Syvicol / Mietgesetz muss Eigentümer stärker zur Verantwortung ziehen
Wohngemeinschaften und möblierte Zimmer („Cafészëmmeren“) bereiten den Gemeinden in Luxemburg große Schwierigkeiten. Dies wurde am Montag in einer öffentlichen Vorstandssitzung des Gemeindeverbunds Syvicol ersichtlich. Das überarbeitete Mietgesetz, das diese Wohnformen besser regeln will, weist in den Augen der Bürgermeister zu viele Schwachpunkte und Unzulänglichkeiten auf. Die Kommunen fordern, dass das Gesetz verbindlicher sein und insbesondere die Immobilieneigentümer stärker in die Verantwortung nehmen muss. Nicht zuletzt wiederholte das Syvicol seine langjährige Forderung nach einer nationalen Mietkommission, die Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern außergerichtlich und nach einheitlichen Kriterien schlichten soll. Anfang nächsten Jahres will das Syvicol sein Gutachten zu dem Gesetzesentwurf abgeben.
Am Montag beschäftigte sich der Vorstand des Gemeindeverbunds Syvicol im Sitzungssaal des hauptstädtischen Rathauses mit dem überarbeiteten Entwurf des Mietgesetzes, den Wohnungsbauminister Henri Kox („déi gréng“) Ende Juli im Parlament hinterlegt hat. In dem neuen Mietgesetz werden drei Themen behandelt, die die Gemeinden besonders betreffen: Wohngemeinschaften, möblierte Zimmer („Cafészëmmeren“) und die kommunalen Mietkommissionen.
Das Syvicol begrüßt, dass in dem überarbeiteten Mietgesetz Wohngemeinschaften erstmals rechtlich geregelt werden sollen. Gleichzeitig kritisiert der Gemeindeverbund, dass dieser rechtliche Rahmen nicht bindend sei. Wenn Mieter sich zu einer Wohngemeinschaft zusammenschließen wollen, müssten sie sich einem schwierigen und strengen Prozess und Formalismus unterwerfen, bemängelte Emile Calmes, „Attaché“ beim Syvicol. Das neue Gesetz schaffe mehr Vorteile für Vermieter als für Mieter. Diese Aussage begründete Calmes mit der im Entwurf vorgesehenen „Solidaritätsregel“, die vorsieht, dass die Mitbewohner gegenüber dem Vermieter eine gemeinsame und solidarische Verantwortung tragen. Wenn ein Mieter seine Miete nicht bezahlen kann oder will, müssen seine Mitbewohner und nicht der Vermieter für ihn haften. Ferner kann der Vermieter den Vertrag auflösen, wenn mindestens die Hälfte der Mitbewohner kündigt. Auch an dieser Regelung stört sich das Syvicol. Das neue Mietgesetz erlaube es den Gemeinden nicht, einzusehen, wie viele Menschen in einer Wohngemeinschaft zusammenleben, und mögliche Verstöße zu ahnden, erklärte Calmes. Deshalb würden die Gemeinden sich wünschen, dass die Mieter wählen könnten, ob sie einen gemeinsamen Vertrag mit dem Vermieter abschließen wollen oder ob jeder Mitbewohner einen eigenen Vertrag bekommt.
Wenn die Gemeinden keine Übersicht hätten, wie viele Menschen in einem Haus zusammen wohnen, würden sich dadurch auch eine ganze Reihe praktischer Probleme stellen, ergänzte der Ettelbrücker Bürgermeister Jean-Paul Schaaf (CSV). Diese reichten von der Bereitstellung von Abfalleimern bis hin zur Verteilung von Parking-Vignetten. Deshalb müsse das Gesetz nicht nur das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter, sondern auch zwischen diesen beiden Parteien und der Gemeinde regeln, forderte Schaaf.
