/ Mister Luxlait: Im Gespräch mit Generaldirektor Gilles Gerard
Die Luxlait, die demnächst 125-jähriges Bestehen feiern wird, ist nicht nur sein Brötchengeber, sondern auch seine große Leidenschaft: Fast die Hälfte seines Lebens hat Gilles Gerard für die größte Molkerei des Landes gearbeitet und unter anderem die modernen Anlagen in Roost/Bissen als Ingenieur konzipiert. Sein Einsatz wurde belohnt. Seit Mai 2018 steht er dem Unternehmen, das einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro verzeichnet, als Generaldirektor vor. Wir sprachen mit Gilles Gerard über die aktuelle Situation der Luxlait und deren Zukunftsaussichten.
Tageblatt: Sie leiten die Luxlait nun seit etwas mehr als einem Jahr. Wie steht die Großmolkerei derzeit da und welche Rolle spielt sie in der Luxemburger Landwirtschaft?
Gilles Gerard: Mit einer inzwischen fast 125-jährigen Erfahrung und ihrem großen Know-how stellt die Luxlait einen der wesentlichen Pfeiler des landwirtschaftlichen Sektors im Großherzogtum dar. Wir beschäftigen immerhin 320 Personen, verarbeiten jährlich 160 Millionen Liter Milch von 340 Bauern, die auch die Eigentümer der Gesellschaft sind. Übrigens sind es rund 22.000 Kühe, die diese Milch liefern! Unser Jahresumsatz beträgt rund 100 Millionen Euro. Damit sind wir in Luxemburg der einzige industrielle Molkereibetrieb.
Die Luxlait kümmert sich in der Produktionskette um alles: von der Milchsammlung über die Verarbeitung in Produkte höchster Qualität bis hin zur Verteilung, wobei 35 Prozent der Produkte für den Luxemburger Markt bestimmt sind und 65 Prozent für den Export.
Die Bestimmung der Luxlait ist es, die Gesamtheit der von ihren Landwirten produzierten Milch zu verwerten. Für mich stellt diese Wirtschaftsform die bestmögliche dar, denn alle Einkünfte, die die Molkerei erzielt, werden in ihrer Gesamtheit wieder an die Landwirte ausgeschüttet. Welches Wirtschaftsmodell könnte gerechter sein? Unsere vorrangige Aufgabe ist es, das Bestmögliche aus der Milch unserer Bauern, die tagtäglich hart arbeiten, um der Luxlait den hochwertigsten Rohstoff liefern zu können, herauszuholen.
Dass 65 Prozent der Milchprodukte der Luxlait für den Export bestimmt sind, ist schon erstaunlich. Welche Produkte sind für Sie die wichtigsten auf dem Luxemburger Markt und welche werden ins Ausland geliefert?
Was das Großherzogtum angeht, so ist es natürlich an erster Stelle die Frischmilch, die unseren Hauptumsatz generiert. Erst dann folgen Sahne, Butter, Milchmixgetränke wie etwa Schokomilch oder die Milky’s, Kefir, Sauermilch, Joghurts und die verschiedenen Käseprodukte.
Was den ausländischen Markt betrifft, so exportieren wir am meisten nach Deutschland, vor allem Joghurts, gefolgt von Belgien – Milch, Schokomilch, Kefir, Cottage Cheese und Butter. Auch Frankreich ist ein wichtiges Exportland für uns, hauptsächlich was Sauermilch, die Dickmilch Raïb, Joghurts, Frischmilch und Sahne angeht. Auch in Holland sind Luxlait-Produkte wie Joghurts und Kefir beliebt. Ein geringer Teil des Exports geht auch in fernere Länder wie etwa China. Allerdings nur lang haltbare Produkte.
Wie sieht es eigentlich mit dem Konsumverhalten hierzulande in Sachen Milch aus? Befindet sich dieses im Wachstum oder ist es eher rückläufig?
Nein, es befindet sich weiterhin im Wachstum, was meiner Ansicht nach an der hohen Qualität der Luxlait-Produkte liegt, aber auch am Bevölkerungswachstum. Bestimmt ist aber unser Streben nach Innovation, nach der Entwicklung neuer Produkte ein weiterer Grund für das Wachstum. Allein 2018 haben wir an 60 neuen Projekten gearbeitet. Im September etwa werden wir erstmals Luxemburger Emmentaler Reibkäse auf den Markt bringen, im nächsten Jahr unter anderem eine Reihe von speziellen Milchdrinks für Sportler. Wie Sie sehen, arbeiten wir stark an der Diversifizierung unserer zu 100 Prozent luxemburgischen Produkte und setzen dabei vor allem auf die hohe Qualität. Wir wissen, dass die Kunden immer stärker auf Qualität setzen und das ist für uns eine gute Sache. Das Konsumverhalten hat sich in dem Sinne gewandelt, dass auch vermehrt auf lokale Produkte Wert gelegt wird. Unsere Warenpalette fußt zu 100 Prozent auf luxemburgischer Milch, die als die qualitativ beste in Europa gilt. Übrigens spielt auch die Umweltproblematik eine große Rolle, werden die Konsumenten doch dahingehend immer sensibler.
