Nicht transparent, nicht kohärent / Menschenrechtskommission kritisiert Umgang der Regierung mit der Coronakrise
Zufrieden ist die Menschenrechtskommission aktuell mit der Arbeit der Regierung nicht. In ihrer Stellungnahme zu den beiden neuen Corona-Gesetzen kritisiert die beratende Kommission unter anderem eine fehlende Transparenz bei den Zahlen, auf denen die Entscheidungen getroffen werden. Aber auch die fehlende Kohärenz und Weitsicht bei den neuen Corona-Gesetzen ist ihnen ein Dorn im Auge.
In Luxemburg steigen die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen wieder an. Um die zweite Welle im Griff zu halten, wurden am Sonntag von der Regierung wieder neue Corona-Gesetze angekündigt, die nun im Schnellverfahren durch das Parlament verabschiedet werden sollen. Obwohl man die Dringlichkeit der Situation verstehe, ist die Menschenrechtskommission alles andere als begeistert von dem Vorgehen der Regierung.
Die neuen Gesetze wären nur drei Tage nachdem die vorher beschlossenen Maßnahmen vorgelegt worden. Dabei hätte die Regierung selbst mehrfach betont, dass die neuen Maßnahmen ihre Effizienz erst nach einer gewissen Zeit zeigen würden. Die neuen Gesetzesprojekte sollen bis zum 24. Juli angenommen werden. Das ließe allen direkt oder indirekt in den legislativen Prozess eingebundenen Parteien „nur zwei bis drei Tage“, um ihre Meinung mitzuteilen.
Die Kommission hinterfragt ebenfalls, wieso die Regierung die vorherigen Maßnahmen am 17. Juli mit einer Dringlichkeitsabstimmung vom Parlament verabschiedet haben lasse, obwohl schon abzusehen war, dass diese nicht ausreichen würden, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Dieses Schnellverfahren der Regierung würde das demokratische Verfahren in Luxemburg gefährden. In den Augen der Kommission könne man, „wenn man sich mehr Zeit nehme, um die Gesetzesprojekte auszuarbeiten und eine mittelfristige Strategie entwickele, die Qualität der gestimmten Texte verbessern.“ Insbesondere wenn es um Gesetze ginge, die fundamentale Menschenrechte einschränken würden.
Nicht mehr als zehn Gäste
Beim Gesetz zur Beschränkung der privaten Treffen auf höchstes zehn Gäste, neben den Bewohnern der Wohnung selbst, kritisiert die Menschenrechtskommission die Transparenz der Regierung. Auch wenn man nicht in Frage stelle, dass die Begründung des Gesetzes – die meisten Ansteckungen finden im Privaten statt und dort werden die Hygieneregeln nicht befolgt – stimme, würde die Kommission gerne die konkreten Daten einsehe. Man „bedauere“, dass diese nicht zur Verfügung stünden. Die Experten erinnern die Regierung deswegen wieder an ihre Kritiken vom 9. Juni und 13. Juli. Es sei wichtig, dass die Maßnahmen kohärent seien und alle Informationen mitsamt den Ergebnissen des Contact Tracing veröffentlicht werden. „Alle Entscheidungen der Regierung müssen auf überprüfbaren, wissenschaftlichen Ergebnisse basieren“, schreibt die Kommission. Sonst seien die Einschränkungen der Menschenrechte äußerst problematisch.
Außerdem weist die Kommission auf einen scheinbaren Widerspruch in den angekündigten Maßnahmen hin. Wieso würden die Privatfeiern zu Hause auf maximal 10 Gäste beschränkt, wenn eine Privatfeier in einer Bar mit 20 Personen, je 10 pro Tisch, weiterhin erlaubt seien? Die Kommission legt der Regierung deswegen nahe ihre Sensibilisierungs- und Kommunikationsstrategie zu verbessern. Dass manche Personen die Barrieregesten nicht respektieren könnte auch daran liegen, dass es an einer klaren Kommunikation der Regierung fehlt und die Inhalte der Kommunikation nicht immer übereinstimmen.
