Editorial / Mehr Grün, weniger Grau: Der Klimawandel muss sich in der Luxemburger Stadtplanung widerspiegeln
Hochwasser, Affenhitze, Dürre: Das alte Luxemburger Wetter gibt es nicht mehr. Die Jahreszeiten scheinen sich nicht mehr an die ursprünglichen Muster zu halten – das Großherzogtum muss sich immer öfter mit Extremwetter herumschlagen. Die Luxemburger sind es gewohnt, in einem gemäßigten mitteleuropäischen Klima zu leben, und jetzt werden wir im Sommer plötzlich regelmäßig mit 35 Grad konfrontiert. Die Art und Weise, wie wir unser Leben – und alles, was dazugehört – gestalten, ist nicht an den Klimawandel angepasst.
Ein Beispiel: das Stadtbild. Denn der neue meteorologische Normalzustand muss sich in der Luxemburger Stadtplanung widerspiegeln. Eine Möglichkeit, sich sowohl gegen die Hitze als auch gegen Hochwasser zu schützen, sind mehr Grünflachen. Bei Temperaturen über 30 Grad kann Asphalt bis zu 60 Grad heiß werden. Das ist für Hundepfoten gefährlich – es ist wie eine Herdplatte, die die Luft noch zusätzlich aufheizt. Gleichzeitig fangen begrünte Flächen Regenwasser auf und mindern dadurch das Überschwemmungsrisiko. Und schöner sieht es sowieso aus.
Doch Grünanlagen hat Luxemburg viel zu wenige; die Betonwüste ist fester Bestandteil des Landschaftsbildes. Bestes Beispiel: Belval. Bei der Entwicklungsgesellschaft Agora scheint der fehlplatzierte Wunsch nach industriellem Charme in einem Mischmasch von Grautönen geendet zu haben. Zwischen den Hochhäusern und -öfen heizen die Steine bei der Bruthitze wie am Dienstag die Luft so auf, dass man sich wie in einem Glutofen fühlt. Dabei wäre zwischen den Gebäuden genug Platz für ein bisschen Grün. Um Gras unter den Füßen zu spüren, muss man sich nämlich bis in den Park verirren – Schatten spendende, große Bäume sind dort allerdings eine Seltenheit.
Der Wunsch nach urbaner Natur scheint den Gemeindeverantwortlichen jedenfalls bekannt zu sein. Denn Städte schmücken ihre Straßen nur zu gerne mit großen, farbenfrohen Blumenkübeln. Die sehen zwar gut aus, nützen bei Hitze oder Schlagregen allerdings eher wenig. Und: Die ausgefallene Pflanzenpracht überlebt eine Dürre, wie wir sie momentan durchmachen, ohne tägliche Bewässerung auch nicht. Was wiederum bei den Bürgern, denen vom Gießen abgeraten wird, zu Frust führt. Oder sie rollen den Wasserschlauch heimlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus, um dem stolzen Rasen doch noch eine kleine Erfrischung zu gönnen.
Der urbane Raum benötigt also Grünflachen, die auch länger ohne Regen auskommen, natürlichen Schatten spenden und zum Hochwasserschutz beitragen. Aber immerhin, wenn man sich neue Bauprojekte wie das Stadtviertel „Rout Lëns“ anschaut, scheinen die Stadtplaner zu wissen: Auf den digitalen Zeichnungen ist wesentlich mehr Grün zu erkennen. Es wäre nur gut, wenn die Gemeinden auch demnächst in den alten Vierteln zum Pinsel greifen würden, um ein paar grüne Akzente zu setzen. Vielleicht könnte das ja was für das Partei-Portfolio während der Gemeindewahlen sein.
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