Welche Maßnahmen führt die Luxlait denn genauer in Sachen Umwelt durch?
Die Luxlait verfügt europaweit über die kürzesten Anlieferwege. Durchschnittlich sind es aus allen Himmelsrichtungen maximal 25 Kilometer, die die Milch vom landwirtschaftlichen Anwesen zu unseren Produktionsstätten zurücklegt. Auch sonst stehen wir in diesem Bereich beispielhaft da: Das Wasser, das wir brauchen, um die Produktionslinien zu reinigen, entnehmen wir einem nahe gelegenen Brunnen, reinigen es in der werkseigenen biologischen Kläranlage und lassen es in die Attert ab. Wir haben darüber hinaus nicht weniger als 56 verschiedene Typen was die Abfalltrennung angeht, setzen auf erneuerbare Energie, wo immer es möglich ist und lassen jährlich Zuverlässigkeits-Audits in Sachen Energieverbrauch durchführen. Die Luxlait wird so ebenfalls zunehmend auf Solarenergie setzen. Wir legen ebenfalls viel Wert auf die Haltung der Tiere und auf Nachhaltigkeit. Übrigens, auch das ist vielen nicht bekannt, werden Tag für Tag nicht weniger als 1.500 Laboranalysen durchgeführt, um die Premiumqualität unserer Produkte sicherzustellen. Darüber hinaus ist Luxlait eine der einzigen Molkereien weltweit, die eine transparente Produktionskette besitzt, die tagtäglich im Vitarium besucht werden kann.
Wie sieht die Geschäftsstrategie der Luxlait für die Zukunft aus? Sind weitere Investitionen vorgesehen, was den Standort Roost/Bissen angeht?
Wir werden uns auch weiterhin bemühen, gesunde, natürliche Produkte höchster Qualität herzustellen, innovativ zu bleiben und dabei auf das wachsende Bewusstsein der Konsumenten, was die Umwelt und das Tierwohl angeht, achten. Aber wir wollen uns auch verstärkt dafür einsetzen, die immerhin 49 Prozent im Großherzogtum lebenden Ausländer als Zielgruppe zu gewinnen. Viele davon haben verständlicherweise nicht den Reflex, auf luxemburgische Produkte zurückzugreifen. Dies wäre jedoch für die nationale Landwirtschaft sehr wichtig. Was die zweite Frage angeht: Ja, denn ohne kontinuierliche Investitionen ist ein Industrieunternehmen zum Sterben verurteilt. Auch wenn wir 2009 hier eine der modernsten Molkereien Europas errichtet haben, können wir uns nicht darauf ausruhen. Im Gegenteil: Wir müssen stets darauf achten, an der Spitze der Technologie zu stehen. Seit 2010 haben wir so nicht weniger als 13 Millionen Euro investiert, unter anderem in eine neue Lagerhalle. Derzeit sind wir dabei, eine eigene Anlage für Milchkonzentrat zu erbauen, im nächsten Jahr sollen neue Milchtanks und neue Verpackungsmaschinen folgen. Wir wollen weiterhin modern und innovativ bleiben.
Die Luxlait ist der einzige industrielle Betrieb zur Milchverarbeitung in Luxemburg. Noch. Sollte sich Fage wirklich in Bettemburg ansiedeln, was würde dies für Ihr Unternehmen bedeuten?
Fage ist ein griechisches Unternehmen, das bereits seit einiger Zeit existiert. Die Firma ist auf Joghurt griechischer Art spezialisiert und ihre Produkte sind bereits seit langem in Luxemburg und in anderen europäischen Ländern erhältlich. In diesem Sinn sehen wir Fage gelassen entgegen. Wichtig wird für uns vor allem sein, darauf zu achten, dass die luxemburgischen Landwirte am Ende nicht zu den Leidtragenden werden.
Zur Person
Gilles Gerard wurde 1971 geboren und besuchte nach Abschluss der Grund- und Sekundarschule das „Institut des sciences de l’ingénieur de Nancy“. Bereits 1996, nach dem Master-Abschlussdiplom an der Ingenieursschule, trat er seinen Dienst bei der Luxlait an, damals noch am Standort Merl. Rasch stieg er in der Hierarchie des Molkereibetriebes auf, zeichnete unter anderem für die neuen, modernen Anlagen in Roost/Bissen verantwortlich, die 2009 bezogen werden konnten.
Nachdem er eine Zeit lang beigeordneter Direktor unter Claude Steinmetz war, wurde er am 1. Mai vergangenen Jahres Generaldirektor, als Steinmetz den Betrieb verließ, um sich der Politik zu widmen. Gilles Gerard ist verheiratet, Vater eines Sohnes, Ugo (16), und lebt in Petingen. In seiner Freizeit liebt es der sportliche Unternehmer, zu laufen.
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