Es braucht Ausnahmen
Beim Gesetz zur Bestrafung der Missachtung der Quarantäne und Isolierung von infizierten oder potenziell infizierten Personen nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass die Höhe der Strafen nicht übertrieben sei, vor allem im Vergleich mit anderen europäischen Ländern. Allerdings stellt sie die Effizienz der Maßnahme infrage. In ihren Augen würde eine „klare, transparente und kohärente“ Kommunikation mehr Effekt haben, als die Einführung einer Strafe.
Außerdem solle man bei der Kontrolle und der Bestrafung bei einer eventuellen Missachtung der Quarantäne der Situation der jeweiligen Person in Betracht ziehen. Damit die Menschenrechte gewahrt bleiben bräuchte es beispielsweise eine Liste mit Ausnahmen für die Quarantäne. Dazu zählen in den Augen der Kommission etwa dringende familiäre Gründe, wie etwa der Tod eines Familienmitglieds, die Flucht vor häuslicher Gewalt, das Aufsuchen eines Arztes bei gesundheitlichen Problemen, die Versorgung der Haustiere und andere Aktivitäten, bei denen keine wirkliche Ansteckungsgefahr bestehe. Diese müssten, unter strikten Hygieneregeln, möglich sein.
Die Menschenrechtskommission fordert der Regierung außerdem dazu auf, das im Gesetz vorgesehen juristische Vorgehen zu überarbeiten. Zwar sei vorgesehen, dass die betroffenen Personen Einspruch vor einem administrativen Tribunal einlegen können. Doch der Präsident dieser hätte ausgesagt, dass eine „Infizierte oder potenziell Infiziere Person“ vor dem Gerichtsgebäude abgewiesen würde. Jeder Mensch hätte das Recht vor Gericht zu erscheinen und Einspruch einzulegen. Dies müsse gewahrt werden.
Den kompletten Text der Position der Menschenrechtskommission zu den neuen Gesetzen finden Sie hier.
- „Nach all dem was passiert ist, ist man verunsichert“ - 15. November 2024.
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- Rechte für Menschen mit einer Behinderung: Es reicht mit den leeren Versprechungen - 14. Oktober 2024.
Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen und ist dieser Umstand wie bisher die große Unbekannte , kann man schon einmal die falschen Maßnahmen ergreifen. Menschlich , darum sollten die Menschenrechtler die Kleinkrämerei unterlassen und sich den Spruch zu eigen machen:“Den naischt mecht, naischt brecht.“ Übrigens das Virus interessieren die Menschenrechte nicht, es nimmt sich die Menschen die es will.
@J.Scholer,
Menschenrechte als Kleinkrämerei zu qualifizieren ist Trump würdig. Für Menschenrechte sind mehr Menschen gestorben und sterben jedes Jahr mehr Menschen als dieses Viruslein jemals „nehmen“ kann.
Wie soll ein Parlament über ein Gesetz debattieren wenn es keine Unterlagen/Daten hat.
Wie sollen Stellungnahmen zu Gesetzesvorschlägen erfolgen wenn keine Unterlagen/Daten vorhanden sind.
Alles unter dem Moto ich glaube Mal oder lass uns Mal raten was kommt.
Heute hat die Ministering offiziell die Zahlen der LuxembourgResearchForCovid19 Forscher in Frage gestellt. Wem soll man Glauben schenken villeicht niemandem, Einfach mal raten, Raten kostet teuer.
Ich bin mir sicher dass diese Gesetze die so tief in die Menschenrechte eindringen niemals einem Europäischen Urteil statt halten, denn sie müssen verhältnismässig sein. (aber das ist ja öfters der Fall bei Luxemburger Gesetzen).
Eine grosse Unbekannte ist kein Grund zur Menschenrechtsverletzung.
Ich, und die meisten Luxemburger stehen hinter dieser sehr wichtigen Institution, und wir sollten ihr danken für ihre Arbeit.