Im Zusammenhang mit den möblierten Zimmern sieht das neue Mietgesetz vor, dass die Fünf-Prozent-Regel künftig auch bei „Cafészëmmeren“ angewandt werden soll. Diese Regelung, die bislang nur für Einfamilienhäuser und Wohnungen galt, legt fest, dass die Jahresmiete für eine Wohnung nicht höher sein darf als fünf Prozent des Gesamtkapitals, das der Eigentümer in diese Wohnung investiert hat. Während das Syvicol diese Neuerung grundsätzlich willkommen heißt, befürchtet der Verbund, dass es bei „Cafészëmmeren“ extrem schwierig sein wird, das investierte Kapital überhaupt zu ermitteln. Oft gehören diese Häuser Brauereien und es sei nicht immer ersichtlich, ob das Geld in die Renovierung der Geschäftsfläche oder der Wohnungen investiert worden sei, bemerkte der Clerfer Bürgermeister und Syvicol-Präsident Emile Eicher (CSV). Ferner sehe der Gesetzesentwurf keine Strafen vor, falls der Vermieter die Fünf-Prozent-Regel nicht einhält, bemängelte Calmes. Deshalb müsse das Gesetz den Eigentümer dazu verpflichten, den genauen Betrag des investierten Kapitals im Mietvertrag anzugeben, damit der Mieter auch kontrollieren kann, ob der Vermieter die Regel einhält. „Wie soll der Mieter sonst wissen, wie viel der Eigentümer in das Zimmer investiert hat, und wie kann er ohne diese Information wissen, ob die Miete fair berechnet wurde?“, fragte Calmes.
Nationale Mietkommission
Nicht zuletzt wiederholte Emile Eicher am Montag die langjährige Forderung des Gemeindeverbunds nach einer nationalen Mietkommission. Die kommunalen (für Gemeinden über 6.000 Einwohner) und interkommunalen Mietkommissionen (für kleinere Gemeinden), die 2006 eingeführt wurden, können ihre Schlichtungsaufgabe zwischen Mieter und Vermieter häufig nicht erfüllen, weil sie oft nicht ausreichend besetzt sind. Das liegt einerseits daran, dass die Mitgliedschaft in den Kommissionen auf ehrenamtlicher Basis erfolgt, andererseits ist das Mietrecht eine komplizierte Angelegenheit, die ein bestimmtes Grundwissen voraussetzt. Das neue Mietgesetz sieht nun vor, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen Mieter und Vermieter direkt vor dem Friedensgericht ausgetragen werden können, falls die Kommission aus Personalmangel nicht konstituiert werden konnte (was nicht selten vorkommt). Das Syvicol bedauert, dass damit den beiden Parteien das Recht auf eine außergerichtliche Einigung genommen werde. Vor Einführung der Mietkommissionen konnte das Distriktskommissariat diese Aufgabe erfüllen. Seit der Abschaffung dieser Kommissariate im Jahr 2014 fordert das Syvicol schon die Einführung einer nationalen Mietkommission, die einheitliche Kriterien für alle Landesbereiche und Gemeinden aufstellen und anwenden könnte.
In der anschließenden Diskussion betonten die dem Syvicol-Vorstand angehörenden Bürgermeister wiederholt, dass Eigentümer und Vermieter stärker in die Pflicht genommen werden müssten. Der Escher Bürgermeister Georges Mischo (CSV), eigenen Aussagen zufolge ein „gebranntes Kind“, wenn es um WGs geht, bemängelte, dass viele Vermieter keinen Antrag bei der Gemeinde einreichen würden, wenn sie in ihren Immobilien Wohngemeinschaften einrichten wollen. In diesem Fall bräuchten sie sich aber nicht zu wundern, wenn die Bautenpolizei die Wohngemeinschaft später nicht genehmigen würde, wenn die Gesundheits- und Sicherheitsstandards nicht eingehalten würden. Mischo führte das konkrete Beispiel einer Mieterin aus Esch/Alzette an, die sich nicht offiziell anmelden konnte, weil der Vermieter es trotz mehrmaliger Aufforderung des Bürgermeisters versäumt habe, die Einrichtung einer Wohngemeinschaft bei der Gemeindeverwaltung zu deklarieren (das Tageblatt berichtete).
