Aktivismus / Menschenrechte im Finanzbereich: Bei Umfrage stimmt Mehrheit für gesetzliche Regelung
Ein Gesetz soll Unternehmen inklusive der Finanzbranche verpflichten, darauf zu achten, dass sie keine Menschenrechte verletzen. Das fordern Aktivisten in Luxemburg. Laut einer rezenten Umfrage ist diese Meinung nicht umstritten.
Bei der Umfrage sprachen sich 86 Prozent der Befragten dafür aus, dass der Gesetzgeber die Finanzbranche in die Pflicht nimmt, um die Finanzierung von Unternehmen zu verhindern, deren Tätigkeit mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in Verbindung gebracht wird.
87 Prozent der Befragten sprachen sich für ein solches sog. Lieferkettengesetz aus, das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg (inklusive der Finanzwirtschaft) dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverstöße und Umweltzerstörung in ihrer Wertschöpfungskette zu verhindern. 79 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass Banken bei der Vergabe eines großen Kredits während der gesamten Laufzeit darüber wachen müssen, dass das Geld nicht zur Finanzierung von Tätigkeiten genutzt wird, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zur Folge haben.
Drei Viertel der Befragten (75%) brachten zum Ausdruck, dass sie sich ein solches Gesetz noch in dieser Legislaturperiode – also vor den Wahlen in diesem Jahr – wünschen.
Die Umfrage wurde durchgeführt von TNS Ilres im Auftrag der Initiative „Devoir de vigilance“. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag bei einer Pressekonferenz durch Jean-Louis Zeien und Antoniya Argirova von der Initiative und Tommy Klein von TNS Ilres präsentiert.
Als Beispiele für solche Menschenrechtsverletzungen nannte Aktivist Jean-Luis Zeien Kinderarbeit bei der Produktion von Schokolade, die Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern in der Textilwirtschaft und Verbrechen in der Extraktion von Blutdiamanten.
Die Initiative fordert seit einiger Zeit bereits ein solches Gesetz und meldet sich immer wieder zu Wort. Die Arbeiten an einem Gesetz gehen jedoch nur schleppend voran. Jüngst hatten die Aktivisten selbst einen Gesetzestext ausgearbeitet und vorgelegt. Dafür stützten sie sich auf eine Studie von Dr. Basak Baglayan von der Uni Luxemburg, die im Mai 2021 veröffentlicht worden war. „Eine solche Studie steht im Koalitionsabkommen. Wir – die Vertreter der Zivilgesellschaft – hatten uns dafür starkgemacht, dass eine saubere wissenschaftliche Studie gemacht wird, und nicht, dass lediglich in einem Arbeitskreis darüber diskutiert wird“, hatte Zeien in einem früheren Gespräch mit dem Tageblatt gesagt.
Die Finanzwelt für das Problem sensibilisieren
Derzeit befindet sich auch eine EU-Richtlinie in der Ausarbeitung. Die Aktivisten kritisieren hier, dass der Finanzmarkt ausgespart wurde und dass nicht abzusehen ist, wie lange es dauert, bis sie angewandt wird. Luxemburg solle mit einem eigenen Gesetz Pionierarbeit leisten und zum Exzellenzzentrum für Menschenrechte werden, sagt Zeien. U.a. Frankreich hat bereits ein solches nationales Lieferkettengesetz.
Dass solche EU-Verordnungen dauern, zeigt eine Verordnung über Konfliktmineralien. Die Direktive lag acht Jahre lang im Ofen. Mit der Gesetzesvorlage 7787 will Luxemburg derzeit die EU-Verordnung zur Eindämmung des Handels mit Konfliktmineralien in nationales Recht umwandeln. Von der Regelung betroffen sind Zinn, Tantal, Gold und Wolfram. Die Initiative kritisiert den äußerst schmalen Anwendungsbereich der Verordnung mit gerade einmal vier Mineralien. Sie befindet sich mit der Kritik in guter Gesellschaft, denn auch die Menschenrechtskommission hatte diese und anderen Kritiken geäußert.
Dass eine strenge nationale Gesetzgebung der Wettbewerbsfähigkeit Luxemburgs schadet, glaubt Zeien nicht. Er nennt den Erfolg von Luxemburgs grüner Börse als Vorbild. Die Green Stock Exchange hatte sich damit verdient gemacht, dass sie strengere Regeln durchgesetzt hat als in ihrem Bereich üblich. Strengere Regeln würden eben nicht immer bedeuten, dass Unternehmen das Land verlassen, erklärt Zeien.
Gerade die Finanzwirtschaft sei damit vertraut, strenge Regulierungen einzuhalten und Kontrollen durchzuführen, erklärt Zeien. Banken müssen bereits Kunden prüfen, um Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu verhindern (AML/AFT).
Die Aktivisten wollen die Akteure aus der Finanzwirtschaft nun sensibilisieren. Die Aktion richtet sich vorrangig an die Promotionsagentur „Luxembourg for Finance“ (LFF) und ihren Direktor Nicolas Mackel. Die Aktivisten haben einen Aufruf an die Öffentlichkeit gestartet, um Mackel vorgedruckte Postkarten zu schicken, einen Appell zu unterschreiben, oder Mackel per Twitter anzuschreiben.
In einer Untersuchung, die unter anderem von LFF und der Universität Genf durchgeführt wurde, hatten sich 90 Prozent der befragten europäischen Finanzinstitute dafür ausgesprochen, Regierungen sollten die Verantwortung für den Schutz der Menschenrechte durch klare rechtliche Standards übernehmen.
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