Dippach-Gare / Mit Croissants und Flyern gegen die Beeinträchtigungen
Die Bauarbeiten zur Umgehungsstraße in Dippach-Gare fangen erst später als vorgesehen an. Nun haben die Gemeindeverantwortlichen, gemeinsam mit den Anrainern, am Mittwoch eine Sensibilisierungsaktion am Bahnübergang gestartet. Dabei ging es darum, die Autofahrer dazu zu bewegen, einige Verhaltensregeln einzuhalten, um die schädlichen Auswirkungen des Verkehrs zu reduzieren.
Die Einwohner der Gemeinden Dippach und Reckingen/Mess sind verärgert. Die geplante Umgehungsstraße wird wegen fehlender Genehmigungen (siehe Kasten) später gebaut. „Das bedeutet ein Jahr länger Lärm, Smog und gefährliche Situationen an der Kreuzung“, beklagt sich Claude Jacoby, ein Anrainer. Er hatte bereits mehrmals in Leserbriefen auf die Missstände am Bahnübergang aufmerksam gemacht. In dieselbe Kerbe haut Josiane Hellers. Ihre Garageneinfahrt sei regelmäßig durch die wartenden Autos blockiert. Der Bahnübergang bleibe häufig geschlossen, bis zwei, ja sogar drei Züge ihn passiert haben. Das dauere manchmal bis zu einer Stunde. „Die Nerven liegen blank“, so Alain Gales, ein weiterer gestresster Einwohner des Ortsteils Dippach-Bahnhof. Einige Fahrzeuge würden versuchen, den Bahnübergang noch während des Schließens der Schranke zu passieren. Andere würden die wartenden Autos rechts überholen. Wieder andere versuchen sich an der Kreuzung vorbeizuschlängeln, um links abzubiegen. Viele Verkehrsteilnehmer würden auf der sogenannten „enveloppe“, die zum Abbiegen frei bleiben muss, stehen bleiben. Das blockiere den Verkehr. Durch den andauernden Verkehr – es handelt sich um eine Nationalstraße – trauen sich viele Leute nicht mehr aus dem Haus. „Besonders für die Kinder ist es schlimm. Das Bushäuschen, wo sie den Schulbus nehmen, liegt ungünstig“, sagt Josiane Hellers. Des Weiteren habe der Schultransport ständig Verspätung, weil er nicht durch die dichten Fahrzeugkolonnen kommt. Im Sommer, bei großer Hitze, sei wegen des Smogs und des Lärms zudem nicht daran zu denken, sich in den Garten zu setzen. „Deshalb bleibe ich lieber drinnen“, bedauert die Anrainerin.
Die Bahnschranke funktioniert außerdem regelmäßig nicht. Die Schuld liege aber nicht bei der Bahngesellschaft CFL, sondern bei gestressten Autofahrern, die an der Schranke rütteln würden oder mit dem Auto dagegenfahren, heißt es. Die Folge sei eine Fehlschaltung – und ein geschlossener Schlagbaum. Auf der Reckinger Seite hört man dieselbe Kritik. Dort reicht der Stau an manchen Tagen zurück bis nach Ehlingen/Mess. Mehreren Einwohnern zufolge wird die N13 des Weiteren von immer mehr Autofahrern als Ausweichstrecke gewählt, weil die großen Hauptverkehrsadern wie die A4 oder die A6 zu den Stoßzeiten völlig verstopft sind. „Es ist kaum zu glauben, aber es gibt Tage, da habe sogar ich in Ehlingen Schwierigkeiten, aus meiner Garage rauszukommen“, berichtet ein Einwohner. Abbes lebt ebenfalls auf der Reckinger Seite der Bahnschranke. „Die meisten Häuser haben Doppelverglasung. Trotzdem kommt es vor, dass man den Motorenlärm oder die Musik aus dem Radio der Fahrzeuge bis in die Häuser hört.“ Savas Koroglanoglou lebt seit zehn Jahren in einer Nebenstraße der Dreikantonsstraße (N13). „Meine Einfahrt ist daher nicht blockiert.“ Er arbeitet bei der Gemeinde Reckingen/Mess. „Mit dem Auto wäre ich in nur ein paar Minuten auf der Arbeit. Durch das Verkehrschaos verlängert sich die Fahrtzeit aber auf über eine halbe Stunde. Deshalb fahre ich mit dem Rad, das geht schneller und ist gut für die Umwelt“, sagt er.
