/ Michel Wolter und die „Legendenbildung“ des Königsmachers
Seit 2010 ist der Ex-Minister, Ex-Fraktionschef und Ex-Parteipräsident Michel Wolter (CSV) Bürgermeister der Gemeinde Käerjeng. Eine Arbeit, die ihn sichtlich zufriedenstellt. Doch ein Gespräch mit „Député-maire“ Wolter kann sich nicht bloß auf Lokalpolitik beschränken.
Tageblatt: Wie fühlt man sich als Königsmacher? Ihnen wird ja nachgesagt, maßgeblich an der Wahl von Frank Engel als CSV-Präsident mitgewirkt zu haben.
Michel Wolter: Man kann das als Legendenbildung bezeichnen. Richtig ist, dass ich zwei Tage nach den Wahlen (im Oktober 2018), und nicht nur ich, dagegen war, dass die Leute (Parteipräsident Marc Spautz und Spitzenkandidat Claude Wiseler) sich gleich zurückziehen würden. So was macht man nicht. Über 550 Leute haben beim Kongress abgestimmt, und ich soll die alle beeinflusst haben? Das ist ja Quatsch.
Auf nationaler Ebene sind Sie vor einigen Jahren in die zweite Reihe zurückgetreten. Fehlt Ihnen da was oder genügt Ihnen die erste Rolle in der Gemeinde Käerjeng?
Im Jahr 2013 habe ich als Parteipräsident aufgehört. Schon damals hatte die Partei einen Umbruch beschlossen. So viel zum permanenten Umbruch. Dann habe ich mich auf die Gemeinde konzentriert. Und das wurde 2017 bei den Kommunalwahlen honoriert, auch 2018 bei den Parlamentswahlen übrigens, bei denen ich sehr viele Stimmen in der Gemeinde bekommen habe.
Ich hätte nie gedacht, dass diese Arbeit mir so viel Spaß machen würde. Man sieht die Ergebnisse seiner Politik schneller. Man hat eine Idee, diskutiert die mit den Kollegen und dann ist sie in absehbarer Zeit realisiert. So werden wir in drei Monaten einen kleinen Park in Oberkerschen einweihen. Das ist ein Beispiel, bei dem man sagen kann, das haben wir realisiert. Da sind noch die verschiedenen Ausstellungen, die wir organisiert hatten. Wir kommen gut voran beim „Contournement“.
Wann ist Baubeginn, wann die Fertigstellung?
Ende März, Anfang April soll der „Avant-projet détaillé“ (APD) kommen. Zuerst musste der APS („Avant-projet sommaire“) erstellt werden. Dieser musste durch den Ministerrat. Beim APS ging es ja um die Mittelausstattung und den Streckenverlauf. Im APD geht es um die Grundstücksfrage. Es müssen glücklicherweise nur 10 bis 12 Prozent der Strecke gekauft werden. Der Großteil des Geländes ist in Gemeinde- bzw. Staatsbesitz. Dann kann das Projekt für die Ausschreibungen vorbereitet werden.
Ich schätze, dass man wohl noch zwei Jahre auf den Baubeginn warten muss. Die Bauarbeiten selbst werden dann wohl noch sechs Jahre dauern. Es sind immerhin 4,5 Kilometer.
Haben sich in der Zwischenzeit die Beziehungen zur Nachbargemeinde Sanem entkrampft?
Die Beziehungen zur Nachbargemeinde waren nie schlecht. Man konnte sich nur in einem Dossier nicht verständigen. Nach wie vor verstehen wir die Haltung der Gemeinde Sanem nicht, denn spätestens als die Streckenführung auf unsere Seite verlegt wurde, war die Gemeinde nicht mehr von der Angelegenheit betroffen. Das Gros läuft über Gelände der Kommune Käerjeng.
Andere große Vorhaben für die Gemeinde?
