/ „Menschen wie wir“: Charel Bauer aus Bettemburg ist der Herr der Comics
Die Liebe zu Comics und Zeichentrickfilmen erbt Charel Bauer (65) von seinem Vater. Spätestens als er als kleiner Bube dessen Sammlung auf dem Dachboden entdeckt, ist es um ihn geschehen. Dass aus dieser Liebe eine wahre Leidenschaft wird, ist wohl auch Charels Asthma geschuldet. Es plagt ihn seit seiner Kindheit. Die Freude an den Comics hat sich der heute pensionierte Sparkassenmitarbeiter dadurch aber nicht vermiesen lassen. Bestes Beispiel ist seine aktuelle Ausstellung im Bettemburger Schloss.
Von unserem Korrespondenten Marco Goetz
Serie
In unserer Porträt-Serie geht es um Menschen wie dich und mich. Um bekannte und unbekannte Gesichter und Namen. Um versteckte Hobbys, Träume und Gaben. Bezug zur Aktualität kann es geben – muss es aber nicht. Es sind Geschichten über Menschen, die in Luxemburg leben und unsere Gesellschaft beleben. Geschichten über „Menschen wie wir“.
Samstagmorgen vor einer Woche, 10 Uhr. Wetter wie aus dem Bilderbuch. Treffpunkt ist die Kunstgalerie Maggy Stein im Bettemburger Schloss. Vier Tage vor der Vernissage feilt Charel akribisch an der Inszenierung seiner Ausstellung. Zahllose Figuren, Modelllandschaften, Filmplakate und natürlich Comic-Hefte sind auf Tischen und in Vitrinen angeordnet. Wer auch nur einen Funken Freude an Comics in sich trägt, dem wird es ein Leichtes sein, in die Atmosphäre von Tintin, Marsupilami, Blake und Mortimer und der ganzen Bande aus Entenhausen einzutauchen.
Die Ausstellung ist das Produkt jahrzehntelangen Sammelns, aufgebaut auf einem Fundament, das Charels Vater gelegt hat. Der sammelt nämlich ab 1934 „Le Journal de Mickey“. Diese Hefte entdeckt Charel als Dreijähriger auf dem Dachboden des Elternhauses. Lesen kann er da noch nicht, aber die Zeichnungen faszinieren ihn. Seinem Vater, so erzählt Charel, sei es nicht entgangen, dass der Sohnemann sich immer öfters auf dem Speicher rumtrieb, um sich die Comicheftchen anzusehen. Fortan sammeln Vater und Sohn gemeinsam Bessy, Fix und Foxi oder Felix.
Alleine im Nonnenkloster
Dass Charels Leidenschaft die heutige Form annimmt, ist zu einem gewissen Teil auf sein Asthma-Leiden zurückzuführen. Es begleitet ihn seit Kindheitstagen und prägt sein Leben. Schon als kleiner Junge muss er deshalb oft zum Arzt, was ihm natürlich nicht gefällt. Anschließend aber, so verspricht es ihm seine Mutter, geht es in den Zeitungsladen, wo Charel sich ein Comic-Heft aussuchen darf. Das tröstet ihn. Im Alter von elf Jahren muss er dann für einige Monate in die Schweiz – zur Höhenkur. Alleine. In einem Nonnenkloster. Aufgrund der Distanz können seine Eltern ihn nicht besuchen. Aber im Kloster gibt es einen Schrank voller Tintin-Alben: „Normalerweise ist der Schrank verschlossen gewesen, aber die Nonnen haben mir Zugang gewährt.“ So macht Charel Bekanntschaft mit Hergé, der ihm fortan die Einsamkeit erleichtert.
Eine Obsession sei seine Leidenschaft nicht, betont Charel. Er renne nicht um die halbe Welt, um eine spezielle Rarität aufzustöbern. Wenn er allerdings auf Reisen auf ein BD-Geschäft trifft, kommt er um einen Besuch nicht herum. In einem kleinen Büchlein hat er sich jene Alben vermerkt, die ihm fehlen oder die er sich nochmals anschaffen möchte. Ganz oben auf dieser Liste stehen Lucky Luke, Blake und Mortimer und Michel Vaillant. Charel sucht aber auch nach Objekten, die in Zusammenhang mit den Comic-Helden stehen: zum Beispiel Briefmarken, Münzen, Figuren oder die Autos aus den Tintin-Alben im Maßstab 1/24.
Charel sammelt vor allem, um sich an seinen Errungenschaften zu erfreuen und sie zu „benutzen“: „Bei mir wird nichts in Klarsichtfolie eingeschweißt oder in Kisten irgendwo in zweiter und dritter Reihe verstaut.“ Deshalb ist auf seinem Dachboden alles so angeordnet, dass er es sehen und zeigen kann. Seine selbst gebauten Modelllandschaften wie beispielsweise der Tempel aus einem Marsupilami-Abenteuer stehen normalerweise in Contern, wo seit 1994 das Luxemburger BD-Festival schlechthin stattfindet. Charel ist Gründungsmitglied. Das nächste Festival ist übrigens am 20. und 21. Juli. „Comics sind eine Welt, in der ich mich wohlfühle“, unterstreicht Charel.
Die Saint-Michel-Bruderschaft
Und, springt die Begeisterung über in der Familie? Charel überlegt. Seine Frau habe überhaupt keinen Bezug zu Comics, sagt er. Seine Kinder eigentlich auch nicht. Aber die Enkelkinder! Denen gefallen die Lustigen Taschenbücher mit u.a. Micky, Minnie Maus und Donald ganz besonders. Allerdings, betont Charel, wenn das Festival in Contern stattfindet, sei die ganze Familie mit dabei, um zu helfen.
Die Welt der Comic-Helden ist aber nicht Charels einzige Freizeitbeschäftigung. Sehr gerne fährt er Rad: „Allerdings in normaler Kleidung, nicht in diesem speziellen Zeug.“ Oder er arbeitet mit großer Freude in seinem Garten. Seit 30 Jahren ist er Mitglied der Big Band der „Spuerkeess-Bankers“ und dort für Perkussion zuständig, Conga zum Beispiel. Und dann ist er Vize-Kommandant der „Confrérie Saint-Michel“ und setzt sich in dieser Funktion für die Wiederbelebung der Altstadt rund um den Fischmarkt ein: „So gut es geht, wollen wir als Bruderschaft verhindern, dass abends nach 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt und die Lichter gelöscht werden.“
Eine richtige Comicgeschichte über das älteste Viertel der Hauptstadt fehle übrigens und wäre eigentlich ein willkommenes Werk, meint Charel. Wer ins Leben von Charel Bauer eintauchen möchte, dem sei ein Besuch in der Ausstellung in der Bettemburger Kunstgalerie Maggy Stein empfohlen. Noch bis zum 5. Mai.
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