne und Einkommen ein. Sie wirkt auf gesetzliche Regelungen ein, die die Nachhaltigkeit fördern – wie die Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit und die EU-Verordnung zur Bekämpfung der Entwaldung. Und nicht zuletzt befähigt sie die Produzenten, ihre Waren in Übereinstimmung mit diesen Gesetzen herzustellen.
Gesetzgebung wirksam umsetzen
Der faire Handel bietet also nachhaltige Lösungen, aber er braucht auch die Unterstützung der politischen Sphäre, so seine Verfechter. Nach einem historischen Jahresbeginn mit der Verabschiedung der Richtlinie über die Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) durch die EU-Mitgliedstaaten – die trotz Änderungen in letzter Minute einen bedeutenden Fortschritt beim Schutz der Menschenrechte und der Umwelt vor Schäden durch Unternehmen darstellt – stehen diese vor der Aufgabe, die Gesetzgebung wirksam umzusetzen.
Darüber hinaus muss aus Sicht von Fairtrade Lëtzebuerg das künftige Europäische Parlament während der nächsten Legislaturperiode (2024-2029) für eine gerechte globale, soziale und ökologische Transformation eintreten. Neue EU-Rechtsrahmen mit globaler Reichweite müssten effektiv umgesetzt werden, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Millionen von Kleinbauern und Arbeitern im globalen Süden, die von den aktuellen Krisen besonders betroffen sind und deren Lebensgrundlagen mehr denn je gefährdet sind.
„Vieles, was bisher nur ‚nice to have‘ war, muss zur EU-Norm werden“, erklärte Jean-Louis Zeien. Daher müssten etwa soziale und ökologische Mindestkriterien verbindlich gemacht werden. Ob die Parteien und ihre gewählten Kandidaten sich für das engagieren, was sie unterzeichnet haben, werde Fairtrade künftig verfolgen. „Wir werden genau beobachten“, so der Fairtrade-Präsident, „ob die Politiker das ernst nehmen.“
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