Wir haben soeben die Spielschule in Küntzig fertiggestellt. Ein großes Projekt wird der Bau einer „Spillschoul“ und der „Maison relais“ für 100 bis 150 Kinder in Käerjeng sein. Das zweite große Projekt im Hochbau betrifft den Festsaal in Küntzig. Für diese zwei Projekte sollen bis Ende dieses Jahres die Pläne vorliegen. Und dann beginnen wir so langsam, uns Gedanken über ein neues Rathaus zu machen. Die Räumlichkeiten reichen längst nicht mehr. Voraussichtlich Ende 2020 wird ein Bauprojekt mit der SNHBM für 50 bis 54 Wohnungen abgeschlossen werden. Partner bei einem anderen Wohnungsbauprojekt in Linger ist der „Fonds du logement“.
Ein großes Vorhaben im Tiefbau betrifft den Boulevard Kennedy, der uns sehr viel Kopfzerbrechen bereitet. Der Boulevard wird ab der Brauerei bis zum Ende hin erneuert. Die Straße Richtung Sanem muss um mehrere Meter gesenkt werden, damit der „Contournement“ so niedrig wie möglich gebaut werden kann. Dann ist noch ein Parkhaus beim Bahnhof mit 450 Stellplätzen vorgesehen, das jedoch erst nach Abschluss der Arbeiten am Parking in Rodange realisiert wird.
Käerjeng ist dank seiner Gewerbegebiete eine reiche Gemeinde …
Das ist ein Märchen. Wir bezogen im letzten Jahr eine eigene Gewerbesteuer von 1,7 Millionen Euro. Wir haben, glaube ich, die drittgrößte Industriezone, bekommen aber wenig Geld. Wir leben hauptsächlich von den Mitteln, die über den Staat umverteilt werden.
Was brachte denn die Reform der Gemeindefinanzen?
Wir haben mehr bekommen. Weil eben mehr Geld im Topf war. Ich habe aber den Eindruck – was ich jedoch mangels Zahlen nicht belegen kann –, dass wir, relativ betrachtet, verloren haben. Da wurden andere Kriterien eingebaut, die uns benachteiligen. Niemand sagt es, aber die Kosten für das Feuerlöschwesen explodieren. Es geht uns finanziell natürlich gut, auch wegen der guten Wirtschaftslage. Dennoch bin ich der Ansicht, dass uns mehr zustehen müsste. Esch bekommt ja viel mehr. Ich habe kein Problem damit, dann sollte man jedoch nicht von den anderen Gemeinden fordern, beispielsweise bei der Renovierung des Ariston mitzumachen, wie ich kürzlich gelesen habe. Man bekommt ja mehr Geld für regionale Verpflichtungen, wie beispielsweise das Theater oder die Fixerstube. Aber mehr Geld nehmen und andere noch zur Kasse beten, das geht nicht.
Ihre Wünsche bzw. Forderungen an Innenministerin Taina Bofferding?
Ich möchte lediglich, dass in aller Transparenz eine Bilanz der Reform der Gemeindefinanzen und der Reform des Feuerwehrwesens gezogen wird. Meiner Ansicht nach wurde die Stadt Luxemburg massiv entlastet, und das auf Kosten der anderen Gemeinden.
Und „Esch 2022“?
In der Kommunikation hat sich so manches geändert. Unserer Forderung nach einer anderen Handhabung der Finanzen wurde entsprochen. Wir müssen nicht zuerst Geld in den Topf geben und dann erst sagt man uns, was läuft. Nun ist alles projektbezogen. Die Gemeinden reichen Projekte ein, die werden bewertet und man bekommt eine finanzielle Hilfe. Ich habe den Eindruck, dass die zwei Neuen (von „Esch 2022“) dabei sind, ein stimmiges Konzept auszuarbeiten. Esch, Differdingen und Düdelingen bleiben natürlich die Hauptträger. Die anderen Gemeinden müssen im Rahmen des Gesamtkonzepts unterstützend mitwirken. Käerjeng will ein oder zwei Projekte einreichen. Ich sehe das Ganze eigentlich jetzt nicht mehr so negativ wie noch vor zwei Jahren.
Zurück zur Landespolitik. Sie sind „Député-maire“. Auf welche Themen werden Sie sich konzentrieren?
Kommunalpolitische Themen natürlich, Finanzen und Budget und die Verfassungsreform. Ich gehöre auch den entsprechenden Parlamentsausschüssen an.
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Hien an säin Kolleg vun Bettebuerg hun den System vun der 3-Koalitioun agefuert. Do ass den Schosswuel noo hannen lassgangen!