Syvicol-Juristin Johanne Fallecker griff Mischos Vorschlag auf und schlug vor, im Gutachten festzuhalten, der Eigentümer müsse in den Mietvertrag einschreiben, dass er die Wohngemeinschaft bei der Gemeindeverwaltung deklariert hat. Der Entwurf sehe nämlich hohe Strafen vor, wenn der Eigentümer diese Deklaration nicht vornimmt, erklärte Fallecker. Dies gelte aber nur für den Fall, dass der Vermieter tatsächlich Umbauarbeiten an der Immobilie durchführe. Alleine die Änderung der Zweckbestimmung einer Wohnung sei hingegen nicht genehmigungspflichtig. Der Bettemburger Bürgermeister Laurent Zeimet (CSV) hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, dass Eigentümer die Gemeinde im Vorfeld darüber informieren müssten, wenn sie eine „normale“ Wohnung in eine Wohngemeinschaft umwandeln. Das Verwaltungsgericht hatte aber im Januar 2018 in einem entsprechenden Fall in der Gemeinde Monnerich entschieden, dass es dafür keiner Genehmigung bedarf. Zeimet betonte aber, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit habe, diesen Sachverhalt mit dem neuen Gesetz zu ändern.
Kontrolle ist schwierig
Die Bürgermeisterin der Stadt Luxemburg, Lydie Polfer (DP), bedauerte, dass es für die Kommunen nur schwer zu kontrollieren sei, wie viele Menschen in einem Haus zusammen leben. Dies gelte nicht nur für Wohngemeinschaften. Zwar sei es Mietern in den meisten Fällen vertraglich untersagt, eine Wohnung unterzuvermieten, doch in einigen Wohnungen würden manchmal viele Menschen unter einem Dach zusammen leben, von denen nicht alle angemeldet seien. Georges Mischo ergänzte, dass sich in überbevölkerten Häusern schwere Sicherheitsprobleme stellen, zum Beispiel wenn es einmal zu einem Feuer kommen sollte.
Wegen des Mangels an Sozialwohnungen haben viele Gemeinden aber Schwierigkeiten damit, ihre Bewohner umzusiedeln, wenn ihre Unterkunft aus Sicherheits- und Hygienegründen nicht mehr bewohnbar ist. Laurent Zeimet forderte, dass die Eigentümer sich um die Umsiedlung von Mietern kümmern müssen, wenn beispielsweise möblierte Zimmer oder andere Wohnungen wegen Nichteinhaltung der Sicherheitsregeln von der Gemeinde geschlossen werden müssen. Emile Eicher betonte, dass viele Eigentümer es sich zu leicht machen und sich sofort an die Gemeinde wenden. Dabei trage der Vermieter die Verantwortung, wenn seine Wohnung nicht den gesetzlichen Kriterien von Sicherheit und Gesundheit entspreche, so Eicher. Das „Salubritätsgesetz“ vom Dezember 2019 sieht bereits vor, dass Eigentümer in solchen Fällen drei Monate lang für die Umsiedlung ihrer Mieter aufkommen müssen. Weil es an Sozialwohnungen fehlt, reichen die drei Monate aber oft nicht aus, um eine neue dauerhafte Bleibe für die Mieter zu finden.
Bis Anfang nächsten Jahres will das Syvicol sein Gutachten zum überarbeiteten Mietgesetz einreichen.
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Leere Geschäftshäuser-und Läden bereiten also den Gemeinden wie Esch und & also keine grossen Schwierigkeiten…….umso besser.
Zartbesaitete und mit Zuckerwatte aufgewachsene Politiker aus reichen Dynastiefamilien werden das Problem wohl nie raffen. Bürgermeister „spielen“, und wenn die Gelegenheit sich bietet, warum nicht auch noch die Jetons aus der Chamber einsäckeln?