Bei bitterer Kälte auf der Straße
Um sich Gehör zu verschaffen und auf die unerträgliche Lage in der „rue des Trois Cantons“ hinzuweisen, fand am Mittwoch, jeweils zu den Stoßzeiten (morgens 7 bis 9 Uhr und abends 17 bis 19 Uhr), eine Sensibilisierungskampagne am Bahnübergang statt. Zusammen mit Croissants wurde morgens bei bitterer Kälte den wartenden Fahrern ein Flyer verteilt mit Ratschlägen, wie die Unannehmlichkeiten für die Anrainer reduziert werden können. So soll man zum Beispiel den Motor abstellen, wenn man vor der Schranke wartet. Auch die Entleerung des Aschenbechers oder das Werfen von Müll auf die Fahrbahn soll unterlassen werden. Auch solle man die Musik im Auto nicht zu laut stellen.
Am Abend wurden die wartenden Fahrer erneut für die Belange der lokalen Bevölkerung sensibilisiert. Die Veranstalter staunten aber nicht schlecht, als kurz nach 17 Uhr plötzlich die Polizei auftauchte und sie nach der Erlaubnis für die Aktion fragte. Gemeinderat Sven Schaul, von der „Biergerinitiativ“ hätte sie kontaktiert, so die Beamten. Nachdem überprüft wurde, dass alles seine Richtigkeit hatte, zogen die Ordnungshüter jedoch wieder ab und die Kampagne konnte ohne weitere Störung weitergehen.
Verständnis überwiegt
Laut Verkehrszählungen passieren jeden Tag mehr als 10.000 Fahrzeuge den Bahnübergang, darunter viele Laster. Insgesamt waren die Reaktionen der Fahrer am Mittwoch positiv. „Ich glaube, alle sind an einer Lösung interessiert. Die teilweise langen Wartezeiten nerven“, so Guy aus Schifflingen. Die Mehrheit zeigte Verständnis für die Bedenken der Anrainer und versprach bei Fehlverhalten Besserung. „Upps, Sorry. Habe ich glatt vergessen“, meinte ein Autofahrer, als er an das Abstellen des Motors erinnert wurde, und drehte den Zündschlüssel gleich um. Er war nicht der Einzige. Ein Lkw-Fahrer indes war etwas desorientiert. Er wusste von den Verkehrsproblemen auf der N13, war sich aber nicht bewusst, dass er sich auf der besagten Dreikantonsstraße befand. Auf der anderen Seite des Bahnübergangs motzte aber ein Franzose, man solle doch nicht den Verkehr durch solch eine Aktion unnötig aufhalten. – Dabei konnte er sowieso nicht weiter, weil die Schranke geschlossen war.
Die Aktion war laut Organisatoren aber ein Erfolg. Es wurden mehrere tausend Flyer während des Tages verteilt. Jetzt hofft man auf beiden Seiten der Schranke, dass die Kampagne Früchte trägt und sich die Lage etwas verbessert.
Nicht infrage gestellt
In Dippach-Gare soll eine Umgehungsstraße der N13 geschaffen werden. Der Verlauf wurde schon 2004 festgelegt. Der Bau sollte 2012 beginnen. Dann kam jedoch eine langwierige Enteignungsprozedur dazwischen. Erst im Juli vergangenen Jahres war sie abgeschlossen. Das gesamte benötigte Gelände ist jetzt in öffentlicher Hand. Die öffentlichen Ausschreibungen sollten im Frühjahr dieses Jahres erfolgen. Anschließend sollten die Arbeiten beginnen und bis 2023 dauern. Nun kommt es aber wegen einer fehlenden Genehmigung des Umweltministeriums zu einer Verzögerung bei der Umsetzung des Projektes. Nachdem die betroffenen Gemeinden Anfang Februar über die erneute Verspätung informiert wurden, fand am 10. Februar eine Unterredung mit den grünen Ministern François Bausch (Infrastruktur) und Carole Dieschbourg (Umwelt) statt. Dabei wurde betont, dass das Projekt nicht infrage gestellt wird. Das Umweltministerium versucht die notwendigen Studien in diesem Jahr, noch vor den Sommermonaten, durchzuführen. Die öffentliche Konsultation soll dann entweder vor den Sommerferien oder kurz danach über die Bühne gehen. Ende des Jahres sollen sämtliche Genehmigungen auf dem Tisch liegen. Dann wird auch die öffentliche Ausschreibung stattfinden. Die Ministerien rechnen mit einer Verzögerung von etwa einem Jahr bei der Umsetzung des Projekts. Die Gemeinden Dippach und Reckingen/Mess haben am Mittwoch angekündigt, die Realisierung des Vorhabens mit Argusaugen zu beobachten und weiterhin auf eine schnelle Umsetzung zu drängen.
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