@Zyniker: Entweder habe ich mich zu schwerfällig ausgedrückt oder Sie glauben in meinem Kommentar etwas zu erspähen was ich nicht geschrieben habe. Menschenrechte sind mir extrem wichtig, deren Verletzungen gibt es weltweit genug. Ich möchte darauf hinweisen, während des Lockdown ältere Menschen, Behinderte regelrecht eingesperrt wurden. Die Menschenrechtskommission schwieg, bis etliche Menschen in Luxemburg ihren Unmut in die Öffentlichkeit trugen. In Erinnerung bleibt mir auch der Kommentar des Präsidenten unserer Menschenrechtskommission , eher beschwichtigend , wohlweislich Verfehlungen sah, aber…..Ich habe Achtung für jene Menschen die sich für Menschenrechte einsetzen, aber dieses politische Geplänkel , spezifisch der Regierungsentscheidungen erinnert mich an Dorfpolitik. Luxemburg ist nicht die Türkei , nun fallen Sie nicht in den Trumpschen Übertreibungswahnsinn , übrigens habe ich schon oft Kommentare zu Menschenrechtsverletzungen in der Welt geschrieben , wobei ich bisher ihrerseits wenig sah.Menschenrecht ist auch , den Weg nach Europa zu öffnen für die Flüchtlinge aus den Lagern, Krisengebieten.
Wie laut hätten wir alle um Menschenrechte gebettelt, wenn am Anfang der Covid19 Krise, alle zur Arbeit, zur Schule usw. hätten antreten müssen?
Wenn uns keine Masken-pflicht usw. von der Regierung vorgeschrieben wäre? Was hätten die Menschenrechtler laut aufgeschrien. Mein Recht auf Virenfreie Atemluft wird nicht beachtet😤
Es herrscht weltweit eine Covid19 Krise, ist nicht nur in unserem Dörfli Luxemburg!
Es ist so einfach auf unsere Politiker, unsere Regierung zu schimpfen. Mag jemand hier die Verantwortung übernehmen? Dann bitte zu den nächsten Wahlen antreten, den „Mutigen“ ist gleich meine Stimme versprochen.
Bleiben sie bitte alle gesund❣❣❣
In diesem Artikel schimpft doch niemand auf die Regierung. Ausserdem gehts nicht um Kleinkram.
Was ich hier lese, ist konstruktive Kritik, die dazu einlädt, verschiedene Punkte zu verbessern.
Die übertreiben mit diese Grippe, die ganze Wirtschaft geht zur Hölle. Letztes Jahr gab es mehr Tote mit eine normale Grippewelle sowie in viele andere Länder.
Was wollen die, was steckt dahinter ?
GEGEN DIE NATUR KANN MAN NICHT KÄMPFEN
@J.Scholer
Sie haben sich nicht schwerfällig ausgedrückt, ware sogar sehr klar : „darum sollten die Menschenrechtler die Kleinkrämerei unterlassen“.
Das ist doch klar, oder.
Menschenrechte sind eine ROTE LINIE. Man kann an den Organisationen Kritik ausüben wenn diese zu langsam sind aber unter keinen Umständen wenn sie sich für das für was sie geschaffen worden einsetzen und dies so klar wie jetzt artikulieren. Man könnte die Organisation auch bitten sich beim europaischem Gerichtshof einsetzen um die rechtmässigkeit der luxemburgischen Gesetze überprüfen zu lassen. Der Organisation muss aber das Ob, Wie und Wann überlassen werden.
Zum Trump Vergleich. Ich verstehe Sie, niemand mag mit dem verglichen werden,
Ich werde mich dennoch nicht entschuldigen denn hier sind die Parallelen zu Trump die ich aus Ihrem Kommentar abgeleitet habe. „Ich Trump habe das SO nicht gemeint/gesagt (es aber geschrieben), Ich bin immer ein Verfechter … Sie Herr Obama (sorry zyniker) habe ich nie…), und dann dieser Luxemburg vs Türkei Vergleich aus heiterem Himmel.