Kinderbetreuung / Mersch am Limit: „Maisons relais“ haben keinen Platz für die Kleinsten
Ausgelastete „Maisons relais“, fehlende Kitaplätze und verzweifelte Eltern: Die Gemeinde Mersch kämpft mit einem akuten Platzmangel in den „Maisons relais“ und Betreuungseinrichtungen, was vor allem Familien mit kleinen Kindern vor große Herausforderungen stellt.
Die Gemeinde Mersch steht vor einem ernsthaften Problem: Kinder ab drei Jahren haben das Recht, die „Précoce“ zu besuchen, doch die Umsetzung dieses Rechts erweist sich als äußerst schwierig. Sowohl die Gemeinde als auch die Eltern stoßen hier an ihre Grenzen. Die Nachfrage nach Plätzen in den „Maisons relais“ übersteigt bei weitem das Angebot. Aus diesem Grund hat die Gemeindeverwaltung entschieden, keine dreijährigen Kinder, die die „Précoce“ besuchen möchten, in den „Maisons relais“ aufzunehmen. „Wir haben nicht die Mittel, um die ganz Kleinen unterzubringen“, bestätigt Bürgermeister Michel Malherbe (DP) im Gespräch mit dem Tageblatt.
Obwohl die Thematik nicht neu ist, sorgte der Betreuungsnotstand in der Gemeinde rezent wieder für Aufruhr und Frustration in der Facebookgruppe „Mersch Community“. Betroffene Eltern beschwerten sich dort über die hoffnungslose Lage und suchten um Rat – meist vergeblich.
Nicht nur die Unterbringung, auch die Verpflegung der Kinder bereitet der Gemeinde Schwierigkeiten – ganz zu schweigen vom Fachkräftemangel. Bereits jetzt sind die vorhandenen Küchen eigentlich zu klein, um das Essen für alle Altersgruppen der Schüler zuzubereiten. Das Problem sei also bekannt, doch den Gemeindeverantwortlichen seien praktisch die Hände gebunden, meint Malherbe.
60 Kinder auf der Warteliste
Für viele Familien in der Gemeinde bedeutet dies, dass nur jene Eltern, bei denen ein Partner zu Hause bleibt oder Unterstützung von Verwandten möglich ist, ihre dreijährigen Kinder zur „Précoce“ schicken können. Für Haushalte, in denen beide Eltern berufstätig sind, ist es schwer, ihre Arbeitszeiten an die Zeiten der „Précoce“ anzupassen.
Eine Alternative bieten Tagesmütter und einige Kindertagesstätten, die den Transport zur „Précoce“ übernehmen. Allerdings übersteigen diese Optionen die finanziellen Möglichkeiten vieler Haushalte – trotz der Vergütung durch den „chèque service“. Zudem bieten nicht alle Kitas diesen Service an, und auch Kitaplätze sind in Luxemburg Mangelware.
Allein in den Kindertagesstätten der Gemeinde Mersch stehen aktuell etwa 60 Kinder auf der Warteliste. Die Gemeindeverwaltung würde Neuankömmlingen immer wieder sagen, dass es keine Betreuungsmöglichkeiten für die Kleinsten gibt.
Die geplante „Bëschcrèche“ könnte zumindest etwas Abhilfe verschaffen. Allerdings würden bürokratische Hürden deren Errichtung verzögern, sagt Malherbe. Auch der Bau einer professionellen Küche zur Versorgung der Schüler aus den örtlichen Lyzeen scheiterte, da solche Küchen in Industriegebieten nicht vorgesehen sind, sagt Malherbe.
Mangel an Bauland
Rund 1.000 Kinder werden derzeit in der Gemeinde Mersch betreut. Der Bau einer neuen Schule mit Sportkomplex für rund 500 Schüler ist in der Mache – Kosten: 120 Millionen Euro. „Wir kommen [mit dem Bauen; Anm. der Red.] nicht hinterher“, bedauert der Bürgermeister.
Bürokratische Verfahren und rechtliche Hürden verschärfen die Situation zusätzlich. So kosten obligatorische Umweltstudien Millionen. Zudem fehlt es der Gemeinde an eigenen, geeigneten Flächen. Das derzeit größte Potenzial an Bauland in Privathand befände sich in Recken. Es sei jedoch schwierig, die Eigentümer zum Verkauf zu bewegen. Zudem verfüge die Gemeinde nicht über die nötigen Ressourcen, um Grundstücke eigenständig zu bebauen und die Strukturen vorzufinanzieren.
Auch der Transport stellt eine Herausforderung dar: Die Gemeinde gibt jährlich rund drei Millionen Euro für den Schultransport aus, wobei 13 bis 14 Busse dauerhaft bei Sales-Lenz reserviert sind. Die Einbindung der kleineren Kinder sei laut Malherbe „fast unmöglich“.
Sich selbst überlassen
Mersch ist mit diesen Problemen nicht allein. Viele Gemeinden in Luxemburg kämpfen mit Platzmangel in ihren Betreuungseinrichtungen. Doch was tut das Bildungsministerium? Kurz gesagt: nichts. Das Bildungsministerium ist nicht für die Bereitstellung von Betreuungsplätzen oder die Festlegung der Aufnahmekriterien verantwortlich – das ist Sache der Gemeinden, erklärt das Ministerium auf Anfrage des Tageblatt.
Im Regierungsprogramm der Legislaturperiode 2023-2028 ist jedoch vorgesehen, die Kapazitäten in den Betreuungseinrichtungen landesweit zu erweitern, „damit ab 2030 jedem Kind ein Platz zugesichert werden kann“. Auch eine Ausweitung der Plätze in der „Précoce“ ist geplant. Genaue Daten zur Auslastung der Betreuungsstrukturen liegen dem Ministerium allerdings nicht vor – erneut mit der Begründung, dass dies in den Verantwortungsbereich der Gemeinden falle.
Das Bildungsministerium schlussfolgert gegenüber dem Tageblatt: „Im landesweiten Durchschnitt entspricht das Angebot an Betreuungsplätzen in etwa der Nachfrage. Es gibt jedoch regionale Unterschiede, da der Bedarf von Gemeinde zu Gemeinde variiert. In einigen Gemeinden fehlt es an Betreuungsplätzen.“
Damit ist letztendlich jedoch weder den betroffenen Gemeinden noch den Kindern geholfen. „Wir kriegen einfach nicht alle untergebracht“, schließt Malherbe.
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