Luxemburg / Mehrere Festnahmen, keine größeren Zwischenfälle – So verliefen die Covid-Proteste am Samstag
Zwei Protestgruppen demonstrierten am Samstag in Luxemburg-Stadt gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung – eine größere Menschenansammlung marschierte außerhalb der zuvor festgelegten Protestzone vom Bahnhof aus in Richtung Innenstadt, die kleinere Gruppe traf sich auf dem Glacis-Platz.
Samstag, 14.00 Uhr, Glacis: Die Teilnehmer der angemeldeten Demonstration „Polonaise Solidaire“ stimmen sich mit Musik und Ansagen über Lautsprecher ein und nehmen die nahegelegene Kreuzung in Beschlag. Als einige Autofahrer versuchen, sich durch die Gruppe von Demonstranten zu schlängeln, macht sich die Polizei daran, den Verkehr zu regeln.
Eine weitaus größere Gruppe – zwischen 400 und 500 Personen – hat sich dagegen am Bahnhof versammelt. Mit Megafonen, Trommeln und Pfeifen ausgestattet machen sie sich in Richtung Glacis auf. Dabei rufen sie immer wieder „Liberté, Liberté“ oder „Mir sinn d’Vollek a mir si fräi“. Die Protestler ziehen durch die avenue de la Gare und über das Viadukt in Richtung Stadt, begleitet von einer Vielzahl an Polizisten, die den Verkehr regeln und mit den Demonstranten Schritt halten. Bengalos und Böller werden angezündet. Es ist ein lauter Protest, der Aufmerksamkeit erregt.
Bei der „Gëlle Fra“ sichert eine Reihe Polizisten den Weihnachtsmarkt vor den Demonstranten ab. Dieses Mal kommt es nicht zu Szenen wie vor zwei Wochen, als Protestler den Markt stürmten. Am Casino vorbei biegt der Demonstrationszug nach rechts in den Boulevard Royal und folgt ab dort den Tramschienen – und stört damit den Verkehr.
Am „Stäreplaz“ angekommen bleiben die Demonstranten auf der Kreuzung stehen, scheinbar unschlüssig, wie es nun weitergehen soll. Der Boulevard de la Foire zwischen Glacis und „Stäreplaz“ ist nicht abgeriegelt: Die Autofahrer machen wild hupend ihrem Ärger über den plötzlichen Stillstand Luft. Nach wenigen Minuten setzt sich der Zug wieder über ebenjene Straße in Bewegung, sich zwischen den Fahrzeugen hindurchschlängelnd, um schließlich den Glacis-Platz zu erreichen, wo sich die andere Gruppe bereits versammelt hat.
Ein Mann aus dem Protestzug erzählt, dass er aus Frankreich ist. Er ist nach Luxemburg gekommen, um an der Demo teilzunehmen. Hier seien die Proteste besser organisiert als in Belgien und seinem Heimatland. Sowohl von den Organisatoren wie auch auf Seiten der Polizei. Die Polizei in Luxemburg greife nur ein, wenn es einen Vorfall gibt, lobt er die Ordnungskräfte. In Frankreich hingegen würden sie auch gegen Demonstranten vorgehen, die sich friedlich verhalten, sagt er.
In der Menge wird unterdessen durch das Mikrofon dazu aufgerufen, nicht wieder in die Innenstadt zu ziehen – „um nicht der Polizei die Freude zu machen“. Die würde sie sonst „auf die Schnauze hauen“. Zudem solle man der Presse nichts geben, womit man die Demonstranten in einem schlechten Licht darstellen könne, so die Aufrufe.
Dennoch macht sich kurz darauf eine größere Gruppe von Menschen auf den Weg Richtung Innenstadt. Sie kommt allerdings nicht weit, denn die Polizei stellt sich ihr in den Weg und blockiert die Straße. Dort stehen sich schließlich Polizei und Demonstranten gegenüber – die Stimmung ist angespannt. Unter den Augen einiger Schaulustiger skandieren die Demonstranten „la police avec nous“ und „mir si fräi, mir si fräi“.
Nur wenige Meter weiter, auf dem Boulevard Royal, steht ein Fahrzeug mit Wasserwerfern aus Belgien für einen möglichen Einsatz bereit. Zuletzt war das am vergangenen Wochenende passiert, nachdem Demonstranten versucht hatten, die polizeiliche Absperrung zu durchbrechen und aus der Zone herauszukommen. Dieses Mal löst sich die Situation jedoch nach einigen bangen Minuten auf und die Demonstranten treten den Rückzug an.
Warum diese Aktion? „Um Präsenz zu zeigen“, erzählt zumindest ein junger Mann später. Er ist Grenzgänger, nimmt an der Demo in Luxemburg teil, weil ihn der Covid-Check stört, den es ab 15. Januar auf der Arbeit geben soll. Er ist nach eigenen Angaben nicht geimpft. Das System sei doch gut, wie es bislang ist, findet er.
Am Abend hört man immer wieder Böller und Sirenen in der Innenstadt. Die Polizei ist vielerorts präsent und regelt weiterhin auch den Verkehr. Auch eine kleinere Gruppe von 20 Protestlern, die trotz Polizeiblockade an der Grand-rue in die Innenstadt gelangen konnte, beschäftigt die Beamten – zwei davon nehmen sie laut einer Sprecherin fest. Hin und wieder sieht man, wie Polizisten in Eile in ihren Dienstwagen springen oder sich ein Trupp Polizisten in Montur im Laufschritt in Bewegung setzt. Ein paar Leute, die „la bagarre“ machen wollten, sagt der junge Grenzgänger, während er auf einem Mäuerchen etwas abseits der Gruppe auf dem Glacis sitzt. Bis 17.00 Uhr meldet die Polizei später „ein halbes Dutzend“ Festnahmen.
Gegen Abend entspannt sich die Situation langsam. Viele Demonstranten sind bereits weg. Auf der Kreuzung werden noch eine Weile Reden gehalten. „Liebe ist die stärkste Kraft auf der Erde und sogar darüber hinaus“, sagt die Rednerin. Sie spricht vom Universum, einer Parallelgesellschaft – und immer wieder über Freiheit.
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