Mertzig / Einweihung des Natura-2000-Gebiets: Heimat von Molchen und Fledermäusen wird besonders geschützt
Umweltministerin Joëlle Welfring („déi gréng“) hat sich am Donnerstag bei einem ihrer ersten öffentlichen Auftritte nach Mertzig begeben, um dort ein neues Natura-2000-Gebiet einzuweihen. Das „Säitert“-Gebiet ist ein Refugium für Kammmolche, Fledermäuse und Vögel wie dem Schwarzspecht und dem Schwarzstorch.
Die Ministerin traf als Letzte ein, um dann umso schneller voranzuschreiten in den Wald, wo das Rednerpult und ein Zelt mit veganer Verpflegung für den „Patt“ schon warteten. Von den für den Nachmittag vorhergesagten Unwettern noch keine Spur. Anlass war die Einweihung eines neuen Natura-2000- Naturschutzgebietes – dem Wald- und Mardellen-Gebiet „Säitert“-Mertzig. Damit werden den Natura-2000-Gebieten in Luxemburg weitere 45 Hektar hinzugefügt.
Natura 2000 ist ein Netz aus Naturschutzgebieten in Europa, das durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie vom 21. Mai 1992 ins Leben gerufen wurde. Am Samstag feiert diese Richtlinie also ihr 30-jähriges Bestehen. Eine Mardelle ist eine wassergefüllte Mulde, die als Lebensraum für Tiere und Pflanzen dienen kann. Solche Mardellen gibt es in dem neuen Naturschutzgebiet einige. Sie dienen u.a. als Wohnraum für geschützte Kammmolche, Amphibien mit auffälligen Zacken, die über den Rücken laufen. Laut dem staatlichen Internetportal emwelt.lu sind Kammmolche die seltenste der vier einheimischen Molcharten.
Eine weitere Art, die im „Säitert“-Gebiet ansässig ist, ist die Bechsteinfledermaus. Diese Fledermäuse leben in toten Bäumen, die von Spechten „prapäriert“ worden sind. Tote Bäume werden in dem Naturschutzgebiet nicht entfernt, was dem „Immobilienbestand“ für Fledermäuse zugutekommt.
„Die Säitert ist schöner Eichen- und Buchenwald. Er fasziniert durch seine seltenen Pflanzen, seine verschiedenen Lebensräume, die vielen Tümpel und seine botanische Diversität“, sagte der Mertziger Bürgermeister Mike Poiré. Verschiedene der Eichen sind über 200 Jahre alt.
Im Eingangsbereich des Waldes entsteht außerdem gerade ein Waldfriedhof. Ein dementsprechendes Schild sei am Mittwoch errichtet worden, und die Arbeiten seien so weit abgeschlossen, erläutert der Bürgermeister. „Es fehlen noch das Reglement und die Gebühren, über die abgestimmt werden muss. Dann hat Mertzig seinen schönen Waldfriedhof“, so Poiré.
„Heute feiern wir das europäische Naturerbe“, sagte Poiré im Hinblick auf das Natura-2000-Jubiläum. „Die Pflanzen und Tiere, die um uns herum ihr Zuhause haben. Ob Wildkatze, Storch, Schmetterling, Kammmolch, schwarzer Specht. Nur wenn wir sie wertschätzen und helfen, ihren Lebensraum zu erhalten, wird unsere Heimat auch in Zukunft bunt und lebendig sein.“
Umweltministerin Welfring bezeichnete das Netzwerk der Natura-2000-Gebiete als „extrem wichtig, um unsere Lebensgrundlage zu schützen – gerade in Zeiten des Klimawandels, dessen Effekte hier bereits spürbar sind. Man sieht bereits, wie trocken es ist. Umso wichtiger, dass die Orte, die wir noch haben, gut geschützt sind für die Menschen, die nach uns kommen – dass auch sie die Chance haben, eine Bechsteinfledermaus oder einen Kammmolch kennenzulernen.“
Keine Käseglocke
Eine weitere Funktion des Waldes sei die Erholung. Die Tiere und Pflanzen müssten zwar geschützt werden, aber nicht unter eine Käseglocke. Spätestens in der Pandemie hätten die Menschen die Bedeutung des Waldes als Erholungsgebiet erkannt. Mensch und Natur müssten Wege finden, miteinander auszukommen.
Eine Besonderheit, auf die am Donnerstag hingewiesen wurde, ist die Infotafel in „leichter Sprache“. Dabei handelt es sich um eine Ausdrucksweise, die auch Menschen verstehen können, die Probleme haben, einem komplexen Satzbau zu folgen – etwa Menschen mit geistiger Behinderung. Aber auch Kinder können so die Infotafel ohne Hilfe ihrer Eltern verstehen. Wenn öffentliche Gelder genutzt werden, dann müsse gewährleistet sein, dass jeder Zugang habe, sagte Welfring. Vertiefende Texte können über einen QR-Code online abgerufen werden.
Bei den Bemühungen, das Naturschutzgebiet inklusiv zu gestalten, wurden die Verantwortlichen unterstützt vom in Mertzig verwurzelten Verein „op der Schock“, wie Bürgermeister Poiré erzählte. Der Verein aus Redingen bietet Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung an und betreibt eine Wohneinrichtung in Mertzig.
Ein Geschenk in Form eines Buches hatte der Förster und Sachbuchautor Jos Helbach (92) für die Ministerin. Helbach war bis 1990 für die Pflege des Waldes zuständig und steht dem heutigen Förster, Christian Engeldinger, dessen Aussage nach immer noch mit Rat zur Seite.
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